Der Druck aus dem Parlament ist gross
Schwenkt der Bundesrat bei Gratis-Tests doch noch um?

Eine klare Parlamentsmehrheit möchte an den Gratis-Tests für Ungeimpfte festhalten. Dabei zeigt die nahende Kostenpflicht zusammen mit der Zertifikatspflicht Wirkung: Viele lassen sich impfen. Dennoch will der Bundesrat seinen Entscheid überdenken.
Publiziert: 15.09.2021 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2021 um 10:40 Uhr
Daniel Ballmer und Gianna Blum

Jetzt könnte es plötzlich schnell gehen. Bereits am Freitag dürfte der Bundesrat nochmals über die Gratis-Tests diskutieren – und seine Meinung allenfalls einmal mehr ändern: Statt dass die Tests ab dem 1. Oktober bezahlt werden müssen, sollen sie weiterhin gratis bleiben. Das ist von mehreren bundesratsnahen Quellen zu hören.

Denn der Druck aus dem Parlament ist mittlerweile gross. Die Grünen pochen schon länger darauf, auch weiterhin Gratis-Tests anzubieten.
Diese Woche haben sich die SP, die SVP und die Mitte der Forderung angeschlossen. Auch die GLP zeigt Sympathien.

Begründet wird dies vor allem mit der Ausweitung der Zertifikatspflicht. Denn seit Montag gilt: Ohne Corona-Pass kommt man weder ins Restaurant noch ins Kino oder in das Fitnesscenter.

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«Ungeimpfte hatten genug Zeit, sich impfen zu lassen», hatte Bundespräsident Guy Parmelin (61) noch vor einer Woche argumentiert. Und Gesundheitsminister Alain Berset (49) doppelte damals nach: «Die Frage ist, wie lange die Gesellschaft für den persönlichen Entscheid, sich nicht impfen zu lassen, aufkommen soll.»

So hatte die Landesregierung frühzeitig klargemacht, dass das Testen ab Oktober kostet. Zusammen mit der Zertifikatspflicht hat das zu einem Anstieg bei den Impfungen geführt.

Fünf Tests oder Verlängerung auf Zeit

Doch nun findet die grosse Mehrheit im Parlament, zusammen mit der Zertifikatspflicht «läuft die volle Kostenübernahme auf einen indirekten Impfzwang hinaus», wie beispielsweise SP-Gesundheitspolitikerin Flavia Wasserfallen (42) sagt. Klar ist: Ausser der FDP können sich alle Parteien mit einer Verlängerung der Gratis-Tests anfreunden. Die Akzeptanz des Zertifikats müsse erhöht werden, begründet das Mitte-Präsident Gerhard Pfister (58) auf Twitter.

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Doch nicht alle wollen Gratis-Tests ohne jegliche Limite. Mittlerweile werden auch differenziertere Ideen ins Spiel gebracht. Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel (64) etwa wird in der Fragestunde kommende Woche den Vorschlag einbringen, die Tests auf fünf Stück pro Monat zu begrenzen – allerdings nur für die unter 25-Jährigen.

«Inzwischen ist die Zertifikatspflicht auf viele Bereiche ausgedehnt worden, was für Ungeimpfte, vor allem für Jugendliche, zu Finanzierungsschwierigkeiten führen kann», argumentiert Humbel. Von ihrem Parteikollegen Thomas Rechsteiner (49) ist ein ähnlicher Vorstoss vom Mai noch hängig, der ebenfalls Gratis-Tests für junge Menschen in den Fokus rückt.

GLP-Präsident Jürg Grossen (52, BE) wiederum plädiert dafür, eine Verlängerung auf einige Wochen zu begrenzen – damit die Ungeimpften, die sich nun doch noch zum Stich entscheiden, bis zur Zweitimpfung nicht auch noch die Testkosten am Hals haben. In die gleiche Kerbe schlägt EVP-Nationalrat Nik Gugger (51, ZH), der eine Verlängerung bis Ende Oktober möchte.

Bundesrat will über die Bücher

Die SVP-Fraktion hingegen fordert, die Tests so lange kostenfrei zu machen, wie die Zertifikatspflicht gilt – dabei hatten ausgerechnet ihre eigenen beiden Bundesräte Guy Parmelin und Ueli Maurer (70) das Ende der Gratis-Ära im Bundesrat herbeigeführt. Gesundheitsminister Alain Berset hatte davon absehen wollen.

Nun aber geht der Gesamtbundesrat nochmals über die Bücher. «Er wird sich kaum gegen den Willen fast des gesamten Parlaments stellen», ist aus seinem Umfeld zu hören. Hinter den Kulissen werde nun bereits geprüft, welche Möglichkeiten bestünden und ob allenfalls nochmals eine Konsultation bei den Kantonen nötig wäre. Schliesslich waren diese mehrheitlich für kostenpflichtige Tests.

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