Schweizer Stars warnen vor «Blackout» bei No-Billag-Ja
«Die Schweiz würde ein Stück Identität verlieren»

Die SRG unterstützt die Filmbranche mit viel Geld. Jetzt ziehen Stars wie Bruno Ganz oder Stefan Gubser gegen das Begehren ins Feld, das dem TV-Multi die Gebühren entziehen will.
Publiziert: 30.12.2017 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 15:53 Uhr
Werber Frank Bodin kämpft gegen No Billag. Er sagt: «Die Schweiz verlöre ein Stück Identität.»
Foto: Tina Sturzenegger
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Marcel Odermatt

Ohne die Hilfe der SRG wären die Karrieren vieler Schweizer Stars anders verlaufen – die meisten verdanken der Sendeanstalt einen Gutteil ­ihrer Popularität. Nun braucht die SRG selber Unterstützung.

Und die bekommt sie: Am 11. Januar 2018 werfen sich die wichtigsten Schweizer Schauspieler der Gegenwart – Bruno Ganz (76), Stefan Gubser (60), Tonia Maria Zindel (45) und Joel Basman (27), aber auch Musiker wie Seven (39) oder Stefanie Heinzmann (28) für den TV-Sender in die No-Billag-Schlacht. Am 4. März stimmt das Volk über die Initiative ab. Sie verlangt eine Abschaffung der TV- und Radio-Gebühren.

Die Grössen des Showbusiness treten in Werbespots auf, die in Kinos und auf sozialen Medien geschaltet werden. Bruno Ganz erscheint bei einem Auftritt im Freien. Er wird in Nahaufnahme gefilmt. Theatralisch streckt er den Zuschauern seine Hand entgegen. Dann wird der Bildschirm schwarz, als ob der Fernseher den Geist aufgibt. Im Abspann heisst es: «Nein zum Blackout – Nein zu No-Billag».

Der Kreative hinter der Offensive heisst Frank Bodin (55): «Der Kampf gegen No Billag ist mir eine Herzensangelegenheit. Bei einem Ja müsste der Betrieb eingestellt werden», sagt der Werber zu SonntagsBlick. Er habe deshalb das Konzept für die Aktion kostenlos entworfen.

«Die Schweiz verlöre ein Stück Identität», sagt Bodin. Der Zusammenhalt des Landes würde leiden und die mediale Abhängigkeit von ausländischen Anbietern sowie von wirtschaftlichen und politischen Interessengruppen grösser.

Die Stars hängen am SRG-Tropf

Umgekehrt ist aber auch die Abhängigkeit der Film- und TV-Stars von der SRG gross. Die Branche hängt massgeblich am Tropf von Leutschenbach. 1996 schuf die Anstalt zusammen mit Partnern aus der Filmbranche den sogenannten Pact de l’audiovisuel. Ergebnis: In den vergangenen 30 Jahren inves­tierte der Sender über 300 Mil­lionen Franken in die Filmförderung – allein 2016 waren es 27,5 Millionen.

Von dem Geldsegen profitieren jährlich rund 150 heimische Produktionen. Weitere 30 Millionen kommen vom Bundesamt für Kultur. Auch die Landesregierung will von No Billag nichts wissen.

Finanziert werden die Spots laut Bodin unter anderem vom Dachverband der Schweizer Film- und Audio­visions­branche Cinésuisse. Auch dieser Verband hat beste Drähte zur SRG. Immerhin amtet als deren Präsident Matthias Aebischer (50). Der Berner SP-Nationalrat ist ehemaliger Moderator des Senders.

Dass sich nun auch die Bildschirm- und Leinwand-Stars gegen No Billag engagieren, erscheint in diesem Licht nur konsequent.

Oder wie es in einem der künftigen Video-Clips heissen soll: «Ohne Schweizer Radio und Fernsehen würden viele ­Musikerinnen und Musiker keine Bühne haben.»

Abzuwarten bleibt, wie das ­Publikum auf die Auftritte der Stars reagieren wird.

Nach einer Idee des Chefs der Werbeagentur Havas Worldwide soll das Publikum an der ­Offensive beteiligt werden: Auch Zuschauer können ein Blackout-Video mit ihrer Botschaft drehen, das dann auf einer Facebook-Seite aufgeschaltet wird. In der Werbe-Marketing-Sprache heisst das so: «Es wird eine Testimonial-Solidaritäts-Kampagne lanciert.»

Solidarität mit der bisher übermächtigen und selbstsicheren SRG? In einem heiss umstrittenen ­Abstimmungskampf wie diesem scheint tatsächlich alles möglich!

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