Über 500 Schweizer sitzen in Israel fest
Bund bittet Swiss um weitere Sonderflüge

Gerade einmal ein einziges Swiss-Flugzeug fliegt Landsleute aus Israel aus. Dem Bund selbst sind die Hände gebunden, unseren Staatsangehörigen zu helfen. Für SVP-Nationalrat und Chefaussenpolitiker Franz Grüter muss das ändern.
Publiziert: 09.10.2023 um 21:56 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2023 um 22:38 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Touristen wollen einfach nur noch raus aus Israel. Auch viele Schweizerinnen und Schweizer. Doch zahlreiche Fluggesellschaften fliegen Tel Aviv nicht mehr an. Oder die Flüge sind längst ausgebucht. 

Die Drähte zwischen dem Schweizer Aussendepartement (EDA) und der Swiss laufen daher heiss. Der Bund bekniete die Airline, am Dienstag doch einen Sonderflug durchzuführen, um möglichst viele Menschen aus Israel auszufliegen. Eigentlich hatte die deutsche Lufthansa-Gruppe, zu der die Swiss gehört, beschlossen, keine Sonderflüge durchzuführen. Die Swiss konnte im Luftfahrtkonzern aber durchsetzen, am Dienstagabend mit einer Airbus-A321-Maschine Schweizer auszufliegen.

Tausende Schweizer in Israel

Wie Blick schon am Montagnachmittag berichtet hatte, waren die Plätze im Swiss-Flugzeug umgehend weg. Über 500 Personen sollen sich beim EDA für einen Rückflug registriert haben. Doch die Swiss-Maschine kann nur 219 Passagiere transportieren. Erfahrungsgemäss wollen bei Krisen zuerst die Ferienreisenden sofort das Land verlassen. Erst dann folgen Schweizerinnen und Schweizer, die sich für längere Zeit in einem anderen Staat niedergelassen haben. Es heisst, dass 28'000 Schweizer Staatsangehörige in Israel wohnen.

Aussenminister Ignazio Cassis informierte bei einer kurzfristig einberufenen Medienorientierung am Montag, dass sein Departement versuchen wird, weitere Rückführungsflüge zu ermöglichen.
Foto: keystone-sda.ch
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Solange der Flughafen von Tel Aviv noch zwischenzeitlich offen ist, wird der Bund weiterhin versuchen, private Fluggesellschaften dazu zu bewegen, Schweizerinnen und Schweizer auszufliegen – allen voran die Swiss. Eine rechtliche Grundlage, die Swiss zu den Sonderflügen zu zwingen, hat der Bund jedoch nicht. Wie Aussenminister Ignazio Cassis (62) bei einer kurzfristig einberufenen Medienorientierung informierte, wird sein Departement aber versuchen, weitere Rückführungsflüge zu ermöglichen.

Transportflugzeug fehlt

Sein Sprecher Michael Steiner bestätigte: «Wir stehen mit der Swiss in Kontakt, um zu prüfen, ob sie weitere Sonderflüge durchführen kann.» Schliesslich muss auch die Airline erst geeignete Flugzeuge und Crews finden, um die Sonderflüge zu ermöglichen.

Immer wieder sieht sich das EDA in der Situation, dass es wegen einer Krise von Hilferufen überhäuft wird. Oft bettelt der Bund dann bei unseren Nachbarstaaten um Unterstützung. Auch die Swiss musste in anderen Fällen schon einspringen. Mehrfach debattierte das Parlament deshalb darüber, ob die Schweiz ein eigenes Transportflugzeug bräuchte, um Schweizer Bürger aus diesen Krisenregionen zu holen. Auch diesmal wird die Diskussion wieder aufflammen.

EDA muss helfen können

Doch das EDA ist noch aus einem anderen Grund in einer schwierigen Lage: Seit 2011 ein Berner Paar von den Taliban entführt und monatelang festgehalten worden ist, hat im Parlament ein Umdenken stattgefunden. Es beschloss, dass Schweizer Staatsangehörige selbst verantwortlich sind, wenn sie im Ausland in Not geraten. Seither ist es fraglich, ob das EDA Schweizern die Rückkehr ermöglichen kann.

SVP-Nationalrat Franz Grüter (60) findet es im Grundsatz richtig, dass Schweizer Bürger selbst verantwortlich sind für ihre Auslandsreisen. «Aber: Wenn wie aktuell in Israel eine völlig unvorhersehbare Notsituation eintritt in einem für gewöhnlich sicheren Land, muss der Bund in dieser ausserordentlichen Lage eine Ausnahme machen können und den Schweizern vor Ort helfen dürfen», so der Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK).

Grüter hat das Programm der nächsten APK-Sitzung wegen des Hamas-Angriffs umgestellt. Am kommenden Montagvormittag mache man in der Kommission einen Israel-Schwerpunkt. «Dabei müssen wir eine solche Ausnahmelösung diskutieren», verspricht er.

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