Satirikerin wirft SRF strukturellen Sexismus vor
Patti Basler legt nach offenem Brief nach

In einem offenen Brief hat Patti Basler das SRF kritisiert, weil auch die Nachfolgesendung von «Deville» von einem Mann moderiert werden soll. Trotz Gegenwind äussert sich die Satirikerin erneut.
Publiziert: 27.02.2023 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 27.02.2023 um 17:13 Uhr
Patti Basler hat die Nase voll, dass die Prestige-Comedy-Jobs bei SRF unverhältnismässig oft an Männer gehen.
Foto: Keystone
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Patti Basler (46) hat scharfe Kritik am SRF geäussert. Die Satirikerin warf dem SRF gemeinsam mit Branchenkollegin Lara Stoll (35) und weiteren anonymen Komikerinnen in einem offenen Brief, der Blick vorliegt, unter anderem strukturellen Sexismus vor. Dafür sprachen sie mit weiteren Autorinnen, Performerinnen und Comediennes. Auslöser dafür ist, dass mit Stefan Büsser (37), Patrick «Karpi» Karpiczenko (37) und Gabriel Vetter (40) nur Männer im Rennen um die Nachfolge von Dominic Deville (48) sind. Für ihre Kritik bekommt sie harschen Gegenwind. Doch sie lässt sich davon nicht beirren.

Das wird an SRF-Comedy kritisiert

Allgemeine Punkte

  • Man wird beständig vor vollendete Tatsachen gestellt.
  • Es wird extrem kurzfristig informiert, für Bühnenkünstlerinnen mit vollem Terminplan ist das oft zu knapp.
  • Es werden Sachen versprochen, die so nicht eingehalten werden (können).
  • Man lässt Leute arbeiten, Ideen und Konzepte entwickeln, versucht dann Löhne zu dumpen, bis es im besten Falle ganz gratis ist.
  • Es werden Ideen von Künstler und Küstlerinnen in Teilen oder ganz «geklaut».
  • Man meldet sich einfach nicht mehr.
  • Allgemein fehlende Transparenz

Struktureller Sexismus, der sich unter anderem in folgenden Punkten äussert:

  • Fehlender Support während Projekten. Frauen wurden in Formate gesetzt, die ihnen nicht entsprochen haben und wurden dabei verheizt.
  • Mitarbeitende werden plötzlich ausgetauscht. Man hat unversehens mit neuen Ansprechpersonen zu tun
  • Plant eine Frau eine Sendung, ist sie der Entscheidungshoheit von Männern ausgesetzt.
  • Es gibt keinen Spielraum für Experimente, die Quote muss stimmen.
  • Man sagt, man setze auf junge Talente, die «Mann» entdeckt hat und fördere. Damit wird impliziert, dass diese Frauen erst noch «gut» werden müssen.
  • Gleichzeitig setzt man bei vielen Anliegen in erster Linie auf (ältere) Männer
  • Gerne möchte man, was in den 90er-Jahren schon funktioniert hat («Heinz & Werni», ein Männer-Comedy-Duo, das in die Reihe passt von Divertimento, Marco Cello, Lapsus, Duo Götterspass, Ororpax, Sutter & Pfändler).
  • Man sagt, die «Sehgewohnheit» des CH-Publikums sei so, dass es sympathische Männer, mit denen man gerne ein Bier trinken würde, bevorzugt. Diese Sehgewohnheit wird weiterhin reproduziert und sogar gefördert, indem man online oder via Facebook dauernd alte «Fascht e Familie», «Ehepaar Chifler» oder Marco Rima Sketchs und Formate laufen lässt, in denen Sexismus nicht selten zum guten Ton der Comedy gehörte.
  • Die Comedy-Abteilung hat nie explizit geäussert, dass sie Frauen als Host will. Wichtig sind möglichst viele Lacher/Klatscher pro Minute, möglichst hohe Quote, möglichst grosse, bereits bestehende Online-Followerschaft und gute Umfragewerte.
  • Oft werden gecastete Frauen schliesslich mit Männern ersetzt.
  • Wer als Frau mitarbeitet, darf mitdenken, wird bei der Umsetzung aber ausgebremst.
  • Um an wichtige Informationen zu kommen, muss enormer Aufwand betrieben werden. Männer, die neu dazukommen, werden diese sofort geliefert
  • Inputs aus der weiblichen Perspektiven werden oft abgetan, mit der Begründung, das Zielpublikum spräche nicht darauf an. (Was rein statistisch schlicht falsch ist.)
  • Vorschläge, um vermehrt weibliche Personen und ihre Themen zum Zug kommen zu lassen, werden sehr oft ignoriert.
  • Die Comedy-Abteilung ist unterbesetzt, die Leute sind im Stress, es passieren viele Fehler, welche dann irgendwie korrigiert werden müssen. Da die Künstlerinnen und Künstler am Schluss mit ihrem Gesicht im TV sind, bügeln sie immer wieder aus, was hinter den Kulissen nicht funktioniert.
  • Da es nur einen Sendeplatz für Comedy/Satire gibt, ist es ohnehin schwierig, Diversität zu garantieren.

