Das Bankgeheimnis ist schon lange tot. Dennoch schrecken die Beziehungen der Credit Suisse zu Diktatoren und Kriminellen Bundesbern auf
Politiker wollen Banken-Chefs haftbar machen

«Suisse Secrets» erschüttert den Bankenplatz. Die erneute Affäre rund um die Grossbank Credit Suisse könnte dem Vorhaben zum Durchbruch verhelfen, die Chefetage von Finanzinstituten in die Pflicht zu nehmen.
Publiziert: 22.02.2022 um 00:34 Uhr
Pascal Tischhauser

Das Daten-Leck bei der Credit Suisse erschüttert Bundesbern. Und gerade jetzt steht die Behandlung eines Vorstosses an, der Bankenchefs in die Pflicht nehmen will. Am Dienstag könnte so ein Gesetz angegangen werden, um Kader von Finanzinstituten in die Pflicht zu nehmen. Und: Der Bundesrat unterstützt die Prüfung dieses Anliegens des Grünen-Nationalrats Gerhard Andrey (46).

Vertreter verschiedener Fraktionen unterstützen das Vorhaben – selbst aus der SVP. Eine Unterschrift aus der FDP fehlt jedoch. SP und Grüne starten derweil ein Powerplay, um die Banken zu saubererem Geschäften zu zwingen.

Über 18'000 Kundenstämme

Ins Rollen gebracht haben die Aktivitäten Berichte internationaler Medien zu «Suisse Secrets»: Der «Süddeutschen Zeitung» waren Daten von 18'000 Kunden zugespielt worden, die teils kriminellen Organisationen angehören oder Diktatorenfamilien zuzurechnen sind.

Die Credit Suisse steht einmal mehr am Pranger, weil sie das Ansehen des Schweizer Bankenplatzes beschädigt.
Foto: Nathalie Taiana
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In den Unterlagen tauchen Namen von Personen wie Samir Rifai auf – ein wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthobener jordanischer Premierminister. Auch der letzten Herbst mit 84 Jahren verstorbene Abd al-Aziz Bouteflika, langjähriger Machthaber in Algerien, wird genannt. Und auch Nervis Villalobos soll ein Konto bei der CS geführt haben. Dem einstigen Vize-Energieminister Venezuelas wird vorgeworfen, er habe sich an der Plünderung der Staatskasse beteiligt.

«Vollzug verbessern»

Zurückhaltender als die Linke äussert sich das politische Zentrum. Mitte-Nationalrat Martin Landolt (53) sagt: «Es braucht jetzt erst mal eine Auslegeordnung», um zu entscheiden, ob Gesetzesanpassungen notwendig sind.

Für Samira Marti (28) zeigen die Enthüllungen bereits, dass der Vollzug der heutigen Gesetze verbessert werden muss. Und der Grüne Andrey verweist in seinem Vorstoss auf Grossbritannien, das mit einer vergleichbaren Regelung wie derjenigen, die er vorschlägt, einen Kulturwandel herbeigeführt habe.

«Medienmaulkorb» kippen

Die Politik macht sich nun aber erst mal an die von Landolt geforderte Auslegeordnung. Dabei stellen sich drei Hauptfragen: Hat die Grossbank gegen Gesetze verstossen – oder hat sie stets nur das gemacht, was gerade noch nicht verboten war? Dass es moralisch verwerflich ist mitzuhelfen, Potentatengelder und Drogengelder zu verstecken, ist ohnehin klar. Und dass der jüngste CS-Skandal dem Ansehen der Schweiz schadet, ebenfalls. Der Frage nach den Verfehlungen bei der Credit Suisse geht die Finanzmarktaufsicht (Finma) nach.

Zweitens stellt sich die Frage: Warum waren es ausländische Medien, die «Suisse Secrets» ans Licht brachten? Die Antwort: Artikel 47 des Bankengesetzes verbietet es hiesigen Medien, Recherchen dazu zu veröffentlichen. Nun wird versucht, den von der FDP eingebrachten «Medienmaulkorb» zu kippen. Drittens stellt sich die Frage, ob bei der CS die Kundendatensicherheit gewährleistet ist.

Die politische Aufarbeitung dieser Frage ist schon im Gang: Die nationalrätliche Wirtschaftskommission will Vertreter der Credit Suisse und weiterer Banken, der Finma, der Geldwäscherei-Meldestelle (MROS) sowie Medien-Vertreter zu einer Anhörung laden. Damit ist klar: So schnell kommt der Bankenplatz nicht zur Ruhe.


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