Attacken mit Bier oder Torten sind verbreitet
Nur Mario Fehr nimmt es bierernst

Bier, Joghurt oder Torten: Diese Menüwahl ist für Angreifer auf Bundesräte und andere Schweizer Politiker die Regel. Eine Ausnahme ist jedoch die Reaktion von SP-Sicherheitsdirektor Mario Fehr auf eine solche Attacke.
Publiziert: 22.04.2018 um 23:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:25 Uhr
Andrea Willimann

Bierernst war es dem Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (59): Am 13. Mai 2017 wurde der Fussballfan an einem Heimspiel des FC Winterthur gegen den FC Zürich von einem Winterthur-Fan mit Bier überschüttet. Der Bierregen wurde zum Fall: Wegen eines Strafantrags von Fehr ermittelte die Kantonspolizei Zürich. 

Beim Angreifer handelt es sich um den Sohn der Thurgauer Sicherheitsdirektorin Cornelia Komposch (54). Ausgerechnet von einer Kollegin Fehrs aus der gleichen Partei und dem gleichen Fach. Sohn Komposch und Fehr vereinbarten Stillschweigen. Doch zu diesem Zeitpunkt waren Hopfen und Malz schon verloren: Der Fall erregte Aufmerksamkeit, Medien veröffentlichten jetzt die Details. Cornelia Komposch bedauert das Verhalten ihres Sohnes im «SonntagsBlick».

Statt Verfahren ist Schweigen die Regel

Lebensmittelattacken sind in der Schweizer Politik nichts Neues, sehr wohl aber die Reaktion Fehrs. Die bekanntesten der bisherigen Angriffe liefen ohne Strafanzeigen der Betroffenen ab, obwohl sogar Bundesräte involviert waren. 2004 wurde der damalige Bundesrat Pascal Couchepin (76) von Tessiner Gewerkschaftern mit Bier bespritzt, und an seinen Bundesratskollegen Hans-Rudolf Merz (FDP, 75) und Micheline Calmy-Rey (SP, 72) flogen 2004 und 2012 Torten vorbei.

Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr (SP) erlebte eine Bierdusche und stellte einen Strafantrag.
Foto: Keystone
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Die volle Wucht einer Kalorienbombe spürte Bundesrat Ueli Maurer (67), zu seinen Zeiten als SVP-Parteipräsident 1999. Süss war im gleichen Jahr auch eine Attacke mit Joghurt auf alt SVP-Bundesrat Christoph Blocher (77). Die damaligen Nationalräte putzten die Schmiererei einfach ab.

Kein Pardon bei Verletzungen

SVP-Politiker scheinen beliebte Zielscheiben zu sein. So der Berner Nationalrat Erich Hess (37). «Ich wurde schon mehrfach von Bier getroffen. Das lässt man dann trocknen, und es gibt ein neues, basta.» Eine Bierattacke gegen Hess gelangte 2016 in die Medien, obschon er sie – wie Fehr – erst nicht öffentlich machte: «Die Angreifer erhalten so Aufmerksamkeit, die Hemmschwelle sinkt, und es gibt Nachahmungstäter.»

Eine Grenze haben die Lebensmittelanwürfe aber auch bei Hess: «Würde ich körperlich verletzt, ginge ich sofort zur Polizei.»

Es geht auch anders, Herr Fehr

Kommentar von Marcel Odermatt, Politik-Journalist

Mario Fehr hat ein Lieblingsthema: Fussball. Wer mit dem Zürcher Sicherheitsdirektor spricht und signalisiert, dass ihn die Kickerei auch interessiert, dem zeigt er im Nu ein Video vom letzten Match, den Fehr besucht hat. Dann schwärmt der ­Regierungsrat von einem Wahnsinnsspiel, der irrsinnigen Ambiance im Stadion und gleich vom nächsten Spiel, das er in Bälde besuchen werde.

Dass ihm nach einem Duell zwischen dem FC Zürich und dem FC Winterthur in einer Fan-Bar zwei Rüpel Bier über Kopf und Bauch leeren, wird ihn verständlicherweise masslos geärgert haben. Zu Recht. Das geht überhaupt nicht!

Was aber auch nicht geht, ist der offensichtliche Übereifer, den Fehr an den Tag legte, um die Täter ausfindig zu machen. Laut dem Onlinemagazin «Republik» mobilisierte der SP-Mann mehrere Polizisten und ­einen Kadermitarbeiter seiner Direktion, um die Übeltäter zu stellen. Das ist – bei allem Respekt für den wohl populärsten Regierungsrat des grössten Kantons – ­lächerlich und übertrieben. Fehr lässt jede Souveränität vermissen.

Es geht aber auch anders. Das zeigt die Reaktion der Mutter eines der Bierduscher – die Thurgauer Exekutivpolitikerin Cornelia Komposch. Auch sie ist Sozialdemokratin. Auf die Affäre von dieser Zeitung angesprochen, meint sie sofort und ohne jede Schönrederei: «Ich bedaure, was mein Sohn getan hat. Das ist inakzeptabel.» Er sei aber erwachsen und für sein Tun selber verantwortlich. Damit sei der Fall für sie erledigt. Und Schluss.

Fehr könnte sich von seiner Kollegin eine Scheibe abschneiden.

Marcel Odermatt, Politik-Redaktor.
Marcel Odermatt, Politik-Redaktor.

Kommentar von Marcel Odermatt, Politik-Journalist

Mario Fehr hat ein Lieblingsthema: Fussball. Wer mit dem Zürcher Sicherheitsdirektor spricht und signalisiert, dass ihn die Kickerei auch interessiert, dem zeigt er im Nu ein Video vom letzten Match, den Fehr besucht hat. Dann schwärmt der ­Regierungsrat von einem Wahnsinnsspiel, der irrsinnigen Ambiance im Stadion und gleich vom nächsten Spiel, das er in Bälde besuchen werde.

Dass ihm nach einem Duell zwischen dem FC Zürich und dem FC Winterthur in einer Fan-Bar zwei Rüpel Bier über Kopf und Bauch leeren, wird ihn verständlicherweise masslos geärgert haben. Zu Recht. Das geht überhaupt nicht!

Was aber auch nicht geht, ist der offensichtliche Übereifer, den Fehr an den Tag legte, um die Täter ausfindig zu machen. Laut dem Onlinemagazin «Republik» mobilisierte der SP-Mann mehrere Polizisten und ­einen Kadermitarbeiter seiner Direktion, um die Übeltäter zu stellen. Das ist – bei allem Respekt für den wohl populärsten Regierungsrat des grössten Kantons – ­lächerlich und übertrieben. Fehr lässt jede Souveränität vermissen.

Es geht aber auch anders. Das zeigt die Reaktion der Mutter eines der Bierduscher – die Thurgauer Exekutivpolitikerin Cornelia Komposch. Auch sie ist Sozialdemokratin. Auf die Affäre von dieser Zeitung angesprochen, meint sie sofort und ohne jede Schönrederei: «Ich bedaure, was mein Sohn getan hat. Das ist inakzeptabel.» Er sei aber erwachsen und für sein Tun selber verantwortlich. Damit sei der Fall für sie erledigt. Und Schluss.

Fehr könnte sich von seiner Kollegin eine Scheibe abschneiden.

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