«Harry, wir brauchen den Wagen»
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Fritz Wepper in «Derrick»:«Harry, wir brauchen den Wagen»

Nachruf auf Fritz Wepper
Dank «Derrick» zur TV-Ikone geworden

Harry Klein in «Derrick» war seine Paraderolle, in einem Antikriegsfilm feierte er den Durchbruch: Fritz Wepper galt als eine der grossen Schauspieler Deutschlands – jetzt ist er tot. Blick schaut auf ein bewegtes Leben zurück.
Publiziert: 25.03.2024 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2024 um 16:43 Uhr
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Grosse Trauer bei Film- und TV-Fans im deutschsprachigen Raum. Am Montagmittag ist «Derrick»-Star Fritz Wepper gestorben. Das bestätigte seine Ehefrau Susanne Kellermann (49) gegenüber der «Bild». Wepper sei um 9.45 Uhr «friedlich eingeschlafen». Fünf Monate zuvor war sein Bruder Elmar gestorben. Erst Anfang des Monats wurde bekannt, dass sich Fritz Wepper in einem Hospiz befindet. 

Mit seiner Rolle des Harry Klein als Assistent von Oberinspektor Derrick in der gleichnamigen Krimi-Reihe wurde Wepper an der Seite von Horst Tappert (1923–2008) zu einer TV-Ikone und gehörte während eines Vierteljahrhunderts zu den liebsten «Gästen» in den Wohnzimmern von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Satz «Harry, hol schon mal den Wagen», mit dem Derrick Klein jeweils befahl, das Dienstauto vorzufahren, ging in die Alltagssprache ein, ist so in der Serie jedoch gar nie gefallen.

«Ihre Liebe hat mich gerettet»

Weppers zweite Ehefrau Susanne Kellermann (49) war bis zuletzt an seiner Seite. Der Schauspieler lebte bereits von 2009 bis zu 2012 mit der Kamerafrau zusammen, 2011 kam Tochter Filippa (heute 12) zur Welt. Später kehrte er zu seiner ersten Ehefrau Angela zurück, mit der er seit 1979 verheiratet war und die gemeinsame Tochter Sophie (43) hatte. Nach dem Tod von Angela 2019 heiratete er schliesslich 2020 erneut. Wepper kämpfte in den letzten Jahren zunehmend mit gesundheitlichen Problemen. Im Februar 2021 machte er seine Hautkrebserkrankung publik. «Meine Frau und meine Kinder haben mir so viel Kraft gegeben. Ihre Liebe hat mich gerettet», sagte er damals. Wegen eines Tumors im Bauchraum wurde er im März desselben Jahres notoperiert. Schliesslich führte eine Covid-Erkrankung zu einem 15-monatigen Klinikaufenthalt. Im Dezember 2023 zwang ihn eine Blutvergiftung erneut ins Spitalbett.

Fritz Wepper und seinem Hund Aron, aufgenommen 2016. 2021 musste der Jagdhund der Rasse Deutsch Drahthaar eingeschläfert werden.
Foto: imago images/VISTAPRESS
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Antikriegsfilm «Die Brücke» als Durchbruch

Der 1941 geborene Wepper trat bereits 1950 erstmals als Kinderdarsteller im Bayerischen Rundfunk auf, debütierte 1952 auf der Theaterbühne und 1955 im Kino. Seine Mutter Wilhelmine starb 2009, sein Vater war Jurist und galt seit 1945 in Polen als vermisst. Die Brutalität des Zweiten Weltkrieges stand auch am Beginn seiner Karriere. 1959 verkörperte Wepper im preisgekrönten Drama «Die Brücke» von Bernhard Wicki (1919–2000) den mit seinen Schulkollegen zum Wehrdienst eingezogenen Albert Mutz, der in den letzten Kriegstagen im April 1945 gegen die anstürmenden Amerikaner eine völlig unbedeutende Brücke verteidigen soll. Dieser in Schwarz-Weiss gehaltene Antikriegsfilm gilt noch heute als eindringlichstes deutsches Lehrstück über die Sinnlosigkeit des Krieges, war 1960 für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert und gewann in derselben Kategorie den Golden Globe. Auch Volker Lechtenbrink (1944–2021) wurde durch «Die Brücke» bekannt.

