CVP und SP steigen mit den Gesundheitskosten in den Wahlkampf ein
Kampfthema Krankenkassenprämien

Runter mit den Krankenkassenprämien – das wollen SP und CVP und gehen mit dem volksnahen Thema in den Wahlkampf. Beide Parteien tüfteln an Volksinitiativen – und die SP hält schon mal so gar nichts vom CVP-Weg.
Publiziert: 12.04.2018 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 13:37 Uhr
Cinzia Venafro und Christian Kolbe

Politik scheint manchmal meilenweit vom Bürger entfernt zu sein: Was bedeutet beispielsweise der Abschluss eines EU-Rahmenvertrags für den Alltag des Einzelnen? Erst auf den zweiten Blick viel.

Die ständig steigenden Krankenkassenprämien aber betreffen alle direkt. Geht man politisch gegen den Anstieg vor, gewinnt man Stimmen – hoffen SP und CVP.

So steigt die CVP mit diesem Thema in den Wahlkampf 2019 ein: Heute lancierte die CVP den Text ihrer Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen».

Lanciert eine Volksinitiaive zur Kostenbremse im Krankheitswesen: CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Foto: Anja Wurm
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Steigt mit dem Thema Krankenkassen in den Wahlkampf: CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Foto: Anja Wurm

Die CVP will, dass Bund und Kantone Krankenkassen sowie die Leistungserbringer – also Spitäler und Ärzte – die obligatorische Krankenversicherung künftig so regeln, dass sich «die Kostensteigerung entsprechend der Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen entwickelt».

Die Kosten und damit die Prämien dürfen also nicht stärker steigen als das Bruttoinlandprodukt und die Löhne. Konkret: 2016 sind die Nominallöhne gerade mal um 0,7 Prozent gestiegen, die Prämien pro Versichertem aber um 3,4 Prozent.

SP-Gysi schimpft CVP «Schaumschläger»

Die Sozialdemokraten haben sich die Senkung der Prämien seit Jahren auf die Fahne geschrieben. Sie wollen die Prämie mittels Volksinitiative auf 10 Prozent des Haushalteinkommens beschränken. Die Krankenkassenprämien würden somit lohnabhängig, was Haushalte mit kleinem Einkommen entlasten und die reiche Oberschicht stärker zur Kasse bitten würde. Im Herbst präsentiert die SP ihren Initiativtext

Hält nichts von der CVP-Krankenkassen-Initiaive: SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi.
Foto: URS FLUEELER

Ein Ziel, zwei Wege dorthin. Zum Mitte-links-Schulterschluss kommt es aber nicht. «Die CVP-Kostenbremse ist Schaumschlägerei. Sie klingt im ersten Moment gut, dahinter verstecken sich aber Leistungskürzungen», sagt Gesundheitspolitikerin und SP-Vize Barbara Gysi (53).

«Nicht einfach künftige Kosten verbieten»

Sie hält es für «gefährlich» festzulegen, «dass wir künftig nur noch so und so viel für unsere Gesundheit ausgeben dürfen», argumentiert die St. Gallerin. Für sie führt das zu einer «Zweiklassenmedizin, wenn eine Operation beispielsweise nur verschoben wird, um die Kosten dafür zu vermeiden».

Gysi ist überzeugt, dass die CVP-Initiative an der schon jetzt für viele zu hohen Belastung nichts ändert: «Bereits heute zahlen viele Familie bis zu 20 Prozent des Haushaltseinkommens für die Krankenkassenprämien. Wir müssen diese Menschen entlasten und nicht einfach künftige Kosten verbieten.»

Zudem sei diese Volksinitiative obsolet: Schliesslich präsentiert SP-Bundesrat Alain Berset (46) noch diesen Frühling seine Umsetzungsmassnahmen zur Kostendämpfung.

Experte Schneuwly: «Bei der CVP zahlt der Patient am Ende die Zeche»

Felix Schneuwly, Versicherungsexperte beim Vergleichdienst Comparis.
Foto: zVg

Doch welcher Weg ist der bessere? Felix Schneuwly, Gesundheitsspezialist beim Vergleichsportal Comparis, kritisiert die Christdemokraten: Das CVP-Modell sei undifferenziert, die CVP sage einfach, man müsse Kosten sparen, «geht dann aber nicht ins Detail und zeigt nicht auf, wo das passieren soll», sagt der Experte.

Die Grundsatzfrage für ihn ist, ob man die Gesundheitsleistung rationieren muss oder ob man es schafft, die Effizienz zu steigern und so Kosten einzusparen. «Ich befürchte, dass beim Rationieren, was eine Folge der CVP-Initiative ist, am Ende der Patient die Zeche zahlt.»

Senkung statt Initiativen zur Wahlwerbung

Aber auch den Weg der Sozialdemokraten sieht Schneuwly kritisch: «Die SP will direkt bei der Prämienbelastung ansetzen. Somit nimmt sie Druck von den Prämienzahlern weg. Das Problem dort ist, dass man die SP die Leistungserbringer – spricht Spitäler und Ärzte – nicht zum Sparen zwingt.»

Auch wenn die SP dann im Herbst ihre Pläne vorgelegt hat, werden sich die Parteien weiter wahlkampffördernd streiten. Denn das primäre Ziel ist es nun mal, mit den Volksbegehren zu punkten.

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