Das erwarten die Parteien vom neuen Bundesrat
Alle ziehen an Cassis

Die SVP hofft, mit dem neuen Bundesrat Ignazio Cassis, ihre EU-kritische Haltung durchzusetzen. Die SP dagegen hofft auf mehr Arbeitnehmerschutz.
Publiziert: 21.09.2017 um 10:52 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:39 Uhr
Sermîn Faki

Wessen Bundesrat ist er nun, der am Mittwoch gewählte Ignazio Cassis (FDP, 56)? Gehört er der SVP, deren Stimmen seine Wahl erst möglich gemacht haben?

Die SVP selbst meint das jedenfalls. «Mit Cassis sollten die Zeiten von Mitte-links-Mehrheiten im Bundesrat vorbei sein», sagte etwa der Luzerner Nationalrat Franz Grüter (54) gegenüber dem «St. Galler Tagblatt».

Das gilt besonders für die Europa-Politik. Cassis habe der Partei im Hearing drei Versprechen gegeben, so SVP-Präsident Albert Rösti (50): dass er im EU-Dossier den Reset-Knopf drücke, dass es kein Rahmenabkommen und keine «fremden Richter» geben werde und dass er die Guillotineklausel aus den Bilateralen streichen werde.

Ignazio Cassis (56) nimmt Gratulationen zur Wahl in den Bundesrat entgegen.
Foto: Keystone

Diese Klausel besagt, dass bei Kündigung eines Abkommens auch alle anderen hinfällig werden. «An diesen Versprechen werden wir Cassis messen», so Rösti.

Cassis nach der gestrigen Wahl beim Bad in der Menge.
Foto: EQ Images/Monika Flückiger

Mehr Verständnis für Arbeitnehmer

Für SP-Präsident Christian Levrat (47) sind das naive Vorstellungen. Das hindert den Genossen aber nicht daran, eigene Erwartungen an den neuen Magistraten zu formulieren. So hofft Levrat, dass Cassis mehr Verständnis für die Probleme der Arbeitnehmer in den Bundesrat einbringen werde. Sprich: dass er für einen Ausbau der flankierenden Massnahmen zu haben ist.

«Cassis weiss, wie wichtig der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen ist», glaubt auch SP-Nationalrat und Unia-Boss Corrado Pardini (52). Als Tessiner könne er in diesen Fragen daher von der FDP-Linie abweichen, so Pardini gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Hoffnung auf den Brückenbauer

CVP-Präsident Gerhard Pfister (54) findet die SP- und SVP-Wünsche irritierend: «Es ist unsinnig, Bundesräte mit parteipolitischen Forderungen zu überziehen», sagt er zu BLICK. Ich erwarte von Ignazio Cassis nicht, dass er CVP-Politik macht. Er soll die Beschlüsse des Bundesrats mittragen und umsetzen.»

Pfister hofft allerdings, dass Cassis sich wie versprochen als Brückenbauer beweist: «Das heisst, dass er kein Block-Politiker ist, sondern offen für alle Partner.»

Auch in der Europa-Politik hat der Zuger klare Vorstellungen von der Aufgabe des neuen Bundesrats: «Egal, ob man das Reset nennt oder wie auch immer: In der Europapolitik werden wir ihn daran messen, ob er den bilateralen Weg verteidigen kann.»

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