Mike Müller zeigt sein aktuelles «Schätzli»
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«Velo ist ein Fetisch von mir»:Mike Müller zeigt sein aktuelles «Schätzli»

Mike Müller über seine Wünsche zum 60., den Krieg im Nahen Osten und mögliche neue Serienhauptrollen
«Humor ist nicht für alles eine Lösung»

Heute Sonntagabend läuft zum ersten Mal der Kinofilm von «Der Bestatter» auf SRF. SonntagsBlick hat mit Hauptdarsteller und Kultkomiker Mike Müller über seinen runden Geburtstag, seine Beziehung zum Tod und Comedy in Zeiten des Kriegs gesprochen.
Publiziert: 12.11.2023 um 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 12.11.2023 um 15:46 Uhr

Entspannt erscheint Mike Müller an diesem Nachmittag im Restaurant Markthalle bei den Zürcher Viaduktbögen zum Gespräch. Zu unserem Treffen angereist ist das Urgestein der Schweizer Comedy-Szene mit seinem Lieblingsvelo. «Auch wenn man mir das nicht ansieht, bin ich sportlich», sagt Müller, lacht und erklärt, er habe eben noch mehrere Geschenke transportieren müssen. Der Komiker hat gerade doppelt Grund zum Feiern: vor wenigen Tagen seinen 60. Geburtstag und heute Abend die Premiere des «Bestatter»-Kinofilms auf SRF 1.

SonntagsBlick: Mike Müller, wie haben Sie Ihren runden Geburtstag verbracht?
Mike Müller: Ich stand auf der Bühne. Ich feiere mich nicht gerne selber. Das ist keine falsche Bescheidenheit, sondern ist einfach so. Am Sonntag nach dem eigentlichen Geburtstag gab es nach einer Nachmittagsvorstellung trotzdem noch eine kleine Feier mit diversen Freunden aus verschiedenen Zeiten – und das war sehr schön. Vor unserem Gespräch habe ich gerade die letzten Geschenke verdankt.

Was schenkt man Mike Müller?
Wein! Es ist schon beinahe rührend, wie gut meine Freunde meinen Geschmack kennen (lacht). Ansonsten habe ich alles, was ich brauche. Die einzigen Wünsche, die ich noch hätte, wären: ein grosser, schwerer Töff, eine grosse Segeljacht und ein Ratrac. Doch das ist alles bescheuert. Ein Ratrac im Kreis 5, das geht ja nicht (lacht). Und einen Töff brauche ich auch nicht.

Erscheint gerne mit seinem Velo zum Interview: Kultkomiker Mike Müller.
Foto: Philippe Rossier
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Sie sind bekanntlich ein grosser Flugzeugfan. Träumten Sie nicht von einer Reise zum 60.?
Nicht mehr. Ich wollte vor einiger Zeit eine grosse Zug- und Schiffsreise durch Russland, über Japan und dann weiter nach Alaska und quer durch die USA unternehmen. Ich hatte schon weit geplant und dann kam die Pandemie.

Sie könnten das jetzt nachholen.
Ja, das will ich aber nicht. Die Russlandreise ist aufgrund der aktuellen Situation sowieso gelaufen. Zudem bin ich jetzt 60. Ich werde diese Reise wohl nicht mehr machen.

Sie haben es eben angesprochen: Russland ist seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine für Reisen gesperrt. Seit dem 7. Oktober herrscht zudem im Nahen Osten Krieg. Vergeht einem als Komiker in solchen Zeiten das Lachen – oder sucht man erst recht ein Ventil in der Satire?
Ein terroristischer Angriff ist nie zum Lachen. Dass man den Juden den Angriff auf die Hamas wiederum nicht verzeiht, ist bedenklich. Auch bei uns drückt aktuell der Antisemitismus erneut durch. Links stärker als rechts, was ich himmeltraurig finde. Im Moment kommen mir noch keine guten Witze zur Hamas und zur Situation im Gazastreifen in den Sinn, aber: Das wird kommen oder auch nicht. Humor ist nicht für alles eine Lösung. Aber er schafft eine Distanz zum Gegenstand und zu sich selber. Das ist heilsam und macht Freude.

Hätten Sie Lust, wieder regelmässig politische Satire zu machen, wie Sie das mit Viktor Giacobbo bei «Giacobbo/Müller» getan haben?
Manchmal schon. Es hat schon grossen Spass gemacht, wenn wir am Donnerstag jeweils physisch zusammenkamen und die Freiheit hatten, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. So funktioniert aber nicht nur politische Satire, sondern auch Cancel Culture, bei der die Rechten jetzt schreien, dass die Linken sie betreiben würden. Dabei betreiben die Rechten schon lange selbst Cancel Culture. Nachdem die dummen Rechten damit angefangen haben, haben auch die dummen Linken sie für sich entdeckt – so schliesst sich der Kreis.

