Musikerinnen-Duo Steiner & Madlaina über das Leben in der Schweiz
«Alle sind ein bisschen hässig»

Nora Steiner und Madlaina Pollina erobern gerade die Festivalbühnen. Wir haben mit ihnen über Frauen in der Musikbranche und Politik auf der Bühne gesprochen.
Publiziert: 28.07.2019 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:08 Uhr
Interview: Dana Liechti

Letzte Woche spielten sie am Gurten, gestern am Lumnezia, bald kommt die Deutschland-Tour. Egal, wo: Nora Steiner (25) und Madlaina Pollina (23) verzaubern mit ihrem Indie-Folk-Pop das Publikum. Wir treffen die beiden Zürcherinnen in der Café Bar Nordbrücke im Kreis 10. Hier sind sie oft, sinnieren übers Leben. Am liebsten zusammen. Pollina und Steiner teilen sich vieles: den Freundeskreis, die Wohnung, die Band, die sie in Gymi-Zeiten gründeten.

Bewusst verzichteten sie beim Bandnamen auf Madlainas bekannten Nachnamen – sie ist die Tochter von Cantautore Pippo Pollina (56). «Sonst wären wir weniger frei», sagt sie. Sich die Bühne mit ihrem Bruder Julian (26) teilen, der als Faber selbst erfolgreicher Musiker ist, macht sie aber gerne. Letzten Herbst veröffentlichten Steiner & Madlaina ihre erste Platte «Cheers». Darauf besingen sie die Liebe, das Leben und die Gesellschaft. Mal verträumt («Darling, I wonder if you dream of me too»), mal mit einer Prise Ironie («Weil wir uns alle so lieben, hören wir auf uns zu bekriegen, denn alles ist möglich, aber wahrscheinlich nicht») und immer mit scharfem Blick («Was bringt mich zum Weinen, wenn wir beide streiten? Belanglosigkeiten»).

«Unsere Lieder entstehen aus Sätzen, die wir irgendwo aufschnappen», sagen sie und zünden sich eine Zigarette an.

Nora Steiner (25, r.) und Madlaina Pollina (23) erobern mit ihrer Band «Steiner & Madlaina» gerade die Festivalbühnen.
Foto: Siggi Bucher
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Was wäre eigentlich aus euch geworden, hätte es mit der Musik nicht geklappt?
Nora:
Vielleicht hätte ich eine Kochsendung wie Jamie Oliver.
Madlaina: Ich wäre wohl Journalistin geworden, ich schreibe sehr gerne.

Manche eurer Texte sind gesellschaftskritisch. Was stört euch an der Schweiz?
Nora: Hier muss es immer schnell gehen.
Madlaina: Alle sind ein bisschen hässig. Man lässt den Leuten weder Zeit noch Platz, kreativ zu sein, he­rauszufinden, was sie im ­Leben wollen. Und ist man laut, gibts böse Blicke. Geniesst doch, wenn es lebt!

Ihr äussert euch auf der Bühne auch politisch.
Madlaina: Man sollte keine Angst haben, die Leute vor den Kopf zu stossen, nur weil man vielleicht Publikum verliert. Ich kann gut auf Leute verzichten, die finden, eine Frau dürfe keine Regierungschefin sein.

Habt ihr in der Musikbranche schon negative Erfahrungen gemacht, weil ihr weiblich seid?
Madlaina: Viele. Dass dir jemand nichts zutraut, passiert die ganze Zeit. Wir hören auch Kommentare wie: «Für Frauen seid ihr gut.»
Nora: Oder Techniker, die dir erklären, wie die Geräte funktionieren.
Madlaina: Megamühsam! Unseren Bandkollegen passiert das nicht.

Ihr singt viel über die Liebe. Wie sieht euer Liebesleben aus?
Nora: Schön! Wir sind beide happy. Mehr verraten wir nicht.

Was schätzt ihr aneinander?
Nora: Madlaina ist die entspannteste Person. Je mehr Zeit ich mit ihr verbringe, desto mehr merke ich, dass gewisse Dinge einfach egal sind.
Madlaina: Dafür bringt Nora mich dazu, Dinge anzupacken. Ich glaube, alles, was mir fehlt, bringt sie mit. Wir ergänzen uns perfekt.

Gibt es auch mal Streit?
Madlaina: Meistens wenn wir müde sind oder Hunger haben. Oder wenn ich friere!
Nora: Dann ist es am schlimmsten (lacht). Aber nie so, dass wir danach nicht mehr miteinander sprechen.

Den letzten Schluck des grossen Eistees, den Pollina bestellt hat, trinkt Steiner für sie aus. Dann verabschieden sich die beiden und gehen, wie sie gekommen sind. Zusammen.

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