Druckversuche aus Brüssel zeigen keine Wirkung
Bundesrat lässt sich Zeit mit EU-Strategie

Am Mittwoch berät der Bundesrat über die Beziehungen zur Europäischen Union. Entscheidendes ist von der Sitzung nicht zu erwarten. Trotz der Druckversuche der EU: Die Regierung dürfte kaum Beschlüsse fällen zum weiteren Vorgehen in den Beziehungen mit Brüssel.
Publiziert: 10.01.2022 um 22:17 Uhr
Pascal Tischhauser

Die Erwartungen gewisser Aussenpolitiker an die Landesregierung und allen voran an Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis (60, FDP) sind hoch beim Europadossier. Der Bundesrat müsse endlich einen Plan liefern, fordern diese. Doch manche von ihnen hätten die Innenpolitik zu wenig im Blick, heisst es von involvierten Personen: Der Gesamtbundesrat müsse der innenpolitischen Situation ebenso Rechnung tragen wie den Erwartungen Europas.

Im Land aber ist die Haltung noch dieselbe wie im Juni 2021, als die Landesregierung das Rahmenabkommen mit der EU versenkte, weil der Vertrag in der Bevölkerung keine Mehrheit hatte. Am Mittwoch berät die Regierung zwar das weitere Vorgehen mit Brüssel. Doch all jene Aussenpolitiker, die sich wegweisende Beschlüsse erhoffen, werden enttäuscht, wie Blick-Recherchen zeigen. Aus verschiedenen Departementen wird signalisiert, man sei noch nicht so weit, der EU Substanzielles zu unterbreiten.

Dank Corona mehr Zeit

Eigentlich wollte Cassis EU-Vizekommissar Maros Sefcovic (55) am Rand des Weltwirtschaftsforums in (WEF) in Davos treffen, das vom 17. bis 21. Januar hätte stattfinden sollen. Doch wegen der hochansteckenden Omikron-Variante ist das WEF verschoben worden.

Der Gesamtbundesrat beugt sich am Mittwoch übers EU-Dossier.
Foto: zVg
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Noch gibt es keinen neuen Termin mit Sefcovic, was der Regierung zupasskommt. Eine eigentliche Roadmap steht fürs weitere Vorgehen nämlich noch immer nicht. Während die EU weiter Druck macht, will sich eine Mehrheit im Bundesrat nicht hetzen lassen. Eine verbindliche Agenda präsentieren, wie das auf Brüsseler Seite gewünscht wird, möchte man sowieso nicht. Das wäre verhandlungstechnisch ungeschickt. Darum müsse man vorerst die Nadelstiche der EU noch aushalten, sagen mehrere Quellen.

«Brüssel muss sich bewegen»

Klar sei: «Brüssel muss sich ebenfalls bewegen, damit wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen können», so eine involvierte Person. Geschehe das nicht, sei man wohl noch in zehn Jahren am Verhandeln. Viele Aussenpolitiker sehen das anders – und wälzen ganz unterschiedliche Pläne, wie die Schweiz mit der EU wieder ins Geschäft kommt.

So auch an der Sitzung der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK) zur EU vom Montag. Diese war von ganz unterschiedlichen Betrachtungsweisen geprägt, wie zu erfahren war. Cassis wiederum hat nach Schilderung von zwei Parlamentsmitgliedern in der APK-Sitzung ein englischsprachiges Papier mit möglichen Denkansätzen für eine Roadmap mit der EU vorgelegt, das mit «Confidential», also «vertraulich», überschrieben ist. Das Papier stammte aber aus dem November. Neu sei darin nichts gewesen. Wie auch? Neues gibt es derzeit nicht im EU-Dossier.


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