Durchsetzungs-Initiative
4 Gründe für das wuchtige Nein

Die SVP verpackte in ihre Durchsetzungs-Initiative auch die Frage, welche Rollen Volk und Parlament bei der Umsetzung von Initiativen haben sollen. Und scheiterte auch darum.
Publiziert: 28.02.2016 um 18:37 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:00 Uhr
Das sagen die Parteipräsidenten
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Die Durchsetzungs-Initiative wurde heute mit grosser Mehrheit abgelehnt. Dies ist noch immer eine Überraschung. Hatten doch im Dezember, als die erste Umfrage veröffentlicht wurde, noch 66 Prozent der Stimmenden die Vorlage annehmen wollen. Damit müssen rund 20 Prozent der Leute ihre Meinung geändert haben. Was ist passiert?

1. Aus der Ausländer-Vorlage wurde eine viel generellere Abstimmung. Selten hat in der Schweiz eine so breite und tiefe Diskussion über eine vermeintlich einfache Vorlage stattgefunden. Das ist das Verdienst der Gegner der SVP, welche die versteckten Konsequenzen der Vorlage aufdeckten. Nämlich, dass die Initiative ein Angriff auf unseren Rechtsstaat war, dass sie Gewaltenteilung durchbrochen und zu einem Zweiklassensystem vor dem Richter geführt hätte. Und – so das verborgene Kalkül der Befürworter – sie hätte das Parlament als Instanz für die Umsetzung von Initiativen wohl ein für alle mal kalt ausgeschaltet.

2. Aus einer Vorlage, die vor allem die arrivierten Politikkreise beschäftigte, wurde eine, die auch gewöhnliche Leute aufschrecken liess: Dies, weil viele spürten, dass diese Vorlage weitreichende Weichenstellungen für die Schweiz vorsah. Plötzlich diskutierten Tausende auf den Sozialen Medien über die Vorlage. Viele teilten Artikel zu der Abstimmung untereinander. Und vielfach bezogen sie sich auch auf ihre Lebenswelt: Stellten sich vor ihre ausländischen Kollegen und beklagten genau die Zweiklassenjustiz, welche die Initiative provozieren würde.

3. Die Gegner mobilisierten geschickt auch viele Prominente: So setzte sich unser Kabarett-Nationaldenkmal Emil gegen die Initiative ein oder Sens-Unik-MC Carlos Leal, der als Secondo in Lausanne gross geworden war und jetzt in Hollywood als Schauspieler brilliert. Ihre gemeinsame Botschaft war einfach und klar: Die Initiative ist unschweizerisch, weil sie nicht alle Menschen in der Schweiz gleichbehandeln will. Nicht zu vergessen, dass viele Organisationen und Verbände mit ihrer Ablehnung der Vorlage nicht hinter dem Berg hielten.

4. Die SVP wurde mit ihren eigenen Waffen geschlagen, deswegen muss die Niederlage besonders schmerzhaft sein: Denn die «Frouen und Mannen» mussten ohnmächtig zusehen, wie ihre Gegner mit jedem Tag ein Stück stärker wurden. Wie der namenlose Fussballverteidiger, der gegen den Starstürmer konsequent und unerbittlich bleibt. Ihn ohne Angst und falschem Respekt ständig attackiert und ihm so den Atem raubt. Genau so erging es den sieggewohnten SVP-lern, die am Schluss als Verlierer vom Platz gingen.

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