Polo Hofer (†72) und der Tod
«Wenn es mich nimmt, dann nimmt es mich»

Am Samstag ist Mundartrock-Legende Polo Hofer im Alter von 72 Jahren gestorben. Sein Tod hatte sich schon länger abgezeichnet.
Publiziert: 25.07.2017 um 08:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:09 Uhr
Jean-Claude Galli

Es war eigenartig. Seit Jahren litt Polo Hofer (†72) unter schweren gesundheitlichen Problemen, trotzdem waren nicht nur die Berner überzeugt: «Dr Polo läbt ewig.» Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Krebs am rechten Stimmband, Alkoholprobleme, Intensiv­station. «Ich hatte vierzig Jahre Chilbi und Party. Das kostet halt etwas», sagte Hofer.

Wirklich ernst wurde es im Mai letzten Jahres. Hofer musste stationär ins Spital, um Wasser aus der Lunge abpumpen zu lassen. Dann folgte die verheerende Diagnose: Lungenkrebs. Auf seiner Homepage verkündete er eine künstlerische Pause und zog sich total aus der Öffentlichkeit zurück.

Polo Hofer: «Wenn schon glaube ich an die Schöpfung, nicht an Gott.»
Foto: Philippe Rossier
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«Ich hinterlasse Musik, Texte und Ideen»

Erst Ende 2016 schien es wieder bergauf zu gehen. Polo National empfing BLICK zum grossen Interview an seinem Wohnort in Oberhofen BE. Und er sagte Dinge, die jetzt prophetisch wirken. «Immer, wenn ich Todesanzeigen lese, denke ich an die vielen Leute, die ein stilles Dasein lebten. Die haben sicher auch Spuren hinterlassen. Doch dann gibt es noch andere, ganz grosse und tiefe Spuren wie von Shakespeare oder Churchill. Ich ordne mich irgendwo dazwischen ein: Ich hinterlasse Musik, Texte und Ideen.» Auf die Frage, ob er aufs Sterben vorbereitet sei, sagte er: «Ich gehöre zur Hippie-Generation, die hat sich bereits in jungen Jahren damit befasst. Ich bin abgeklärt und vorbereitet.»

«Wenn der Vorhang fällt, dann muss man von der Bühne.»

Polo Hofer hatte da längst eine Patientenverfügung unterschrieben: «Ich will, dass keine lebensverlängernden Massnahmen getroffen werden. Am besten wäre eine Überdosis Morphium». sagte er. Und er verriet, dass er nicht Mitglied von Exit sei. «Ich sehe kaum Sinn darin, jedenfalls vorläufig noch.»

Auch Angst vor dem Tod schien er kaum zu kennen: «Ich habe genug gelebt. Wenn es mich nimmt, dann nimmt es mich. Und wenn der Vorhang fällt, dann muss man von der Bühne. Ich kann nur lachen über die Ängste, welche die Leute vor dem Tod haben. Dabei ist doch die einzige Gerechtigkeit auf dieser Welt die Tatsache, dass es alle putzt.» Und auf die Frage, was die Nachwelt über ihn sagen soll: «Polo Hofer war ein regionales Universalgenie.»

Letzter öffentlicher Auftritt im Mai

Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Polo Hofer am 15. Mai in Oberhofen, wo eine Holzstatue zu seinen Ehren enthüllt wurde. «Die Chemotherapie ist abgeschlossen, zurzeit nehme ich keine Medikamente mehr», sagte er. Äusserlich wirkte er sehr zerbrechlich. Doch in seinem Innern loderten die Lebensgeister. «Ich produziere derzeit meine erste englischsprachige CD», sagte er und kündigte damit sein Comeback an.

In den vergangenen Monaten hatte seine Muskulatur massiv abgenommen, der Mundart-Rocker konnte sich ausserhalb seiner Wohnung nur noch im Rollstuhl fortbewegen. «Statt Rock'n'Roll gibt es von mir nun Rock'n'Rollstuhl», scherzte er. Grund zur Freude hatte Polo National, was seine Gesundheit anbelangte. «Der Lungenkrebs bleibt stabil und ich muss nur noch einmal im Monat zum Arzt», freute er sich.

«Wenn schon glaube ich an die Schöpfung, nicht an Gott»

Mittlerweile näherte sich der Mundartrocker wieder seinem Lebensstil von vor der Erkrankung an. Dazu gehörten Zigaretten und sein Lieblingsgetränk. «Eine Flasche Rotwein pro Tag liegt drin», war sich Polo sicher. Gedanken über ein Leben nach dem Tod machte er sich schon damals nicht mehr. Der Philosoph, der er nebst seiner grandiosen Leistungen als Musiker ebenfalls gewesen ist, war am Ziel. «Das ist Zeitverschwendung. Das sage ich, nachdem ich 50 Jahre darüber nachgedacht habe», so Hofer. «Die Schöpfung ist älter als Gott. Der ist eine Erfindung des Menschen, deshalb mache ich mir keine Gedanken. Wenn schon glaube ich an die Schöpfung, nicht an Gott.»

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