Blick besucht die Schatzkammer des Bundes
Putins rätselhaftes Geschenk für die Schweiz

In einem Keller im Berner Monbijou-Quartier befindet sich die Schatzkammer des Bundes. Hier lagern all die Geschenke, die Bundesräte bei Staatsbesuchen und Treffen erhalten haben. Darunter auch einiges Skurriles.
Publiziert: 26.12.2022 um 12:32 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2022 um 16:56 Uhr
Thomas Müller

Fast bei jedem Staatsbesuch oder diplomatischen Treffen gibts ein Geschenk. Die teilweise kuriosen Gegenstände lagern in einer Schatzhöhle des Bundes im Berner Monbijou-Quartier. Mehrere hundert Objekte liegen dort. Blick zeigt dir die Spannendsten.

Putins Geschenk

Zur Sammlung gehören etwa handschriftliche Gedichte von Hermann Hesse (1877–1962), die der deutsch-schweizerische Schriftsteller in seiner Wahlheimat im Tessin verfasst hat. Diese hat Ueli Maurer (72) 2019 vom russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) erhalten. Warum genau? «Darüber lässt sich nur spekulieren», sagt Andreas Münch (58), Leiter der Bundeskunstsammlungen. Putin sei aber sehr bewandert in der deutschsprachigen Kultur, das Geschenk sei also sicher nicht zufällig ausgewählt.

Die Silbervasen des Samuraischwert-Schmieds

Von den älteren Objekten weiss man oft nicht, woher sie stammen und was sie wert sind. Vom historischen Wert dreier japanischer Silbervasen etwa erfuhr Münch erst, als ein Professor für ostasiatische Kunst die Schatzkammer besuchte.

In der Geschenke-Kammer im Berner Monbijou lagert der Bund seine diplomatischen Geschenke.
Foto: Thomas Müller
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Dieser habe dann erkannt, dass die Vasen vom japanischen Samuraischwert-Schmied Shukyo Tsukada (1848–1914) stammen. Er hatte solche Vasen für den japanischen Kaiserhof als offizielle Geschenke hergestellt, als das Tragen der Samuraischwerter verboten worden war.

Das arabische Gewehr

Die Sammlung enthält viele Waffen. Etwa ein kunstvoll ausgestaltetes Gewehr aus dem arabischen Raum. «Waffen als Geschenk haben eine lange Tradition. Diese wird gerade in der arabischen Welt noch heute gepflegt», erklärt Münch die vielen Schwerter und Dolche.

Maurers Heiligenschein-Bild

In den letzten Jahren kamen nur wenige Geschenke dazu. Wegen der Corona-Pandemie wurde viel weniger gereist. Münch hat Blick die paar Dutzend, die der Bund in dieser Zeit erhalten hat, gezeigt. Etwa eine spezielle Fotografie von Maurers Staatsbesuch in Kasachstan. Auf dem Bild schüttelt Maurer dem damaligen Präsidenten Qassym-Schomart Toqajew (69) des Landes die Hand.

Was das Bild speziell macht: Die Fahne im Hintergrund scheint Maurer eine Art Heiligenschein zu geben. «Dass man jemanden bei Empfängen genau so vor die Fahne platziert, ist eine Pointe unter Diplomaten. Es gibt Bilder aus anderen Ländern, bei denen der Gast so fotografiert wurde», sagt Münch.

Sommarugas Riesen-Komposition

In der Sammlung befindet sich auch ein Geschenk, das die abtretende Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) erhalten hat. Der Schweizer Komponist David Nouga hat ihr eine Komposition geschenkt. Anhand der Noten wird Sommaruga, von Beruf Pianistin, das Stück wohl nie gespielt haben. Denn das Buch mit den Musiknoten ist viel zu gross, um es auf den Flügel zu stellen. Münch reicht es von Knie bis Kinn.

Das kanadische Gemälde

Auch über die Innenpolitik anderer Länder verrät die Sammlung Interessantes. Das neueste Stück im Lager ist ein rotes Gemälde, das ein indigener kanadischer Künstler zur Feier des 150. Geburtstags von Kanada für die Schweiz gemalt hat. Es zeigt eine Mischung von indigenen und Schweizer Motiven.

Der Ogi-Teppich

Ein ganz besonderes Stück der Sammlung ist im Moment ausgeliehen: Der Ogi-Teppich, ein handgeknüpfter Orientteppich, in dessen Mitte ein Porträt von alt Bundesrat Adolf Ogi (80) prangt. Dieser hat das Kunstwerk vom usbekischen Präsidenten Islom Karimov (1938-2016) erhalten.

Die Sammlung der «Cadeaux Diplomatiques»

Gesammelt werden solche Geschenke erst seit drei, vier Jahrzehnten. Davor wurden sie irgendwo aufgestellt oder gar behalten. «Die Geschenke haben interessante Geschichten. Meist ist die Geschichte spannender als das Objekt selbst», sagt der Kunsthistoriker Münch. Mit ihnen könne man etwa die Orte, an denen die Diplomatie der Schweiz stattfand, rekonstruieren.

Die Sammlung der Objekte heisst «Cadeaux Diplomatiques». Entgegen ihres Namens enthält diese nicht nur diplomatische Geschenke. Alle Geschenke, die Bundesangestellte im Dienst erhalten, auch jene im Inland, gehören zur Sammlung. Zum Beispiel auch das Fahnen-Bild im Büro von Sommaruga, das jüngst zu reden gab.

Ab 200 Franken muss man melden

Heute ist Vorschrift, dass Geschenke ab einem Wert von 200 Franken, die man aus Höflichkeit nicht ablehnen kann, melden muss. Der Vorgesetzte entscheidet dann, was damit geschieht.

In der Realität landen viele Geschenke zuerst im Büro oder im Departement der Bundesrätin oder des Bundesrates. Mit der Räumung der Büros von Sommaruga und Maurer und dem Ende von Ignazio Cassis’ (61) Präsidialjahr sind neue Geschenke im Anmarsch. Die Geschenke-Kammer des Bundes wird als bald um neue Schätze und Geschichten reicher.

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