Allgemeine Punkte

  • Man wird beständig vor vollendete Tatsachen gestellt.
  • Es wird extrem kurzfristig informiert, für Bühnenkünstlerinnen mit vollem Terminplan ist das oft zu knapp.
  • Es werden Sachen versprochen, die so nicht eingehalten werden (können).
  • Man lässt Leute arbeiten, Ideen und Konzepte entwickeln, versucht dann Löhne zu dumpen, bis es im besten Falle ganz gratis ist.
  • Es werden Ideen von Künstler und Küstlerinnen in Teilen oder ganz «geklaut».
  • Man meldet sich einfach nicht mehr.
  • Allgemein fehlende Transparenz

Struktureller Sexismus, der sich unter anderem in folgenden Punkten äussert:

  • Fehlender Support während Projekten. Frauen wurden in Formate gesetzt, die ihnen nicht entsprochen haben und wurden dabei verheizt.
  • Mitarbeitende werden plötzlich ausgetauscht. Man hat unversehens mit neuen Ansprechpersonen zu tun
  • Plant eine Frau eine Sendung, ist sie der Entscheidungshoheit von Männern ausgesetzt.
  • Es gibt keinen Spielraum für Experimente, die Quote muss stimmen.
  • Man sagt, man setze auf junge Talente, die «Mann» entdeckt hat und fördere. Damit wird impliziert, dass diese Frauen erst noch «gut» werden müssen.
  • Gleichzeitig setzt man bei vielen Anliegen in erster Linie auf (ältere) Männer
  • Gerne möchte man, was in den 90er-Jahren schon funktioniert hat («Heinz & Werni», ein Männer-Comedy-Duo, das in die Reihe passt von Divertimento, Marco Cello, Lapsus, Duo Götterspass, Ororpax, Sutter & Pfändler).
  • Man sagt, die «Sehgewohnheit» des CH-Publikums sei so, dass es sympathische Männer, mit denen man gerne ein Bier trinken würde, bevorzugt. Diese Sehgewohnheit wird weiterhin reproduziert und sogar gefördert, indem man online oder via Facebook dauernd alte «Fascht e Familie», «Ehepaar Chifler» oder Marco Rima Sketchs und Formate laufen lässt, in denen Sexismus nicht selten zum guten Ton der Comedy gehörte.
  • Die Comedy-Abteilung hat nie explizit geäussert, dass sie Frauen als Host will. Wichtig sind möglichst viele Lacher/Klatscher pro Minute, möglichst hohe Quote, möglichst grosse, bereits bestehende Online-Followerschaft und gute Umfragewerte.
  • Oft werden gecastete Frauen schliesslich mit Männern ersetzt.
  • Wer als Frau mitarbeitet, darf mitdenken, wird bei der Umsetzung aber ausgebremst.
  • Um an wichtige Informationen zu kommen, muss enormer Aufwand betrieben werden. Männer, die neu dazukommen, werden diese sofort geliefert
  • Inputs aus der weiblichen Perspektiven werden oft abgetan, mit der Begründung, das Zielpublikum spräche nicht darauf an. (Was rein statistisch schlicht falsch ist.)
  • Vorschläge, um vermehrt weibliche Personen und ihre Themen zum Zug kommen zu lassen, werden sehr oft ignoriert.
  • Die Comedy-Abteilung ist unterbesetzt, die Leute sind im Stress, es passieren viele Fehler, welche dann irgendwie korrigiert werden müssen. Da die Künstlerinnen und Künstler am Schluss mit ihrem Gesicht im TV sind, bügeln sie immer wieder aus, was hinter den Kulissen nicht funktioniert.
  • Da es nur einen Sendeplatz für Comedy/Satire gibt, ist es ohnehin schwierig, Diversität zu garantieren.
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Auf Twitter hat Basler nun klargestellt, dass die Medienmitteilung weniger als ein offener Brief an das SRF gedacht gewesen sei. «Sondern mehr als unsere gebündelte und transparente Antwort auf die dauernden (Medien-)Anfragen, wo wir Frauen denn seien, ob wir keine Show oder Sendung gepitcht hätten, warum man unsere Stimme in den Medien nicht höre, ob wir halt wirklich einfach nicht lustig seien oder nicht wollen oder nicht können», schreibt Basler in dem Statement.

