Bedingungsloses Grundeinkommen
Wie weit reichen die 2500 Franken?

Am 5. Juni entscheidet das Stimmvolk über das bedingungslose Grundeinkommen. 2500 Franken pro Person stehen zur Debatte. Doch reicht das für ein menschenwürdiges Dasein, wie es die Initiative verlangt? BLICK liess sich für eine Einzelperson und eine vierköpfige Familie ein Budget erstellen.
Publiziert: 11.05.2016 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:55 Uhr
Ruedi Studer

Gratis-Geld für jeden! Das verspricht die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, über welche das Stimmvolk am 5. Juni entscheidet. Wie hoch das Grundeinkommen sein soll, lässt die Initiative offen. Die Initianten schlagen 2500 Franken für jeden Erwachsenen und 625 Franken pro Kind vor. Klar ist aber die Zielsetzung: Das Grundeinkommen soll allen «ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen». 

Was also, wenn jemand auf jegliches Zusatzeinkommen verzichtet und nur noch vom Grundeinkommen lebt? Was kann man sich überhaupt noch leisten?

«2500 Franken – das ist ein typisches Studentenbudget»

BLICK machte die Probe aufs Exempel und liess sich von Ursula Grimm (60), Vorstandsmitglied von Budgetberatung Schweiz und Budgetberaterin beim Beratungspunkt Winterthur, zwei Grundeinkommen-Budgets erstellen. Einerseits für eine Einzelperson mit 2500 Franken, andererseits für eine Familie mit zwei Kindern mit 6250 Franken (siehe Tabelle). Dabei stützt sich Grimm auf Erfahrungswerte und schweizerische Durchschnittszahlen.

Budgetberaterin Ursula Grimm: «2500 Franken – das ist ein typisches Studentenbudget.»
Foto: Philippe Rossier

«2500 Franken – das ist ein typisches Studentenbudget», kommentiert Grimm das erste Beispiel. «Fürs Wohnen empfiehlt sich da eine WG – für eine eigene Wohnung, auch nur mit einem Zimmer, reicht das Geld in der Regel nicht.» Alleine die Fixkosten wie Versicherungen oder Energiekosten fressen mehr als die Hälfte des Budgets auf.

«Ein Auto liegt auf jeden Fall nicht drin und Ferien kann man sich tendenziell nur noch als Couchsurfer oder als Gratis-Feriengast leisten», meint Grimm. Selbst ein Haustier ist in diesem Fall nicht mehr selbstverständlich.

Etwas mehr Spielraum erhält man aber – und das hängt vom Wohnort ab – bei einer tieferen Steuerbelastung. Oder wenn man eine Prämienverbilligung erhält. «Allerdings stellt sich die Frage, was bei einer Annahme der Initiative mit solchen Entlastungen passiert. Fällt die Prämienverbilligung dann weg?», so Grimm.

Für sie ist klar: «Für eine Einzelperson, die nur das Grundeinkommen bezieht, ist das Leben mit viel Verzicht verbunden. Grosse Sprünge sind da nicht möglich.»

«Je älter die Kinder werden, umso teurer werden sie»

Etwas besser sieht es für die vierköpfige Familie aus. «In der Budgetberatung haben wir auch Klienten, die nur mit 4500 Franken haushalten müssen – und damit mit viel Organisationstalent und Fantasie zurecht kommen», weiss Grimm. «Doch auch mit 6250 Franken ist man weit von einem Luxusleben entfernt. Kommt hinzu: Je älter die Kinder werden, umso teurer werden sie.»

Beim Wohnen rechnet sie mit einer Viereinhalbzimmer-Wohnung. «Das ist bei einer Schweizer Familie heute üblich.» Und besuche ein Kind ausserhalb des Wohnorts eine Schule, sei auch das  ÖV-Budget rasch mal gesprengt. «Ein Auto liegt jedenfalls auch in diesem Fall kaum drin», erklärt Grimm. «Das heisst auch: Um das ÖV-Budget nicht allzu stark zu strapazieren, müssen Fahrten wohl überlegt werden.»

Auch andernorts müsse sich die Familie einschränken: «Beim Essen kommt wohl weniger Bio und weniger Fleisch auf den Tisch, wobei meistens selber gekocht wird. Und bei den Kleidern geht man öfter mal zur Kleiderbörse als in den Laden.»

Einen Spartipp hat Grimm fürs Einkaufen aber parat: «Entscheidend sind nicht etwa Aktionen, sondern dass man nur das einkauft, was man wirklich braucht.»

Die Initianten machten 2013 mit acht Millionen 5-Rappen-Stücken auf dem Bundesplatz auf sich aufmerksam. Doch nur mit einem Grundeinkommen schwimmt man noch lange nicht im Geld.
Foto: PETER KLAUNZER

Geld reicht für menschenwürdiges Dasein

Klar ist: Vor allem Sozialhilfebezüger und tiefere Einkommen würden mit dem Grundeinkommen tendenziell besser gestellt. «Die Rolle als Bittsteller würde damit wegfallen», meint Grimm. Trotzdem sind für sie bei der Initiative noch viele Fragen offen – «obwohl ich die Diskussion darüber sehr wichtig und spannend finde».

Ein gewisses Budget-Risiko bringt die Initiative nämlich durchaus mit sich, meint Grimm: «Je mehr Freizeit man hat, umso mehr Zeit hat man auch, um Geld auszugeben.»

Und was sagt die Budgetberaterin zur Kernziel der Initiative: Ist mit den Budgetvorgaben der Anspruch der Initianten auf «ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben» erfüllt? Grimms Antwort: «Ja, aber nur bei Personen mit bescheidenen Ansprüchen und einer hohen Finanzkompetenz.»

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