Die SVP und die bösen Medien
Erst posten, dann motzen!

Christoph Blocher bezichtigt die Medien, die SVP nach Nazi-Manier zu diffamieren. Dabei nutzt die Partei Berichte derselben Medien selbst zur Untermauerung ihrer Position. Wie falsch Blochers Unterstellung ist, beweist er ausgerechnet selbst.
Publiziert: 20.04.2016 um 10:02 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:39 Uhr
Sermîn Faki

Christoph Blocher ist sicher: Alle Schweizer Medien haben nur noch ein Ziel: die SVP zu verleumden und niederzumachen. «Der Kampf gegen die SVP vonseiten der Staatsmedien und von «Blick» bis zur NZZ hat mich in ihrer ­Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert», sagte er letzte Woche in einem Interview mit den Zürcher Regionalzeitungen.

«Alle diese verschiedenen Kanäle machten das gleiche: Verunglimpfung der SVP statt sachliche Argumente zur Abstimmung über die SVP zu bringen», doppelte er am Dienstag im BLICK nach

SVP-kompatible Artikel auf Facebook-Seite

Für den Vergleich mit dem Nationalsozialismus musste Blocher schon Kritik einstecken. Doch auch der Vorwurf des medialen «Einheitsbreis» ist an den Haaren herbeigezogen, wie die Partei selbst zeigt. Auf ihren Facebook-Profilen zitiert die SVP grosszügig ihnen genehme Berichte der angeblich gleichgeschalteten Medien.

Christoph Blocher wird bei an der Albisgüetli-Tagung der SVP 2012 von Journalisten umringt.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Zum Beispiel im aktuellen Abstimmungskampf zur Asylgesetzrevision, gegen welche die SVP das Referendum ergriffen hat. Auf der Facebook-Seite des Referendumskomitees finden sich reihenweise Medienberichte, die den SVP-Standpunkt unterstreichen sollen. Am 14. April ist das beispielsweise ein BLICK-Bericht zur Situation an der Südgrenze.

Foto: Facebook

Anstatt den Eintrag mit einem eigenen Kommentar zu versehen, übernimmt die SVP gleich den letzten Absatz des Artikels. So einseitig informiert der BLICK also…

Am 22. März schafft es ein Artikel des «Bund» auf die Facebook-Seite.

Dieser berichtet darüber, dass die Asylgesetzrevision in den Gemeinden nicht nur positiv gesehen wird, einige wehren sich gegen den sogenannten Enteignungsparagraphen.

Sogar das «Staatsfernsehen» wird verlinkt

Die Liste liesse sich fortsetzen. In der Timeline des Referendumskomitees finden sich noch weitere SVP-kompatible Artikel, Berichte und Interviews mit SVP-Politikern – aus der NZZ, aus dem «TagesAnzeiger», von «20 Minuten» und aus dem BLICK. Sogar ein Video des verhassten «Staatsfernsehen» wird eingebettet, in dem der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehen erklärt, warum es am 5. Juni ein Ja an der Urne braucht.

SVP kam zu Wort

Die Gleichschaltung der Medien – oder die Unité de doctrine, wie er es nennt – will Blocher vor allem im Abstimmungskampf zur Durchsetzungsinitiative erkannt haben. Dass davon ebenfalls keine Rede sein kann, belegt die Facebook-Seite der SVP. Beispielsweise am 16. Februar, als die Partei auf ein Interview im «TagesAnzeiger» mit Fraktionschef Adrian Amstutz verweist, der dort ausführt, warum die Partei die Durchsetzungsinitiative für dringend notwendig hält.

Oder am 23. Februar, als die SVP auf Facebook offensiv für ein BLICK-Streitgespräch zwischen Präsident Toni Brunner und FDP-Chef Philipp Müller wirbt. Davon, dass die SVP im Abstimmungskampf nicht zu Wort gekommen sei, kann also keine Rede sein. 

Unter Hitler unmöglich

Den ultimativen Beweis, wie falsch seine Unterstellung ist, beweist ausgerechnet Blocher selbst. Auf der SVP-Facebook-Seite ist nämlich ein grosser Gastkommentar verlinkt, den der alt Bundesrat am 3. Februar in der «NZZ» platzieren konnte – jener Zeitung, die er im Interview direkt angegriffen hat.

Darin wirft Blocher er dem Bund vor, auf dem Weg in die Diktatur zu sein. Das wäre unter Hitler ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Wie anders die Situation in der Schweiz ist, zeigt auch der aktuelle Pressefreiheits-Index der Organisation «Reporter ohne Grenzen»: Dort rangiert die Schweiz auf Platz neuerdings auf Platz 7 (statt noch Platz 20 wie im letzten Jahr).

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