Auns will Personenfreizügigkeit kündigen
Der Angriff auf die Bilateralen beginnt

Noch in diesem Jahr soll eine Volksinitiative zur Kündigung lanciert werden. Das hat die Auns beschlossen. Wie klar das Begehren formuliert wird, ist aber völlig offen.
Publiziert: 06.05.2017 um 13:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:38 Uhr
Sermîn Faki

Die Delegierten der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) haben in Bern mit 504 Stimmen – einstimmig – beschlossen, eine Volksinitiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit zu lancieren. 

Hintertür bei der Lancierung

Der Initiativtext wird in Kooperation mit der SVP erarbeitet und vom Auns-Vorstand definitiv verabschiedet. Die Unterschriftensammlung soll bis spätestens Ende Jahr starten. Obwohl sich die Strategen hier eine Hintertür offen gelassen haben. Im Beschluss heisst es wörtlich: «Die AUNS-Mitgliederversammlung erteilt dem Vorstand die Kompetenz, den Start der Unterschriftensammlung in der zweiten Jahreshälfte 2017 festzulegen.»

Auns-Präsident Lukas Reimann. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Foto: ANTHONY ANEX

Streng genommen könnte das auch bedeuten, dass bis Ende Jahr der Entscheid gefällt werden muss, wann man beginnt. Darauf, dass sich zumindest die SVP allenfalls Zeit lassen und den strategisch besten Moment abwarten will, lässt ein Votum von Auns-Gründer und SVP-Übervater Christoph Blocher schliessen: Er warnte vor einem zu frühen Start. Auns-Präsident Lukas Reimann will aber noch dieses Jahr mit dem Sammeln beginnen – zur Not auch ohne die SVP.

Christoph Blocher, Gründungspräsident der Auns, alt Bundesrat und SVP-Übervater, stimmt an der 32. ordentliche Mitgliederversammlung der Auns für die Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Foto: ANTHONY ANEX

Drei Varianten zur Auswahl

In den nächsten Monaten wird es zunächst darum gehen, einen Initiativtext auszuarbeiten. Derzeit liegen drei Varianten auf dem Tisch, die von einer SVP-Auns-Arbeitsgruppe unter Leitung des alt Nationalrats Caspar Baader (BL) erarbeitet wurden: 

1. Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens (PFZ) mit der EU innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Volksinitiative. Diese Variante konzentriert sich ausschliesslich auf die Aufhebung des Personenfreizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Die Personenfreizügigkeit mit den Efta-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen wäre gemäss Baader nicht betroffen.

2. Verbot des Prinzips der Personenfreizügigkeit verbunden mit einer Kündigung des PFZ-Abkommens mit der EU. Diese Variante verbietet den Abschluss von Verträgen oder völkerrechtliche Verpflichtungen, welche Ausländern eine Personenfreizügigkeit gewähren. Auch bereits bestehende Verträge dürfen nicht um eine Personenfreizügigkeit erweitert werden. Offenbar besteht die Befürchtung, dass man etwa das Schengen-Abkommen in diesem Sinn anpassen könnte, wenn die PFZ wegfällt.

Caspar Baader, Chef Arbeitsgruppe AUNS-SVP. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Foto: ANTHONY ANEX

Zudem sieht auch Variante 2 als Übergangsbestimmung die Kündigung des bestehenden PFZ-Abkommens mit der EU innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Initiative vor.

3. Verbot des schädlichen Prinzips der Personenfreizügigkeit und Vorrang dieser Verfassungsbestimmung vor völkerrechtlichen Verträgen. Diese Variante legt fest, dass es zwischen der Schweiz und der EU keine PFZ geben darf. Diese Bestimmung soll zudem sämtlichen bestehenden und neuen völkerrechtlichen Verträgen vorgehen.

Eine Kündigung der PFZ sieht diese Variante nicht vor. Stattdessen geht sie davon aus, dass die Personenfreizügigkeit auch ohne Kündigung aufgelöst werden kann. Sollte sich die EU darauf nicht einlassen, müsste der Bundesrat Kontingente erlassen, so Baader. «Ob die Landesregierung das dann tun wird, ist die grosse Frage», sagte er.

Das Thema weiter köcheln lassen

Daher stellt sich die Frage, warum die SVP und Auns überhaupt eine Variante prüfen, die derart viele Hintertüren hat und alle andere als klar formuliert ist. Die SVP begründet, dass man damit gleichzeitig den Vorrang von Landesrecht vor Völkerrecht in der Verfassung verankern würde. Doch steckt mehr dahinter? Die Variante gibt der Partei nämlich darüber hinaus die Möglichkeit, das Thema Zuwanderung am Köcheln zu halten – ganz so, wie dies die Masseneinwanderungs-Initiative geschafft hat.

Welche Variante die Auns-Mitglieder bevorzugen, war nicht auszumachen. Eine Diskussion gab es nicht, das Wort wurde aber auch nicht freigegeben. Nach der Auns sind nun die SVP-Delegierten an der Reihe. Sie werden sich am 24. Juni mit den Vorschlägen befassen und das weitere Vorgehen festlegen. 

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