Beschleunigte Asylverfahren
Schon wieder IT-Probleme beim Bund

Damit die Asylverfahren schneller durchgeführt werden können, braucht der Bund eine neue IT-Infrastruktur. Bei deren Einführung hapert es – wieder einmal.
Publiziert: 18.02.2019 um 09:34 Uhr

Am 1. März tritt in der Schweiz das neue Asylsystem mit beschleunigten Verfahren in Kraft. Sechzig Prozent der Asylgesuche will der Bund künftig innert 140 Tagen in Bundeszentren erledigen. Nur wenn sich ein längeres Verfahren abzeichnet, sollen Asylsuchende auf die Kantone verteilt werden. 

Für die neuen Verfahren braucht der Bund auch ein neues IT-System. Der Austausch zwischen Bund und Kantonen, aber auch mit Rechtsberatungsstellen und Übersetzern, soll auf elektronischem Weg erfolgen. Eines der neuen Programme, die dafür eingesetzt werden, ist das Informationssystem E-Retour, in dem künftig alle Daten zum Rückkehr- und Ausreiseprozess von abgewiesenen Asylsuchenden erfasst werden sollen.

Bund habe Prioritäten falsch gesetzt

Sollen. Denn zwei Wochen vor dem Start läuft noch nicht alles so, wie gewünscht. Die «NZZ» berichtet von Problemen und Verzögerungen. Die Leiterin der Abteilung Asyl beim Staatssekretariat für Migration (SEM) habe «dem Vernehmen nach» externe Hilfe beiziehen müssen. Ein Engpass sei beispielsweise beim Informatik-Servicezentrum des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) aufgetaucht. 

Die beschleunigten Asylverfahren werden ab 1. März bei allen neuen Asylgesuchen angewandt.
Foto: Keystone
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In den Kantonen sorgen die IT-Probleme für rote Köpfe. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren habe wegen der Probleme mehrfach beim Bund interveniert, schreibt die «NZZ». Das EJPD habe das Projekt zu spät aufgegleist und die Prioritäten falsch gesetzt, kritisiert Marcel Suter, Präsident der Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden. Die Leidtragenden seien die Kantone und die Asylregionen. «Die Verzögerung hat uns ziemlich verärgert», sagt er. 

System funktioniert – zumindest zum Teil

Der Bund räumt Fehler ein. Das Informatikzentrum des EJPD hätte womöglich früher in das Projekt eingebunden werden müssen, sagt ein Sprecher zur «NZZ». Die elektronischen Systeme sollen laut seinen Angaben ab 1. März funktionieren und den Anforderungen genügen – allerdings nur den minimalen. Im ersten Jahr werde es noch technische Anpassungen und Ergänzungen geben, so das SEM. Im Klartext: Es gibt noch viel zu tun. 

Die IT-Probleme beim SEM lassen Erinnerungen an frühere Informatik-Pannen beim Bund wach werden. Erst im Herbst vergangenen Jahres sorgten IT-Probleme bei der Steuerverwaltung für Schlagzeilen. Auch hier hatten die Behörden mit der Software Fiscal-IT ein Programm eingeführt, das noch alles andere als ausgereift war. Wegen der Mängel kam es zu massiven Produktivitätseinbussen. Unvergessen zudem das Debakel um das IT-Projekt Insieme der Steuerverwaltung, für das der Bund über 100 Millionen Franken verlochte. (lha)

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