Erfolg für SVP-Rickli
Staat soll bei rückfälligen Straftätern haften

Gewalttaten wie die Tötung der 19-jährigen Marie im Kanton Waadt oder des Au-Pairs Lucie im Aargau sollen für den Staat Konsequenzen haben. Die Rechtskommissionen wollen für solche Fälle eine Staatshaftung einführen.
Publiziert: 24.05.2018 um 15:16 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2018 um 06:17 Uhr

Heute haften der Bund oder die Kanton in der Regel für Schäden, die die Staatsangestellten in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit verursacht haben. Voraussetzung ist, dass eine unerlaubte Handlung wie die Verletzung einer Amtspflicht dazu geführt hat.

Die Lockerung des Strafvollzugs oder eine bedingte Entlassung sind gemäss Bundesgericht jedoch keine unerlaubten Handlungen, nur weil sie sich nachträglich als falsch herausstellen. Das wollen die Kommissionen ändern. Die Nationalratskommission hat gestützt auf eine parlamentarische Initiative von Natalie Rickli (SVP/ZH) eine Vorlage ausgearbeitet und am Donnerstag in die Vernehmlassung geschickt.

Es sei falsch ist, dass Einzelpersonen die Konsequenzen gravierender Taten alleine tragen müssten, die von Wiederholungstätern im Rahmen ihrer Vollzugsöffnung begangen würden, heisst es im Bericht. Nach Ansicht der Kommission ist es gerecht, wenn das Risiko, das mit der Resozialisierung verbunden ist, vom Gemeinwesen verantwortet wird.

Kerzen, Blumen und Briefe zum Gedenken an Lucie Trezzini, vor dem Haus, in dem sie umgebracht wurde, am Samstag, 14. März
Foto: PATRICK B. KRAEMER
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Kantone hatten sich gegen Gesetzesverschärfung ausgesprochen

Dieses Ziel will die Kommission mit einer Staatshaftung erreichen, die unabhängig von einem Verschulden und einer unerlaubten Handlung greift. Zum Tragen kommen soll die Bestimmung bei schweren und gefährlichen Straftaten, die im Rahmen einer Vollzugsöffnung begangen werden.

Es muss sich um eine Wiederholungstat handeln: Die Straftat, die die Staatshaftung auslöst, muss in die gleiche Kategorie fallen wie die Straftat, die zur Verurteilung geführt hat. Gemäss dem Entwurf der Kommission ist die Haftung zudem zeitlich beschränkt. Sie beginnt frühestens mit der Vollzugsöffnung und endet spätestens mit der endgültigen Entlassung.

Die Kantone haben sich laut dem Bericht in der Anhörung gegen die Gesetzesänderung ausgesprochen. Ihrer Ansicht nach stellen die Pläne der Kommission das Konzept der stufenweisen Wiedereingliederung in Frage. Dieses werde jedoch vom Bundesrecht zwingend vorgeschrieben.

Die Vertreter der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) warnten auch davor, dass damit die problematische öffentliche Wahrnehmung bestärkt werde, wonach die Behörden für Straftaten verantwortlich seien.

Schliesslich halten sie die neue Haftungsnorm für kontraproduktiv. Es sei damit zu rechnen, dass künftig nur noch sehr wenig Vollzugsöffnungen bewilligt würden. Täter würden damit unvorbereitet aus der Haft entlassen, was das Rückfallrisiko erhöhe. Die Vernehmlassung dauert bis am 14. September 2018. (SDA/vfc))

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