Die grosse Parlaments-Analyse
Wer ist der ewige Nein-Sager?

Dominiert die bürgerliche Mehrheit das Parlament? BLICK hat alle Abstimmungen der laufenden Legislatur analysiert – mit klaren Ergebnissen. Aber auch die grössten Blaumacher, kategorischen Nein-Sager oder die ewig Unentschlossenen konnten aufgedeckt werden.
Publiziert: 05.12.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:55 Uhr
Simon Huwiler

Eine rechte Dominanz wurde befürchtet, als der Ausgang der letzten Parlamentswahlen bekannt wurde. Fast die Hälfte aller Mandate teilen sich FDP und SVP im Nationalrat!

Und die beiden Parteien bewiesen: Wenn sie geeint abstimmen, brauchen die anderen Parteien gar nicht erst anzutreten. Die CVP kann ein Liedchen davon singen, ihr Vaterschaftsurlaub wurde versenkt, trotz geballter Unterstützung von Mitte-links.

BLICK wollte es genau wissen und hat das erste Parlamentsjahr ausgewertet, 37'000 Schluss- und Gesamtabstimmungen wurden berücksichtigt.

Der Nein-Sager: Pirmin Schwander, SVP (53,8 Prozent Nein). Rechts von ihm komme nur noch die Wand, titelte einst der BLICK. Schwander hat sich ganz dem Kampf gegen den Paragrafen-Fetischismus verschrieben. Statt dass nur der problematische Artikel angepasst werde, würden noch zehn weitere Artikel aufgenommen, stört er sich. Ein Nein ist daher Formsache.
Foto: Peter Klaunzer
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Was auffällt: Die FDP-Nationalräte gehören bei Parlamentsgeschäften immer häufiger zur obsiegenden Koalition – eine Trophäe, die sich bisher CVP und BDP teilten. Politikwissenschaftler Michael Hermann ist nicht überrascht. Dies zeige den Rechtsrutsch im Parlament. «Die FDP ist zur Mehrheitsmacherin geworden.» Will eine Partei mit einem Vorstoss Erfolg haben, braucht sie den Segen der Liberalen.

Doch die SVP sucht keinesfalls nur die Allianz mit dem bürgerlichen Partner FDP. Von der Masseneinwanderungs-Initiative hat das Parlament dank Unterstützung der FDP nicht mehr viel übrig gelassen.

Das mag eine Erklärung sein, wieso die SVP nach wie vor am häufigsten gegen die Parlamentsmehrheit stimmt, wie die BLICK-Analyse weiter enthüllt. Unter den Top 50 der Nein-Sager stammen 47 aus der SVP.

Eine andere Erklärung hat Politikwissenschaftler Hermann. Für ihn ist dieses Stimmverhalten ein Indiz dafür, dass die Oppositionspolitik der letzten Jahre immer noch in den Köpfen der SVP nachhallt. Es entspreche dem Konzept der SVP, sich demonstrativ gegen die Classe politique auszusprechen, stellt er fest, «während linke Parteien eher einen Kompromiss eingehen, auch wenn er nicht genau ihrem Parteiprogramm entspricht».

Mit dieser Einschätzung ist Hermann nicht allein. FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis, auf Platz drei der Ja-Sager-Liste, erhoffte sich nach der Wahl des zweiten SVP-Bundesrates, dass die SVP ihr Verhalten ändern würde. «In der persönlichen Diskussion ist bereits ein Wandel erkennbar, beim Abstimmungsverhalten zeigt sich das Oppositionsdenken jedoch noch stark», so der Tessiner.

Stimmt nicht, findet hingegen SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz. Die SVP stimme oft Nein, weil sie die vielen Mitte-links-Lösungen nicht mittragen könne. Sowohl der Bundesrat auch das Parlament seien nach wie vor klar Mitte-links positioniert, auch wenn das offizielle Etikett etwas anderes vortäusche. «Die SVP ist durchaus kompromissbereit.» Ein Kompromiss sei aber nur dann ein Kompromiss, wenn man sich in der Mitte treffe.

Wo Amstutz die Mitte definiert, bleibt offen. Klar ist: Die FDP hat da noch ein Wörtchen mitzureden.

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