Auf einen dieser Typen fliegt der Bundesrat
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Bundesrat wählt Kampfjet aus
Auf einen dieser Typen fliegt der Bundesrat

Der Bundesrat hat die Qual der Wahl. In diesen Tagen soll er sich für einen neuen Kampfjet entscheiden. Vier Typen stehen zur Auswahl. Der Entscheid wird nicht ganz einfach.
Publiziert: 21.06.2021 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2021 um 11:58 Uhr
Daniel Ballmer

Jetzt gilt es ernst. Jahrelang hat das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) getestet, geprüft, gerechnet und verglichen. Im vergangenen September hat das Schweizer Stimmvolk mit einem Zufallsmehr von rund 8000 Stimmen hauchdünn Ja gesagt zum Kauf neuer Kampfflugzeuge. Maximal sechs Milliarden Franken darf das Verteidigungsdepartement von Viola Amherd (59) ausgeben für etwa 30 bis 40 Jets.

Gesucht wurde das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis. Nun liegt das Ergebnis vor. Bis heute ist es streng geheim – nur eine Handvoll Personen kennt die Resultate. Gestützt darauf hat der Gesamtbundesrat nun die Qual der Wahl. Relevant sind nicht nur technische Daten. Denn alle vier Jets gelten als geeignet, um den Schweizer Luftraum ab 2030 für mindestens weitere 30 Jahre zu überwachen und zu schützen. Den Ausschlag könnten deshalb politische Argumente geben.

Die Herstellerländer versuchen, mit militärischen und zivilen Angeboten zu locken. Die Konkurrenten kämpfen mit harten Bandagen. Es geht um viel Geld. Am Rande des Gipfeltreffens in Genf warb selbst US-Präsident Joe Biden (78) nochmals für amerikanische Kampfjets.

Für maximal sechs Milliarden Franken will Verteidigungsministerin Viola Amherd neue Kampfflugzeuge kaufen.
Foto: Keystone
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Am Mittwoch wird der Bundesrat ein erstes Mal über den neuen Kampfjet diskutieren. Diese vier Flugzeugtypen stehen zur Wahl:

Eurofighter

Der Eurofighter Typhoon ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt. Deutschland, Grossbritannien, Italien und Spanien nutzen ihn als Teil ihrer Flotte. Hersteller Airbus hat den Jet wiederholt auf den neusten Stand gebracht. Er gilt als wendig und robust, aber auch technisch nicht mehr taufrisch. Dennoch: Der Jet geht schnell in die Luft, was gerade für den Luftpolizeidienst ein Vorteil wäre. Gleichzeitig würde die Wahl Kooperationen mit mehreren europäischen Staaten ermöglichen – darunter die Nachbarn Deutschland, Österreich und Italien. Dennoch mag die Politik nicht an diese Variante glauben. Selbst Amherd äusserte sich schon kritisch.

Rafale

Das Mehrzweckkampfflugzeug des französischen Konzerns Dassault gilt als Pilotenliebling. Die Rafale gilt als polyvalenter Jet. Das automatische System zur Verhinderung von Kollisionen mit dem Gelände soll einen Aufprall etwa im Gebirge praktisch unmöglich machen.

Die Rafale ging bei der letzten Evaluation des VBS vor rund zehn Jahren als Siegerin hervor. Sie überzeugte gerade operationell. Dem Bundesrat aber war sie wohl zu teuer. Er entschied sich für den schwedischen Gripen – und scheiterte damit an der Urne. Möglich, dass Frankreich die Schweiz mit einem Gesamtpaket überzeugen will: Jets zu einem guten Preis, dazu eine umfassende Kooperation und allenfalls Unterstützung in der Europapolitik. Gleiches gilt allerdings auch für den Eurofighter.

Super Hornet

Es ist die neuste Version der heutigen F/A-18 der Schweizer Luftwaffe – vollgestopft mit Elektronik. So wurde der US-Jet von Boeing etwa mit einem externen Sensor ergänzt, der das Sichtfeld erweitert. Die neue Super Hornet soll zudem robuster gebaut sein und damit deutlich mehr Flugstunden leisten können – die Lebensdauer ihrer F/A-18 ist für die Schweizer Luftwaffe ein Dauerbrenner. Neue Tests liessen allerdings Zweifel an der Belastbarkeit der Super Hornet aufkommen.

Das neue Modell ist aber auch deutlich grösser und schwerer. Es ist der grösste der vier evaluierten Jets. Das wiederum könnte bauliche Anpassungen bei der Infrastruktur der Luftwaffe bedingen, etwa bei Hangars. Auch bei den amerikanischen Jets ist zudem nicht auszuschliessen, dass die USA noch ein Zückerchen drauflegen könnten.

F-35

Die F-35 ist der «tödlichste Kampfjet der Welt» — so wirbt US-Hersteller Lockheed Martin. Sicher ist: Die F-35 ist der modernste Jet in der Schweizer Vorauswahl. Damit ist das Risiko kleiner, dass sie technisch bald überholt sein wird. Zudem hat sie eine Fähigkeit, die ihren Konkurrenten fehlt: Sie kann sich auf feindlichen Radaren so gut wie unsichtbar machen. Doch: Wird sie abgeschaltet, ist der bullige Flieger eher im Nachteil, weil er weniger wendig ist als die Europäer. Dafür ist der Tarnkappen-Jet gut vernetzbar und kann Einheiten am Boden wichtige Daten liefern.

Ein weiteres Problem: Die F-35 ist nicht nur sehr wartungsintesiv und damit teuer. Sie ist auch sehr robust und braucht länger als die anderen Modelle, um die nötige Flughöhe zu erreichen. Das kann in der kleinräumigen Schweiz ein Nachteil sein. Auch kämpft die F-35 immer wieder mit «Kinderkrankheiten». So sei etwa die Treffsicherheit der Bordkanone schlecht. Wegen Systemschäden musste sie zudem Gewitter und Blitze vermeiden. Weiter warnen Gegner, dass die USA sicherheitsrelevante Daten einsehen, die Jets sogar fernsteuern könnten. Bewiesen wurde das nie.

Diskussionen im Bundesrat könnten länger dauern

Das Rennen scheint offen. Gemunkelt wird, die Armeespitze favorisiere den Tarnkappen-Jet F-35, den klar modernsten Flieger. Andere glauben, Amherd bevorzuge eine europäische Lösung, was die EU milder stimmen könnte. Es bleiben Spekulationen.

Im Bundesrat dürfte die Typen-Wahl jedenfalls noch einige Diskussionen auslösen. Innerhalb der Verwaltung wird bereits damit gerechnet, dass mehrere Sitzungen nötig sein werden. So bleibt unsicher, ob der Entscheid tatsächlich wie angekündigt noch vor den Sommerferien fällt.

Denn gerade gegen die US-Jets ist der Widerstand nach wie vor gross. Im Mai haben SP, Grüne und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) eine Volksinitiative zur Vorprüfung eingereicht, mit der ein amerikanisches Modell verhindert werden soll. Die Linke stört sich am hohen Preis und dem umstrittenen Datenschutz.

Sollte sich der Bundesrat dennoch dafür entscheiden, soll sofort die Unterschriftensammlung gestartet werden. Bisher zeigte sich Verteidigungsministerin Amherd von den Druckversuchen allerdings wenig beeindruckt.

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