Droht schon die nächste Trockenheit?
«Wasser wird nur ein Problem, wenn wir nichts tun»

Trockenheit wird zu einer Normalität im Sommer. Doch das muss kein Problem werden, sagt der Experte. Denn Regen hat es genug, nur zum falschen Zeitpunkt.
Publiziert: 12.08.2023 um 10:18 Uhr
|
Aktualisiert: 14.08.2023 um 09:46 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1050.JPG
Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Auch wenn es in den letzten zwei Wochen geregnet hat, herrscht in weiten Teilen der Schweiz noch immer Trockenheit. Und diese scheint sich zu einem alljährlich wiederkehrenden Phänomen zu entwickeln.

Müssen wir uns also schon jetzt auf den Trockensommer 2024 einstellen? Das vorherzusagen, ist schwer. Der Hydrologe Rolf Weingartner (69) sagt aber zu Blick: «Die Sommerniederschläge nehmen tendenziell ab in der Schweiz.» Und mittelfristig müsse man mit weniger Wasser aus Schnee- und Gletscherschmelze rechnen.

Die Waldbrandgefahr ist noch immer gross.
Foto: Keystone
1/5

Allein im letzten Jahr verloren die Gletscher sechs Prozent ihres Volumens. «Das führt heute noch zu sehr grossen Wasserabflüssen in den Alpentälern», so Weingartner. Doch auch die Schneemenge werde immer geringer – und das sei entscheidend: «Die Schneeschmelze hat einen Anteil von rund 40 Prozent am Abfluss des Rheines in Basel. Sie ist also von herausragender Bedeutung für die Versorgung der grossen Alpenflüsse, der Seen und des Grundwassers.»

Bauer Lehner setzt auf privates Bewässerungssystem
2:42
50'000 CHF für Wasserreservoir:Bauer setzt auf privates Bewässerungssystem

Es braucht ein Umdenken

Deshalb müsse man noch nicht per se alarmistisch sein. Denn gleichzeitig nehmen die Winterniederschläge zu. Damit bleibt die Menge an Regen, die in der Schweiz fällt, ungefähr gleich hoch, nur verteilt sie sich anders.

Das heisst auch: Wasserspeicher werden wichtiger, mit denen man den im Winter normalerweise reichlich vorhandenen Niederschlag speichern und im Sommer verfügbar machen kann. «Wasser wird nur zum Problem, wenn wir nichts tun», sagt Weingartner

Die Lösungen lägen auf dem Tisch: Es brauche eine Planung für Wasserentnahmen in Trockenzeiten. «Bisher lautete die Parole oft: Man nimmt das Wasser, das man hat. Jetzt ist aber ein Umdenken gefragt.» Und hier seien die Kantone gefragt.

Jeder Kanton braucht eine Strategie

Der Bund schreibt den Kantonen bereits vor, spezifischen Massnahmen beim Trinkwasser vorzubereiten. Eine Vielzahl der Kantone haben mit solchen Plänen für Dürrezeiten vorgesorgt. Ende 2022 lagen bei 17 Kantonen sogenannte regionale Wasserversorgungsplanungen vor oder waren in Erarbeitung. Im Kanton Solothurn verfügen die Wasserversorgungen über Konzepte, wieviel Trinkwasser den einzelnen Nutzern zur Verfügung zu stellen sind und wie dieses zu beschaffen ist.

Auch St. Gallen hat nach dem Hitzesommer 2003 Massnahmen ergriffen. So wurden Wasserentnahmen aus Fliessgewässern, an denen bei Trockenheit Konflikte entstanden, nicht verlängert, heisst es beim zuständigen Amt. «Stattdessen wurden alternative Wasserbezüge gesucht und in der Regel gefunden.» Ein Fachstab Trockenheit verfolgt die Entwicklung laufend.

In der Not greift der Bund ein

Angesichts der zunehmenden Trockenperioden hat der Bundesrat letztes Jahres entschieden, ein nationales Früherkennungs- und Warnsystem zur Trockenheit aufzubauen. Es soll Kantonen, Gemeinden und betroffenen Sektoren wie Landwirtschaft, Energiewirtschaft oder Schifffahrt ein frühzeitiges Reagieren ermöglichen.

Und auch wenn die Wasserversorgung Sache der Kantone und Gemeinden sind, hilft der Bund aus, wenn es zu grossen Problemen kommt. Etwa mit nationalen Aufrufen zum Wassersparen, der Anordnung Drosselung der Leistungen von Kernkraftwerken, weil deren Kühlung zu hohen Temperaturen im Fliessgewässer führt oder er bietet die Armee auf. Letztere kann etwa mit ihren Helikoptern für Waldbrandbekämpfung wie kürzlich in Bitsch VS oder etwa für den Wassertransport auf betroffene Alpen aushelfen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?