Bundesgericht entscheidet
Spitzenläufer aus Äthiopien muss die Schweiz verlassen

Mekonen Tefera versteckte seine Preisgelder in einem Rucksack. Nun hat das Bundesgericht entschieden, er habe zu Unrecht Sozialhilfe bezogen. Das hat weitreichende Konsequenzen.
Publiziert: 19.07.2024 um 14:04 Uhr
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Er hat einen langen Atem, zeichnet sich durch sein Durchhaltevermögen aus. Doch nun endet der Marathon durchs Schweizer Justizsystem für den äthiopischen Läufer Mekonen Tefera mit einer weiteren Niederlage. Nach zwei kantonalen Vorinstanzen sieht es auch das Bundesgericht als erwiesen an, dass er 54'450 Franken an Sozialleistungen erhalten habe, die ihm nicht zustanden.

Tefera flüchtete bereits 2013 in die Schweiz, wo er ein Asylgesuch stellte. Dieses wurde 2015 abgewiesen. Seither lebt er in verschiedenen Rückkehrzentren des Kantons Bern. Er war damals aus Äthiopien geflohen, weil sein Bruder den Nachbarssohn umgebracht habe, wie die «Berner Zeitung» berichtet. Die Nachbarn hätten daraufhin Blutrache geschworen.

Das alles aber wurde nicht als Asylgrund anerkannt. Sein Gesuch wurde abgewiesen. Unter anderem mit der Begründung, dass sich Tefera in einer anderen Region innerhalb des Landes niederlassen könne.

Der äthiopische Spitzenläufer Mekonen Tefera ist seit 2013 in der Schweiz.
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Er verdiente Zehntausende Franken

In der Schweiz zeichnet sich Tefera aber auch als erfolgreicher Läufer aus, gewinnt mehrere Titel – und verdient insgesamt knapp 50'000 Franken mit den Preisgeldern. Doch: Als Abgewiesener darf Tefera nicht arbeiten. Er hätte das Preisgeld deklarieren müssen.

Doch er habe das Geld stattdessen in einem Rucksack versteckt. Während er gleichzeitig zunächst Asylhilfe und später als Abgewiesener staatliche Nothilfe erhielt: 8 Franken pro Tag, 56 Franken pro Woche. Im Rahmen einer Auseinandersetzung mit seiner Ex-Freundin, mit der er zwei Kinder hat, sei die Polizei auf den Rucksack aufmerksam geworden. Es folgte eine Anklage.

In den letzten zwei Jahren verurteilte ihn daher zuerst das Regionalgericht Bern-Mittelland und dann das Obergericht wegen des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialhilfe. Tefera droht deshalb eine Strafe mit weitreichenden Folgen: ein fünfjähriger Landesverweis.

Seine Vertretung hingegen habe vor Bundesgericht einen Freispruch gefordert. Der Äthiopier habe nicht gewusst, dass er sein Einkommen und sein Vermögen offenlegen müsse. Und eine Täuschungsabsicht könne man ihm nicht nachweisen, schreibt die «Berner Zeitung». Die Argumente aber haben beim Bundesgericht nicht verfangen.

Gericht erkennt keinen Härtefall

Die Lausanner Richter hätten auch bestätigt, dass kein schwerer persönlicher Härtefall vorliege und die Landesverweisung rechtskonform sei. Das Recht auf Familienleben sei nicht berührt: Denn Tefera habe kein gefestigtes Aufenthaltsrecht und seine beiden Kinder auch nicht. Seine Integrationsbemühungen seien zu würdigen, änderten aber nichts daran, dass sich Tefera widerrechtlich im Land aufhalte.

Gegenüber der «Berner Zeitung» habe die Vertretung des Spitzenläufers erklärt, derzeit die verbleibenden Optionen zu beraten: «Die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die seit August 2023 in der Amhara-Region Äthiopiens wüten, lassen eine Rückkehr derzeit nicht als realistische Möglichkeit erscheinen.» Auch im Hinblick auf den Kontakt zu seinen beiden Kindern werde der Entscheid irreparable Folgen haben.

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