Patti Basler kritisiert einzelne Vollzeitstelle

Darin wollen die Satirikerin und ihre Branchenkolleginnen die Probleme aufzeigen, die zu strukturellem Sexismus führen. «Eine dieser Strukturen ist der Umstand, dass es nur eine einzige Vollzeitstelle in der Comedy-Abteilung gibt, wodurch gar keine Diversität hinter den Kulissen herrschen kann», so Basler. Dasselbe gelte für den Comedy- und Satire-Sendeplatz, weil es ebenfalls nur einen einzigen gebe.

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«Über allem schwebt der grosse Quotendruck, welcher Experimente wie in den Anfängen von Giacobbo oder Deville nicht mehr zulässt, sondern vielfach Erprobtes (Männer) mit viel TV-Erfahrung (Männer), welches die Sehgewohnheiten (Männer) des Publikums bedient und in der Zusammenarbeit hinter den Kulissen ähnlich tickt, wie die Verantwortlichen (Männer) oder zumindest so ähnlich funktioniert, wie das, was man kennt (Männer)», heisst es in dem Statement.

Künstlerinnen bekommen Klima der Unsicherheit zu spüren

Abschliessend zieht Patti Basler ihr Fazit: «Die knappen Ressourcen und die politische Gefahr einer drohenden Unterfinanzierung (erst Gebührenabschaffungs-, nun Halbierungs-Initiative), sinkende Werbeeinnahmen, Digitalisierung und ‹Netflixisierung›, Überalterung und Abwanderung des TV-Publikums münden in einem Klima der Unsicherheit hinter den Kulissen, was Künstlerinnen und Künstler, die mit dem SRF zu tun haben, letztlich als Dumpinglöhne, als leere Versprechungen, strukturellen Sexismus oder als unvorhersehbare Kurswechsel zu spüren bekommen.»

Auf Anfrage von Blick hat SRF angekündigt, das Gespräch mit Patti Basler und Lara Stoll suchen zu wollen. «Ein konstruktiver Austausch ist für uns zentral. SRF setzt sich konsequent für Diversität und die Gleichstellung der Geschlechter ein – sowohl im Angebot als auch bei den Mitarbeitenden. Der Entscheid für die Nachfolge von Formaten wird bei SRF von einem breit abgestützten Gremium gefällt, das einen hohen Frauenanteil aufweist», erklärt SRF.

Patti Basler sorgt für gespaltene Meinungen

Patti Baslers Haltung spaltet die Meinungen auf Twitter. Bei einigen kommen ihre Äusserungen nicht gut an. «Dass sie überhaupt nicht lustig sind, darauf kommen die Schweizer Comediennes wie Patti Basler vor lauter Gemotze über strukturellen Sexismus natürlich nicht. Schuld sind die anderen, nicht man selbst, respektive der eigene, dürftige Humor», nervt sich ein User.

Ein weiterer wettert: «Patti Basler will an den Honigtopf Staatsfernsehen. Wenn man dafür zu wenig lustig ist, ruft man einfach mal laut: Diskriminierung.» Basler bekommt aber auch Zuspruch. So lobt etwa die Präsidentin der Mitte-Frauen, Christina Bachmann-Roth (39): «Bravo Patti Basler! Mutige und humorvolle Reaktion auf fragwürdige Entscheidungsprozesse!» Eine weitere Userin bedankt sich bei ihr: «Danke ihr Frauen wie Patti Basler, dass ihr euch auch nicht stimmlos machen lässt.» (bsn)

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