Blick erklärt Hausbesitzern alles, was sie wissen müssen
Der Eigenmietwert soll weg!

Zig Anläufe hat das Parlament schon genommen, den Eigenmietwert abzuschaffen. Nun gibt auch der Nationalrat grünes Licht. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Plänen des Parlaments.
Publiziert: 14.06.2023 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2023 um 16:53 Uhr
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Der Eigenmietwert ist wohl bald Geschichte. Nach dem Ständerat hat sich am Mittwoch auch der Nationalrat für eine Abschaffung der umstrittenen Steuer für Wohneigentümer ausgesprochen.

Noch wird im Bundeshaus um Details gefeilscht. Doch schon jetzt steht fest, dass der Nationalrat – anders als die kleine Kammer – den Eigenmietwert auch bei selbstbewohnten Zweitwohnungen streichen will. Nur die FDP wollte hier eine Ausnahme – und damit den Bergkantonen entgegenkommen, in denen es sehr viele Zweitwohnungen gibt.

Was bedeutet der Entscheid für Häuserbesitzer? Und wie geht es nun weiter? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum seit Jahren tobenden Eigenmietwert-Streit.

1,4 Millionen Haushalte in der Schweiz besitzen Wohneigentum.
Foto: Zamir Loshi
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Eigenmietwert – was ist das überhaupt?

Den Eigenmietwert gibt es seit über 100 Jahren. Er berechnet sich aus Grösse, Lage, Baujahr der Wohnung und anderen Kriterien und wird Hauseigentümern bei der Steuererklärung ans Einkommen angerechnet. Der Eigenmietwert entspricht in der Regel 60 bis 70 Prozent der Einnahmen, die ein Eigentümer erzielen würde, wenn er die Wohnung oder das Haus nicht selbst bewohnen, sondern vermieten würde.

Warum soll der Eigenmietwert weg?

«Der Eigenmietwert ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört», sagt FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger (55). Die Bürgerlichen finden, dass diese Steuer auf ein fiktives Einkommen Hauseigentümer benachteiligt. Auch wenn sie als Ausgleich diverse Abzüge machen können – zum Beispiel für Unterhaltsarbeiten und die Hypothekarzinsen. Ausserdem setzte das heutige System falsche Anreize: «Dies zeigt sich darin, dass die private Verschuldung in der Schweiz sehr hoch ist», sagt Mitte-Nationalrat Leo Müller (64).

Auch die linken Parteien haben schon die Abschaffung des Eigenmietwerts gefordert. «Doch wenn man ihn abschaffen will, müssen auch alle Steuerabzüge, die Hauseigentümer heute machen können, gestrichen werden», sagt Grünen-Nationalrat Michael Töngi (56). Das ist die Bedingung, damit die Linken am Ende Ja zur Abschaffung sagen.

Was hat der Nationalrat nun beschlossen?

Haus- und Wohnungsbesitzer sollen künftig keinen Eigenmietwert mehr besteuern müssen. Und zwar weder für Erst- noch Zweitwohnungen, die man selbst bewohnt. Um kein Ungleichgewicht zu schaffen, werden im Gegenzug aber auch fast alle Abzüge gestrichen, die Wohneigentümerinnen heute machen können.

Neu sollen, wenn es nach dem Nationalrat geht, Hausbesitzer nur noch Kosten für denkmalpflegerische Arbeiten von den Steuern abziehen können. Von den Hypothekarzinsen soll nur noch ein Teil abgezogen werden können. Ausserdem will der Nationalrat einen Sonderabzug für Neo-Hausbesitzer geben. Der Nationalrat ist hier für eine striktere Regelung als der Ständerat.

Was würde diese Variante kosten?

Schätzungen sind sehr schwierig. Der Bund geht davon aus, dass der Vorschlag bei einem durchschnittlichen Hypothekarzins von 3,2 Prozent haushaltsneutral wäre – Bund und Kantone also gleich viel kostet wie heute. Sind die Zinsen tiefer, wie das heute der Fall ist, macht die öffentliche Hand minus. Die Hausbesitzer würden also weniger Steuern zahlen als heute.

Gibt es Widerstand gegen diese Lösung?

Ja, SP und Grüne lehnten die Gesetzesänderungen im Gesamtpaket ab. Auch knapp die Hälfte der GLP-Fraktion stimmte Nein oder enthielt sich. Gar nichts halten die Linken vom Ersterwerber-Abzug, also dem Abzug für frischgebackene Hausbesitzer, auf dem SVP, FDP und Mitte beharren. Dieser sei «Unfug», sagte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (61). Er koste den Staat Geld, ohne den Wohnungsbesitzern am Ende etwas zu bringen. Ausserdem sträuben sich die Linken dagegen, dass Hauseigentümer weiterhin Hypozinsen sollen von den Steuern abziehen dürfen.

Wie geht es jetzt weiter?

Das letzte Wort wurde am Mittwoch nicht gesprochen. Weil es noch Differenzen, wird der Ständerat nochmals an der Vorlage feilen. Mit dem Ziel, einen Kompromiss zu finden, dem beide Räte am Ende zustimmen. Knackpunkte werden die Zweitwohnungen sein und die Frage, welche Abzüge Hausbesitzer künftig noch machen dürfen.

Auch wenn absehbar ist, dass man sich am Schluss einigen kann: Das letzte Wort wird das Volk haben. Dass von linker Seite das Referendum gegen die Vorlage ergriffen wird, steht schon jetzt so gut wie fest.

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