Bundesrat prüft Strafartikel für Sportbetrüger
Schweizer Dopern droht der Richter

Nachdem es der Bundesrat vor einem Jahr noch kategorisch ausschloss, Doping zu bestrafen, zeigt er sich jetzt bereit, zumindest eine Auslegeordnung zu machen. Eine langsame Kehrtwende, die für die Polizei grosse Konsequenzen haben könnte.
Publiziert: 01.12.2019 um 16:29 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2019 um 18:24 Uhr
Marcel Dobler will, dass Dopingsünder auch strafrechtlich verfolgt werden können.
Foto: Thomas Meier
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Tobias Bruggmann

Die Blutbeutel liegen auf einem gelben Kissen, Schläuche führen in den Oberarm des österreichischen Langläufers Max Hauke (27). Während der WM im Februar wird er auf frischer Tat beim Doping erwischt, festgehalten auf einem Video eines österreichischen Polizisten. Haukes ungläubiger Blick geht um die Welt. Mittlerweile ist er verurteilt, fünf Monate auf Bewährung, dazu eine Geldstrafe von rund 500 Euro. In der Schweiz wäre das nicht möglich.

Doping gilt in der Schweiz noch immer als Kavaliersdelikt. Die Sportler riskieren nur eine Sperre, vor den Richter müssen sie nicht. Das sich das ändern soll, forderten schon viele verschiedene Politikern. Meistens chancenlos. Im vergangenen Jahr reichte Jacques Bourgeois (FDP, 61) einen Vorstoss ein – und stiess beim Bundesrat auf taube Ohren. «Die bestehende Rechtsgrundlage reicht aus, um Doping in der Schweiz effizient zu bekämpfen.»

Bundesrat will Auslegeordnung

Der ehemalige Bobfahrer und FDP-Nationalrat Marcel Dobler (39) gibt sich damit nicht zufrieden. Er reichte im September einen neuen, entschärften Antrag ein, verlangt vorerst nur eine Auslegeordnung des Themas. «Die Operation in Österreich hat gezeigt, dass der Sport selbst nicht fähig ist, mit den vorhandenen Mitteln sich selbst zu regulieren», begründet Dobler seinen Antrag. Der Staat müsse deshalb die Schattenseiten des Sports bekämpfen.

Und siehe da: Der Bundesrat macht eine Kehrtwende und empfiehlt, Doblers Antrag zuzustimmen.

Antidoping sieht Haftstrafen kritisch

Antidoping Schweiz führt die Dopingkontrollen durch. Haftstrafen sehen sie aber kritisch, heisst es in einem Interview mit dem SRF vor einigen Jahren. Aktuell wollen sie sich noch nicht zu möglichen strafrechtlichen Konsequenzen äussern. Doblers Vorstoss unterstützen sie grundsätzlich. «Die Möglichkeit des Einsatzes von polizeilichen Massnahmen bringt Vorteile», schreibt Ernst König (41) von Antidoping Schweiz. Am Schluss müsse die Politik entscheiden, wie stark der Staat in die Dopingbekämpfung eingreifen wolle.

Doch schon die jetzigen Strafen seien ein grosser Einschnitt in das Leben der Sportler, betont König. «Wird ein Profisportler erwischt, kann er seinen Beruf nicht mehr ausüben.»

Mit einer polizeilichen Untersuchung bekäme die Polizei neue Möglichkeiten. Sie könnten zum Beispiel wie in Österreich Häuser durchsuchen lassen. Werden die Dopingsünder erwischt, könnten sie versuchen, einen Deal mit dem Richter zu auszuhandeln. «Die Hintermänner kann man so vielleicht leichter finden», sagt König.

Sponsorenverträge gegen Doping absichern

Marcel Dobler begrüsst den Entscheid des Bundesrates: «Alle umliegenden Länder verfolgen Doping im Spitzensport bereits strafrechtlich. Die Schweiz muss prüfen nachzuziehen.» Sein Vorstoss ist breit abgestützt. Nicht nur SP-Politiker wie Matthias Aebischer (52) oder Swiss Olympic unterstützen ihn, auch Roland Rino Büchel (54) von der SVP kann sich für eine Auslegeordnung erwärmen. «Es stellt sich aber die Frage, ob die Dopingbekämpfung wirklich zulasten des Steuerzahlers gehen muss.»

Werden zukünftig auch Dopingsünder von der Polizei gejagt, bedeutet das zusätzliche Arbeit für diese. Genau lässt sich die konkrete Mehrarbeit allerdings noch nicht abschätzen.

Büchel hat darum einen eigenen Vorschlag. Die Sponsoringverträge mit den Sportler sollten so geschrieben sein, dass nur Geld fliesst, wenn der Sportler keine Drogen konsumiert. «Eine solche Klausel kann problemlos eingeführt werden.» Enthüllungen wie in Österreich wären damit nicht möglich.

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