Bauern-Ritter warnt vor Mehrkosten
Kippen die Bauern die Rentenreform?

In der Frühlingssession kommt es zum Showdown um die Pensionskassen-Reform. Die Linke hat das Referendum schon angekündigt. Doch auch in Bauern- und Gewerbekreisen herrscht Unzufriedenheit. Die Reform werde «wahnsinnig teuer», warnt der oberste Landwirt Markus Ritter.
Publiziert: 27.02.2023 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 27.02.2023 um 20:53 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Jetzt kommts zum Showdown um die Pensionskassen-Reform. In der Frühlingssession entscheidet das Parlament über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG). Linke und Gewerkschaften haben bereits das Referendum angekündigt. Doch nun könnte die Vorlage schon im Parlament scheitern.

Denn auch im bürgerlichen Lager gibt es kritische Stimmen. Allen voran bei den Bauern. «Was derzeit auf dem Tisch liegt, wird für unsere Branche wahnsinnig teuer», sagt Bauernverbandspräsident und Mitte-Nationalrat Markus Ritter (55, SG) zu Blick. «Die Unzufriedenheit ist in verschiedenen Tieflohn-Branchen gross.»

Höhere Lohnbeiträge

Denn mit den Varianten, die zur Debatte stehen, wird der versicherte Lohn gerade bei kleineren Einkommen enorm vergrössert. Einerseits zeichnet sich eine Senkung der Eintrittsschwelle ab, ab wann die Pensionskasse obligatorisch wird – womit rund 140'000 Angestellte neu und 60'000 Personen besser versichert würden. Andererseits soll auch der sogenannte Koordinationsabzug sinken, womit ebenfalls eine grössere Lohnsumme versichert würde.

Die Pensionskassen-Reform sorgt gerade in Tieflohn-Branchen für deutliche Mehrkosten. «Je nach Variante kommen auf die Bauern Mehrkosten von 41 bis 77 Prozent zu», sagt Bauernpräsident Markus Ritter.
Foto: keystone-sda.ch
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Mit finanziellen Folgen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende: Mit der versicherten Lohnsumme steigen auch die Lohnbeiträge. Zudem würden die Beitragssätze angepasst. Allein durch diese Anpassungen würden je nach Modell rund 1,6 bis 2,3 Milliarden Franken zusätzlich in die Pensionskassen fliessen.

Kosten haben Bauern aufgeschreckt

«Je nach Variante kommen auf die Bauern Mehrkosten von 41 bis 77 Prozent zu», rechnet Ritter vor. «Diese Zahlen haben uns erschreckt. Das ist für unsere Branche enorm und erhöht die Kosten gerade bei den Spezialkulturen deutlich.»

Kommt hinzu, dass auch die Arbeitnehmenden kaum profitieren würden. «Für Kleinverdiener werden die Kosten in der zweiten Säule massiv verteuert, ohne dass ihnen im Alter ein entsprechender Mehrwert entsteht», moniert Ritter. «Wer 35'000 Franken im Jahr verdient, muss über 1000 Franken jährlich mehr einzahlen und bekommt danach trotzdem nicht spürbar mehr. Die kleinen Einkommen haben es im BVG sehr schwer.»

Im Vorfeld der Entscheide hat der Bauernverband zusammen mit anderen Branchenverbänden bei den Politikerinnen und Politikern interveniert. Vergebens. «Wir haben uns für einen Mittelweg eingesetzt, doch die Briefe haben nichts genützt.»

Bauernvorstand entscheidet nächste Woche

Nächste Woche wird sich der Vorstand des Bauernverbands treffen und entscheiden, ob man die Vorlage in der Schlussabstimmung unterstützt oder nicht. «Angesichts der Gemengelage gebe ich der Reform keine grosse Chance, es droht der Absturz», so Ritter. «Scheitert sie nicht schon im Parlament, dann spätestens in einer Volksabstimmung.»

Dass die Vorlage schon in der Frühlingssession fällt, ist tatsächlich nicht auszuschliessen. Am Dienstag befindet der Nationalrat darüber, dort kommt das links-grüne Lager auf 69 von 200 Stimmen. Bis zur Mehrheit von 100 Gegenstimmen fehlt nicht viel. Dann können die Bauern rasch mal entscheidend werden, um die Rentenreform zu kippen.

FDP-Noser: «Ich bin immer noch dagegen»

Auch von Gewerbeseite könnte es Widerstand geben. «In unserem Verband gibt es verschiedene Stimmen», sagt Gewerbeverbandspräsident und Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (60, TI). «Einige Branchen sind mit der Lösung nicht zufrieden, aber die Bereitschaft für einen Kompromiss ist immer vorhanden.» Der Verband werde den Beschluss des Parlaments abwarten, bevor er sich positioniere.

Kritische Stimmen gibt es auch bei den Freisinnigen. Zu diesen gehört der Zürcher Ständerat Ruedi Noser (61). «Die Tiefzinsphase ist vorbei. Die BVG-Reform ist damit nicht mehr so dringend wie auch schon», sagte er schon früher gegenüber Blick. Und auch jetzt macht er klar: «Ich bin immer noch dagegen.»

Taktische Überlegungen im Wahljahr

Hinter den Kulissen hört man zudem, dass die BVG-Vorlage auch aus taktischen Gründen schon in der Schlussabstimmung abgeschossen werden könnte. Denn das Referendum wäre für die Linke ein willkommenes Wahlkampf-Geschenk.

So fragen sich einige Bürgerliche durchaus, ob man der Linken diese Plattform «mitten im Wahljahr» bieten wolle. Erst recht, weil man der BVG-Reform an der Urne wenig Erfolgschancen gibt.

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