BLICKpunkt
Es geht um die Zukunft

Am Sonntag stimmen wir über die Energiezukunft ab. Ein Nein wäre verantwortungslos gegenüber künftigen Generationen. Ein Kommentar von Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Publiziert: 17.05.2017 um 23:42 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:41 Uhr
Christian Dorer-2.jpg
Christian Dorer

Sie, die Leser von BLICK und die Bürger der Schweiz, stehen vor einer der wichtigsten Abstimmungen unserer Zeit: Am Sonntag entscheiden Sie, wie viel Energie uns im Jahr 2050 zur Verfügung stehen soll und wie sie erzeugt wird. Wenn Sie zum Energiegesetz Ja sagen, sagen Sie gleichzeitig Nein zu den fünf Atomkraftwerken – die werden dann in den nächsten Jahren abgeschaltet. Schweizer Strom soll in Zukunft aus Wasser, Sonne, Wind und Erdwärme entstehen. Zudem ist vorgesehen, dass der Stromverbrauch innert 35 Jahren um 13 Prozent sinkt, der gesamte Energieverbrauch gar um 43 Prozent.

Diese Ziele lassen sich nur mit grossen Anstrengungen erreichen: Entsprechend kritisch ist die Stimmung im Volk – bei unserer Podiumsdiskussion BLICK on tour bekamen wir das deutlich zu spüren.

Die Vision vom Atomausstieg entstand nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Doch die ist mehr als sechs Jahre her – und die Diskussion inzwischen beim Hickhack um die Kosten angelangt. Die SVP sagt, ein vierköpfiger Haushalt müsse 3200 Franken pro Jahr zusätzlich zahlen. Der Bundesrat sagt, es seien 40 Franken. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Aber gleichgültig, was es den Einzelnen kostet: Wir können – und wir müssen – uns die Energiewende leisten! Allein schon aus Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

Wie wir heute leben, ist mehr als unverantwortlich: Wir produzieren tonnenweise strahlende Abfälle, von denen im Extremfall bis zu einer Million Jahre Gefahr ausgeht! Keine Generation vor uns hat ihren Nachgeborenen derartige Altlasten hinterlassen.

Wir sind dabei, in nur zwei Jahrhunderten sämtliche Erdölreserven zu verfeuern, die unsere Erde über Jahrmillionen angesammelt hat. Keine Generation vor uns handelte jemals derart verschwenderisch.

Und all das, obwohl die Alternativen längst zur Verfügung stehen: erneuerbare Energien, die keine wertvollen Rohstoffe mehr verschleudern, die unsere einzigartige Erdatmosphäre nicht zerstören, die keine tödlichen Altlasten hinterlassen. 

Niemand will weniger Wohlstand. Und niemand soll sich einschränken müssen. Immer mehr Menschen in immer mehr Ländern geht es immer besser. Sollen wir anderen verwehren, was wir längst für selbstverständlich halten? Auto, Heizung, Klimaanlage, Ferienreisen und mobile Elektronik wie das Handy?

Wunderbar, was die Menschheit erreicht hat! Doch es ist feige, auf Kosten künftiger Generationen zu leben. Wir sollten nur verbrauchen, was wir auch selber bezahlen können. Deshalb ist ihr Preis kein legitimes Argument gegen die Energiewende. 

Wie barbarisch war doch das Mittelalter! Wie willkürlich die herrschenden Eigentumsverhältnisse! Wie primitiv die Politik! Ja, wir wundern uns über unsere Vorfahren. Aber was werden künftige Generationen über uns denken, nachdem wir die Erde endgültig geplündert haben?

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?