1964 bekam Wepper als erste wichtige Auszeichnung das «Filmband in Gold» als bester Nachwuchsdarsteller im Fliegerfilm «Kennwort: Reiher». 1968 spielte er in der Edgar-Wallace-Verfilmung «Der Mann mit dem Glasauge», wo er seine erste grosse Liebe Iris Berben (73) kennenlernte. Von 1969 an war Wepper als Harry Klein zuerst in der TV-Krimiserie «Der Kommissar» mit Erik Ode (1910–1983) zu sehen, einem der ersten grossen Strassenfeger des ZDF. Ab Folge 71 wechselte er 1974 mitsamt seinem Rollennamen zur als Nachfolgereihe konzipierten ZDF-Produktion «Derrick», die bis 1998 auf insgesamt 281 Folgen kam und in über 100 Länder verkauft wurde. Anfangs wurde Wepper in seiner Rolle bloss als Anhängsel und klare Nummer 2 von Derrick gesehen, was die Entstehung des Spruches «Harry, hol schon mal den Wagen» erklärt. Wepper emanzipierte sich als Harry Klein im Verlauf der Serie jedoch zunehmend. 

Auch nach «Derrick» äusserst beliebt

Als Erwin Klein übernahm Elmar Wepper von 1974 bis 1976 die Rolle seines Bruders für die letzten 28 Folgen von «Der Kommissar». Zusammen waren sie in mehreren Filmen sowie zwischen 1994 und 2001 in der eigens für sie konzipierten 17-teiligen ZDF-Reihe «Zwei Brüder» zu sehen. Die bedeutendste internationale Plattform erhielt Fritz Wepper 1972 in der Musicalverfilmung «Cabaret» neben Liza Minnelli (77) und Michael York (81) als schillernder Frauenliebling Fritz Wendel. Seinen letzten Kinoauftritt hatte er 1983 in Luc Bessons (64) Erstling «Der letzte Kampf», in dem Jean Reno (75) entdeckt wurde.

Während Horst Tapperts Stern nach dem Ende von «Derrick» 1998 rapide sank und seine posthum bekannt gewordene SS-Mitgliedschaft dazu führte, dass das ZDF seit 2016 keine Wiederholungen der Serie mehr ausstrahlte, hielt Weppers TV-Popularität auch danach konstant an. Von 2002 bis zum Ende 2021 spielte er in der ARD-Reihe «Um Himmels Willen» den Kaltenthaler Bürgermeister Wolfgang Wöller. In der Serie «Mord in bester Gesellschaft» mimte er zwischen 2007 und 2017 den Psychiater Dr. Wendelin Winter.

Im Oktober 2023 gab Wepper aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit seinen offiziellen Rücktritt bekannt und veröffentlichte mit Ehefrau Susanne das Buch «Nur mit Hund bin ich ein Mensch». Seinen ersten eigenen Hund bekam Wepper als 13-Jähriger, einen Cocker Spaniel namens Jimmy. «Das war der Beginn meiner Hundeliebe», so Wepper. Sein letzter Hund, der Deutsch Drahthaar Aron, wachte seit 2010 an seiner Seite. 2021 erkrankte Aron wie kurze Zeit später sein Herrchen an Hautkrebs und musste im Mai 2021 eingeschläfert werden, während Wepper im Spital lag. «Das war ganz schlimm, er fehlt mir noch heute jeden Tag», sagte er noch vor kurzem. Bei seiner Rücktrittserklärung meinte er: «Ich konnte alles erleben, was ich mir erträumt habe.» Es schien, als habe er schon ein wenig Bilanz gezogen. Und nun wurde der Wagen also für ihn vorgefahren.

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