Chefs kassieren hohe Boni im Corona-Krisenjahr
Bundesrätin Sommaruga nimmt sich SRG zur Brust

Trotz Krisenjahr kassieren die Chefs der SRG hohe Boni. Zum Ärger von Medienministerin Simonetta Sommaruga. Sie findet die Vergütungen «unsensibel». Und will sich die SRG-Verantwortlichen zur Brust nehmen.
Publiziert: 17.05.2021 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2021 um 22:58 Uhr
Studios in Zürich: An der Front wird gespart.
Foto: keystone-sda.ch
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Jean-Claude Galli und Ruedi Studer

Die SRG-Direktion spart überall – nur nicht bei den Kaderlöhnen. Im Pandemiejahr 2020 stieg das Salär der Teppichetage deutlich. Das Niveau der Lohnerhöhung übersteigt sogar den gesamtschweizerischen Durchschnitt, wie die Zeitungen von CH Media mit Verweis auf den SRG-Geschäftsbericht aufzeigen.

SRG-Generaldirektor Gilles Marchand (59) verdiente insgesamt 533'000 Franken – 101'000 Franken davon als variabler Lohnanteil. Das ist fast identisch mit dem Vorjahr. Die sieben anderen Mitglieder der Geschäftsleitung erhielten im Schnitt 390'000 Franken. Der Lohn von SRF-Direktorin Nathalie Wappler (53) ist praktisch auf Bundesratsniveau.

Boni werden zur Chefinnensache

Dabei greift die SRG ausgerechnet in einem Krisenjahr tief in die Tasche: Wegen der Corona-Pandemie bezog das Unternehmen letztes Jahr für 600 der rund 6000 Mitarbeiter Kurzarbeitsgeld. Zudem kündigte sie ein Sparprogramm und die Streichung von 250 Stellen an. Im gleichen Jahr sank der Marktanteil. Und die Belästigungsaffäre bei RTS in Genf sorgte für ebenfalls Unmut.

Kein Wunder, ärgern sich Politiker von links bis rechts über die Boni-Politik der SRG. Jetzt werden die Chef-Boni gar zur Chefinnensache: SP-Bundesrätin und Medienministerin Simonetta Sommaruga (61) nimmt sich die SRG zur Brust.

Sie hält die Vergütungen für daneben – oder wie sich ihr Departement offiziell etwas diplomatischer ausgedrückt. «Bundesrätin Sommaruga findet die von den SRG-Gremien beschlossenen Vergütungen angesichts der wegen Corona stark gesunkenen Einnahmen und Sparmassnahmen unsensibel und wird sie mit der SRG thematisieren», sagt Departementssprecherin Annetta Bundi gegenüber Blick.

Delegierte nickten Vergütungen ab

Die Festlegung der Entschädigungen der SRG-Geschäftsleitungsmitglieder sei aber nicht Sache des Bundes, sondern der SRG, fügt Bundi hinzu. «Verantwortlich dafür ist der Verwaltungsrat, die Delegiertenversammlung genehmigt die Vergütungen.»

Diese habe den Vergütungen zugestimmt, sagt SRG-Sprecher Edi Estermann. In einer Stellungnahme hält er gegenüber Blick fest, dass die SRG ihren Kadern keine Boni zahle. Neben dem fixen Lohnanteil umfasse das Lohnsystem der SRG für die Kader zusätzlich eine variable Lohnkomponente. Diese sei eine leistungs- und erfolgsbezogene Entlöhnung. Basis für die Festlegung sei die Zielerreichung und die individuelle Leistung gemäss Mitarbeitergespräch.

Im direkten Vergleich mit den anderen bundesnahen Betrieben figuriere die SRG gemäss geltendem Kaderlohnreporting 2019 bei den Lohnzahlungen im unteren Mittelfeld hinter SBB, Postfinance, Ruag, Post, Suva, Skyguide und Finma.

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