Der Kreis schliesst sich auch bei Ihrer Erfolgsserie «Der Bestatter». Heute Abend ist der dazugehörige Film im Schweizer Fernsehen zu sehen. Warum brauchte es den Gang auf die grosse Leinwand?
Wir hatten das Gefühl, wir sind noch nicht richtig fertig, und wollten noch eine grössere Geschichte erzählen – in einem 90-Minuten-Bogen. So konnten wir mal aus dem Aargau raus und hatten mehr Zeit für die Figuren. Was man an dieser Stelle sagen muss: Wir sind beim «Bestatter» mit den Geldern stets sparsam umgegangen und waren immer 20 Prozent günstiger als vergleichbare Sendungen.

Persönlich: Mike Müller

Der im solothurnischen Grenchen geborene Mike Müller (60) gilt als einer der bekanntesten Satiriker und Schauspieler der Schweiz. Der studierte Philosoph machte sich mit diversen Bühnen, Kabarett- und Filmproduktionen einen Namen. Die meisten kennen ihn aus der Satire-Sendung «Giacobbo/Müller» oder als Luc Conrad aus der SRF-Serie «Der Bestatter», wo Müller bis 2019 in sieben Staffeln Spitzenquoten holte.

Philippe Rossier

Der im solothurnischen Grenchen geborene Mike Müller (60) gilt als einer der bekanntesten Satiriker und Schauspieler der Schweiz. Der studierte Philosoph machte sich mit diversen Bühnen, Kabarett- und Filmproduktionen einen Namen. Die meisten kennen ihn aus der Satire-Sendung «Giacobbo/Müller» oder als Luc Conrad aus der SRF-Serie «Der Bestatter», wo Müller bis 2019 in sieben Staffeln Spitzenquoten holte.

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Apropos Kosten: Der Bundesrat will die Serafe-Gebühr auf 300 Franken kürzen – wie finden Sie das?
Na ja, vielleicht ist es ein taktisches Manöver, um die radikale Initiative abzuwenden. Warum die Unternehmen dermassen geschont werden sollen, die doch auch von einer breiten Berichterstattung profitieren, leuchtet mir nicht ein. Mehr kann und will ich aktuell dazu nicht sagen.

Beim «Bestatter» dreht sich vieles um den Tod. Hat sich dadurch Ihr Verhältnis zu diesem Thema verändert?
Ja, absolut. Nicht zuletzt, weil ich in Interviews ständig zum Tod befragt wurde. Aber ich habe für die Entwicklung der Figur und der Serie auch oft mit Bestattern gesprochen. Ich musste lernen, wie die Figur mit einer gewissen Vorsicht an Tote und Hinterbliebene herangeht. Ich finde es übrigens schön, dass man den Tod auch in unserer Kultur nicht mehr so versteckt, wie man das früher getan hat.

Sie selber gehen dem Thema schon länger nicht mehr aus dem Weg. Sie sind seit Jahren Mitglied bei Exit.
Ja, ich möchte mir diese Option offenhalten. Eine Organisation wie Exit ist dafür da, dass man sich im Falle einer schweren Krankheit die fürchterlichsten letzten Wochen ersparen kann. Aber entscheidet man sich dafür, mit Exit aus dem Leben zu scheiden, verlangt man damit auch seinen Angehörigen sehr viel ab. Das weiss ich aus meinem Bekanntenkreis. Der Tod ist eine komplexe Sache. Dafür gibt es kein Regelwerk. Man muss den Umgang mit ihm immer wieder neu aushandeln.

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«Der Tod ist eine komplexe Sache.»
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Auf den Tod folgt im christlichen Glauben die Auferstehung. Wie sieht Ihre Auferstehung aus? Eine neue Serienhauptrolle als Altersheimleiter?
Das haben wir uns tatsächlich schon überlegt! Aber ich rede nicht über ungelegte Eier. Ich bin jetzt bis nächstes Jahr mit meiner Solo-Tournee «Klassentreffen» unterwegs. Es stehen auch neue TV- und Filmprojekte an, über die ich aber aktuell noch nicht reden mag.

Mit 60 ist für viele der ideale Moment gekommen, eine Biografie zu schreiben. Welchen Titel hätte Ihre?
Congé! Das französische Wort für Ferien oder Ausfall. Mich kann man mit nichts so glücklich machen, wie wenn es bei einer Sitzung plötzlich «Congé» heisst. Das bedeutet freie Zeit für mich. Dann kann ich in Ruhe lesen – oder einen Mittagsschlaf machen. Ich werde ganz sicher nie eine Biografie schreiben. Ich schreibe fürs Leben gerne, brauche mein Leben und meine Eindrücke jedoch für meine Komödien.

«Der Bestatter – Der Film» läuft am 12. November 2023 um 20.05 Uhr auf SRF 1. Anschliessend ist der Film auf Play SRF abrufbar.

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