Darf der Bund das?
Expertin kritisiert Gesichtserkennungs-Pläne beim Fedpol

Ab 2026 will auch das Bundesamt für Polizei bei der Verbrecherjagd auf Gesichtserkennung setzen. Doch es ist umstritten, ob es dafür überhaupt die nötige rechtliche Grundlage gibt.
Publiziert: 08.05.2023 um 07:59 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2023 um 14:46 Uhr

Die Ermittlerinnen und Ermittler des Bundes rüsten auf. Neu will das Bundesamt für Polizei (Fedpol) auf Gesichtserkennung setzen, um Kriminelle zu überführen. Bilder einer Überwachungskamera beispielsweise sollen neu mit der Polizeidatenbank abgeglichen werden können. Heute kann das Fedpol die Datenbank nur auf Fingerabdrücke und Namen durchsuchen. Vor einem Monat hat der Bundesrat 25 Millionen Franken für das neue System gesprochen.

Doch nun kommen Zweifel an der Rechtsmässigkeit des Unterfangens auf. Monika Simmler, Assistenzprofessorin für Strafrecht an der Uni St. Gallen, sagt gegenüber den Zeitungen von «CH Media», dass es sich bei der Gesichtserkennung um einen schweren Grundrechtseingriff handle. Denn es würden besonders schützenswerte Personendaten bearbeitet.

Parlament müsse mitreden können

«Dafür genügt eine Pauschalermächtigung auf Verordnungsstufe nicht», sagt Simmler, die auf das Thema spezialisiert ist. Vielmehr brauche es eine Anpassung des entsprechenden Gesetzes. Sie bringt dafür auch ein demokratiepolitisches Argument vor: Anders als bei einer Verordnungsänderung kann bei einer Gesetzesänderung nicht einfach der Bundesrat im Alleingang entscheiden, sondern das Parlament entscheidet. Und das letzte Wort hat mit einem möglichen Referendum die Stimmbevölkerung.

Blick in die Alarmzentrale des Fedpol: Das Bundesamt will neu Gesichtserkennung einsetzen.
Foto: keystone-sda.ch
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Simmler ist SP-Kantonsrätin in St. Gallen. Vor diesem Hintergrund überrascht ihre Position nicht.

Fedpol räumt Fehler ein

Allerdings ist sie nicht die einzige Expertin, die Kritik anbringt. Für Irritation unter Juristen hat insbesondere gesorgt, dass der Bundesrat in der Medienmitteilung zum neuen System behauptet hat, dass es sich nicht um Gesichtserkennung handle. Und dass diese in der Schweiz ohnehin verboten sei. Statt von Gesichtserkennung spricht der Bund lieber von «Gesichtsbildabgleich».

«Wie der Bundesrat auf die Idee kommt, Gesichtserkennung sei in der Schweiz gesetzlich verboten, ist rätselhaft», schreibt Rechtsanwalt Martin Steiger, spezialisiert auf Recht im digitalen Raum, in seinem Blog.

Gegenüber «CH Media» räumt das Fedpol nun ein, dass die Formulierung nicht korrekt sei. Richtig ist, dass Gesichtserkennung nur dann erlaubt ist, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt.

Die Gesichtserkennung soll ab 2026 zum Einsatz kommen. Was in der Schweiz umstritten ist, ist in vielen anderen Staaten bereits etabliert. Deutschland nutzt ein solches System beispielsweise seit 2008. (lha)

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