Herr Cassis, jetzt scheint klar, dass Saudi-Arabien die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi befohlen hat. Was sagen Sie dazu?
Ignazio Cassis: Jeden Tag haben wir einen Zentimeter mehr Information. Das ist bedauerlich. Ein so wichtiger Fall müsste sofort und total aufgeklärt werden. Denn es hat Konsequenzen für die Beziehungen mit Saudi-Arabien, es hat Konsequenzen für die Sicherheit auf der Welt. Wir haben am Montag über einen Mitarbeiter der saudischen Botschaft ein drittes Mal eingefordert, dass schnell Licht in die Affäre gebracht wird.
Zum Jobprofil von Aussenminister Ignazio Cassis (57) gehören Reisen in alle Welt – gestern ging es für einmal nur nach Zürich: Der amtsjüngste Bundesrat besuchte den BLICK, liess sich von Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, den Newsroom zeigen. Besonders interessierte er sich für neue technologische Entwicklungen.
Zum Jobprofil von Aussenminister Ignazio Cassis (57) gehören Reisen in alle Welt – gestern ging es für einmal nur nach Zürich: Der amtsjüngste Bundesrat besuchte den BLICK, liess sich von Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, den Newsroom zeigen. Besonders interessierte er sich für neue technologische Entwicklungen.
Wie hat der Fall Khashoggi die Beziehungen der Schweiz zu Saudi-Arabien verändert?
Bis jetzt noch gar nicht, weil der Fall Khashoggi noch nicht beendet ist. Wir müssen zuerst die volle Wahrheit über diesen Fall haben. Aber die Indizien, die – eben Zentimeter für Zentimeter – an den Tag kommen, sprechen eine klare Sprache: eine Verletzung von Menschenrechten und von Rechtsstaatlichkeit. Wir müssen uns die Frage stellen, was das für die zwischenstaatlichen Beziehungen bedeutet. Und das werden wir bestimmt tun.
Sie haben gesagt, es sei noch nicht alles klar. Braucht es da gewisse Vorsichtsmassnahmen – etwa ein Moratorium für Kriegsmaterialexporte und eine Absage geplanter Reisen von Bundesratsmitgliedern?
Ich möchte betonen, dass die Schweiz wegen des Jemen-Kriegs ohnehin kein Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien exportiert ...
... im letzten Jahr waren es immerhin Güter im Wert von 4,7 Millionen Franken. Ersatzteile zwar, aber Ersatzteile für Kriegsmaterial.
In der Tat handelt es sich um Ersatzteile für alte Bestellungen, von denen keine Gefahr ausgeht. Wir sprechen tatsächlich von einer Summe zwischen vier und fünf Millionen Franken. Bedenken Sie, dass Deutschland Kriegsmaterial im Wert von 500 Millionen Franken liefert. Das ist eine andere Dimension. Aber in jedem Fall ist das eine wichtige Frage, die der Bundesrat auch besprechen wird. Wie auch die offiziellen Besuche. Ich glaube, je mehr wir über den Fall wissen, desto klarer wird auch unsere Position sein können.
Seit März dieses Jahres vertritt die Schweiz saudische Interessen im Iran. Ist das angesichts der aktuellen Entwicklung noch angemessen? Oder sagen Sie im Gegenteil: Das ist jetzt sogar umso wichtiger?
Es ist eine Gesamtbeurteilung nötig. Normalerweise tendieren wir in die zweite Richtung: Es wäre umso wichtiger. Kommt ein Land in Verruf oder disqualifiziert es sich, heisst es noch lange nicht, dass man dieses Land isolieren muss. Es braucht immer noch jemanden, der ein offener Kanal ist, wenn auch ein kritischer. Die Schweiz war und ist bis heute ein solches Land. Wir vertreten die Interessen des Irans in Saudi-Arabien und umgekehrt. Zwei Länder, die sozusagen im Krieg sind, in einem religiösen und psychologischen Konflikt. Wir müssen uns genau überlegen, was es heisst, wenn wir uns aus diesen guten Diensten zurückziehen. Das würde der Friedensförderung nicht guttun. Aber eben: Das sind Fragen, die wir uns stellen, wenn klar ist, was genau passiert ist.
Seit dem 2. Oktober wird der saudische Regierungskritiker und Journalist Jamal Khashoggi vermisst. Die Anzeichen verdichten sich, dass der 59-Jährige im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet und zerstückelt wurde. Der saudische Regierung streitet aber nach wie vor ab, hinter dem Verschwinden des Journalisten zu stecken.
Die neuesten Entwicklungen und Enthüllungen erfahren Sie hier im News-Ticker zum Thema.
Seit dem 2. Oktober wird der saudische Regierungskritiker und Journalist Jamal Khashoggi vermisst. Die Anzeichen verdichten sich, dass der 59-Jährige im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet und zerstückelt wurde. Der saudische Regierung streitet aber nach wie vor ab, hinter dem Verschwinden des Journalisten zu stecken.
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