CVP-Boss zu Geri Müllers Nackt-Selfies
«Dummheit ist keine Straftat»

Mehrere Medien waren im Besitz von Informationen über die Nackt-Selfie-Affäre um Nationalrat Geri Müller. Diese hätten die Story nie publizieren dürfen, findet CVP-Präsident Christophe Darbellay. Denn: Sexfantasien von Politikern gingen niemanden etwas an, sagt er im Interview.
Publiziert: 21.08.2014 um 21:25 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:20 Uhr
Interview: Christof Vuille

Für die CVP Baden ist klar: Stadtammann Geri Müller muss nach seiner Selfie-Affäre zurücktreten. Ganz anders sieht das nun aber CVP-Chef Chritstophe Darbellay. Er hält wenig von solchen Forderungen.

Herr Darbellay, die CVP Baden fordert den Rücktritt von Geri Müller. Sie auch?

Nein, die Sache geht mich nichts an. Dass allerdings Lokalparteien das tun, gehört zur Politik. Was Müller gemacht hat, ist jenseits, aber wie er damit umgeht, ist seine Sache und je nachdem die seiner Partei. Am Schluss sollte die Bevölkerung anhand von Wahlen entscheiden, was bei Politikern toleriert wird und was nicht.

Sie haben also kein Problem damit, wenn gewählte Volksvertreter derart intime Bilder aufnehmen und verschicken?

Sehen Sie, jeder Mensch – und dazu gehören auch Politiker – hat sexuelle Fantasien, wie wirr sie auch sein mögen. Diese Gedanken sind aber intim und gehören nicht an die Öffentlichkeit. Noch wird die Privatsphäre von öffentlichen Personen einigermassen respektiert. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir Zustände haben wie in Grossbritannien.

Was meinen Sie damit?

Ich möchte allen Medien, welche trotz Kenntnis der Geschichte nicht publiziert haben, ein Kränzchen winden. Sie geht uns nichts an. Ich bin auch heftig erschrocken, als ausgerechnet die NZZ eine Mitarbeiterin der Parlamentsdienste (die Porno-Sekretärin, Anm. d. Red.) der Öffentlichkeit ausgeliefert hat. Sowohl bei diesem «Selfiegate» wie nun auch beim «Gerigate» war aus meiner Sicht das öffentliche Interesse nicht gegeben. Dieses entstand absurderweise erst durch die Publikation.

Trotzdem hat Müller während seiner Arbeit heikle Aufnahmen gemacht.

Ich will auch gar nicht in Abrede stellen, dass das extrem ungeschickt war. Aber: Dummheit ist kein Straftatbestand. Gemäss heutigem Kenntnisstand hat Geri Müller niemandem gegenüber Gewalt angewendet, offenbar sein Amt nicht missbraucht und seine Ämter ausgeführt.

Wie können sich Politiker gegen solche Affären absichern?

Das Hauptproblem sehe ich bei den neuen Kommunikationsmitteln. Was einmal versendet ist, hat das Potential in der Weltöffentlichkeit zu landen. Hätte ich das Bedürfnis, solche Bilder zu machen, würde ich sie nicht einmal meiner Frau schicken, der ich absolut vertraue. Wer weiss, ob das Handy nicht einmal gestohlen wird? Ich lebe ja nicht in Hollywood, aber nach mehreren Affären, Hackerstories und der Geschichte um Edward Snowden wissen wir schlicht nicht, ob und inwieweit auch öffentliche Personen bespitzelt werden. Technisch gesehen ist heute fast alles möglich. Darum Vorsicht!

Was glauben Sie, wird sich Müller nach dem ganzen Wirbel in seinen beiden Ämtern halten können?

Ich weiss es nicht. Entscheidend wird sein, wie es nach dem Skandal um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bevölkerung aussieht. In seiner Funktion als Stadtpräsident repräsentiert er die Behörden, sein Handeln hat direkten Einfluss auf das Leben der Badener Bevölkerung. Das wird schwierig. Und ob er Nationalrat bleibt und sich zur Wiederwahl stellt, muss er mit seiner Partei ausmachen. Das letzte Wort haben gegebenenfalls die Wählerinnen und Wähler. 

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