Druck auf Kanton wegen Asylunterkunft in Windisch AG wächst – Behörden auf Tauchstation
Andere Kantone wollen Mietern nicht kündigen

Im Aargau wächst der politische Druck, auf die geplante Asylunterkunft in Windisch zu verzichten. Der Kanton könnte Fragen dazu klären, doch der zuständige Regierungsrat Jean-Pierre Gallati schweigt. Andere Kantone verzichten auf drastische Massnahmen wie Kündigungen.
Publiziert: 01.03.2023 um 09:33 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2023 um 13:21 Uhr

Gemeinden müssen Platz für Asylsuchende schaffen. Geschieht das aber so wie in Windisch AG, sorgt es für Empörung. Von allen Seiten hagelt es Kritik, seit am Montag bekannt wurde: 49 Mieterinnen und Mieter dreier Liegenschaften müssen wegen 100 Flüchtlingen weichen. Doch der Druck auf den Kanton Aargau wächst, auf die Asylunterkunft zu verzichten.

Behörden schweigen

Das Vorgehen der Aargauer Kantonsbehörden wirft zahlreiche Fragen auf. Gäbe es keine andere Lösung? Ging es mehr darum, ein Zeichen zu setzen? Was genau mischelte der Kanton? Ging die Firma proaktiv auf den Kanton zu und bot ihm die Immobilien an? Die Behörden schweigen. Sie sind auf Tauchstation. Beim Departement Gesundheit und Soziales des zuständigen Regierungsrats Jean-Pierre Gallati (56, SVP) heisst es am Dienstag bloss: «Es bleibt beim Statement von gestern.»

Und da hiess es nur, man wolle die Differenzen zwischen dem Kantonalen Sozialdienst und der Gemeinde Windisch «nicht über die Medien austragen».

Diese Gebäude in Windisch sollen für Asylbewerber genutzt werden.
Foto: Donghi Ralph (dnp)
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«Die Kündigungen sind ein No-Go»
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Mieterverbands-Vize Töngi:«Die Kündigungen sind ein No-Go»

Im äussersten Fall Gebäude zur Verfügung stellen

Fakt ist: Die Regierung hat im Januar die Asylnotlage ausgerufen. Die offizielle Notlage würde es dem Aargau im äussersten Fall erlauben, Private oder Gemeinden zu zwingen, ihre Gebäude für eine Asylunterkunft zur Verfügung zu stellen.

Doch wie Anfragen in anderen Kantonen zeigen, ist die Situation derzeit auch dort schwierig. Langjährige Mieter auf die Strasse stellen, um Flüchtlinge einzuquartieren, darauf will man andernorts verzichten.

Basel-Stadt etwa gibt an, man habe ausreichend Reserveplätze für die Unterbringung von zugewiesenen Geflüchteten, sowohl für Schutzsuchende aus der Ukraine als auch für Geflüchtete aus anderen Herkunftsstaaten. Die allerletzte Möglichkeit wären Zivilschutzanlagen.

Andere Kantone gut vorbereitet

Der Kanton Bern hat laut Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion derzeit 1000 freie Plätze. Man stelle auch an abgelegenen Orten Liegenschaften bereit, etwa das Sportcenter in der Gemeinde Sumiswald.

Auch in Freiburg verfügt man über zahlreiche Plätze in über 1000 Wohnungen, Beherbergungszentren und Kollektivunterkünften.

Schweizweit über 7000 freie Plätze

Schweizweit melden die Kantone und Gemeinden zurzeit immer noch über 7000 freie Unterbringungsplätze, führt Remo Dörig von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) aus. Dennoch hätten zwei Kantone ihre Ampel bereits auf Rot gestellt, verfügten also kaum noch über freie Plätze. In den übrigen Kantonen stehe die Ampel auf Grün oder Orange.

Prekär ist die Lage bei den Plätzen für unbegleitete Minderjährige. «16 Kantone haben für sie keine freien Plätze mehr», sagt der stellvertretende SODK-Generalsekretär Dörig. Problematisch seien zudem die Betreuungsressourcen. «Hier sind vier Kantone am Anschlag.»

Die Lage in den Kantonen sei sehr unterschiedlich. In manchen Kantonen sei viel billiger Wohnraum erhältlich, den die Behörden anmieten können. Etwa in gewissen Regionen der Ostschweiz, beispielsweise in Schaffhausen, nennt die SODK Beispiele. In anderen Kantonen wie in der Zentralschweiz stünden leerstehende Hotels oder Pfadfinderheime zur Verfügung.

In Kantonen wie Genf dagegen fehlt es an beidem. Genf hat jedoch eine Messehalle umfunktioniert, in Zürich und Bern wurden Containerdörfer gebaut. «Es kommt also auch darauf an, wie Kantone und Gemeinden auf ihre Gegebenheiten reagieren», gibt SODK-Vertreter Dörig zu bedenken.

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