Röbi Kollers Mut zur Wahrheit
Diana (25) erfuhr, dass ihre Mutter vermutlich tot ist

TV-Checker Peter Padrutt, der selber Adoptivvater ist, lobt Röbi Koller. In seinem «Happy Day» zeigte er, wie kompliziert die Suche nach Wurzeln für Kinder sein kann.
Publiziert: 07.05.2018 um 08:50 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2018 um 14:42 Uhr
Peter Padrutt

Am Samstag war wieder einmal «Happy Day» für meine Frau Pia. Das Finale von «Deutschland sucht den Superstar» liess sie links liegen. Sie interessierte sich für die Geschichte der 25-jährige Diana aus Bützberg BE. Röbi Koller war für seine Sendung mit Diana nach Kolumbien gereist, denn die junge Frau, die heute selber zwei Buben hat, wollte wissen, woher sie stammt und wer ihre leibliche Mutter sein könnte.

Berührende Begegnung

Wir haben selber zwei Kinder aus Kolumbien adoptiert, die heute 19 und 22 Jahre alt sind. Pia ist selber mit unserer Tochter Alina vor fünf Jahren nach Ibague gereist. Mitten im Dschungel fanden die beiden schliesslich die Pflegemutter unserer Tochter. Das war nicht einfach, denn noch immer sind in Kolumbien nicht alle Menschen registriert. Und Alina kam 1998 in einer Zeit zur Welt, als Kolumbien noch vom Farc- und Drogenkrieg beherrscht wurde. Schlussendlich wurde es eine berührende Begegnung, und nächstes Jahr wollen die beiden wieder hinreisen. 

Ich hingegen gebe zu: Ich war schon früher etwas skeptisch, wenn Röbi Koller nach Kolumbien reiste, um Adoptierten bei ihrem grössten Wunsch zu helfen, nämlich die leiblichen Eltern zu finden. Es ist zwar verständlich, dass Menschen auf Spurensuche das Fernsehen als Recherchenhilfe hinzuziehen. Der Druck auf Behörden ist grösser.

In seinem «Happy Day» zeigte Röbi Koller, wie kompliziert die Suche nach Wurzeln für Kinder sein kann.
Foto: Screenshot SRf
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Wurzelsuche ist eine intime Angelegenheit

Aber am Ende ist die Wurzelsuche auch eine intime Angelegenheit. Was herauskommt, ist unsicher – das zeigte auch dieser Beitrag über Diana. Immerhin muss man Röbi Koller attestieren, und das gilt auch für diesen Bericht, seine Zusammenführungen sind deutlich weniger voyeuristisch inszeniert, als viele Formate des Privatfernsehens, die meistens im Happy End münden. In Wahrheit ist es so: Wo keine gemeinsame Vergangenheit ist, kann diese nicht mit Hilfe einer Fernsehshow konstruiert werden. Die Nachhaltigkeit solcher larmoyanten Spurensuchen muss hinterfragt werden. 

Und diesmal? Es gilt den Mut aufzuzeigen, dass Röbi Koller den Mut zur Wahrheit aufgebracht hat. Von Anfang an ahnte man als Zuschauer, dass Diana ihre Mutter nicht finden wird. Und trotzdem blieb man dran. Diana, die eine gute Kindheit in der Schweiz erlebte, verspürte schon seit einiger Zeit den Wunsch, ihre leibliche Familie kennenzulernen, ihr leiblicher Bruder Cyril, der gemeinsam mit ihr adoptiert wurde, verspürte ihn nie. Diese Gefühle vermittelt zu bekommen, war das Wichtigste am Beitrag. Es wurde nichts romantisiert.

Es fliessen viele Tränen, und die Kamera ist immer drauf

Der Aufruf des grössten Lokalradios von Bogotá ergab nichts über den Aufenthalt der leiblichen Mutter. Auch die Vermittlungsstelle konnte keine Angaben machen – das haben wir selber so als Adoptiveltern erlebt. Schliesslich gelang es, wenigstens Dianas Pflegemutter Berenice zu finden. «Ich habe gehört, dass ihr hier seid. Ich erwarte euch von Herzen», sagte sie in eine Videobotschaft ans Radio. Dann die Begegnung. Es fliessen viele Tränen, und die Kamera ist immer drauf. Wir erfahren, dass die leibliche Mutter tot sein kann. «Das hat mich traurig gemacht», sagt Diana. «Aber Berenice hat mir viele Fragen beantwortet. Sie ist jetzt mein Mami», sagt Diana schluchzend.

Szenen am Limit. Aber man darf niemandem einen Vorwurf machen: Das erfolgreichste TV-Format der Schweiz schaffte etwas, das Betroffenen alleine nicht erreicht hätten. Damit ist der Zweck erfüllt. Und es ist doch so: Andere TV-Stationen hätten das gefilmte Material weggeworfen, wenn man das Ziel, nämlich die Mutter zu finden, nicht erreicht hätte. Röbi Koller zeigte den Beitrag trotzdem – und das ist mutig. 

Ich wünsche Diana, Cyril und ihrer Adoptivmutter viel Glück. Und bis auf bald hoffentlich in Sumiswald – wo sich die Eltern kolumbianischer «Kinder» im Sommer treffen.

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