Helga Schneider witzelt über Comedy-Award-Auszeichnung
«Ich musste mir einen neuen BH kaufen, weil meine Brust angeschwollen ist»

Seit über 30 Jahren lacht die Schweiz über ihre Bühnenfigur Helga Schneider. In ihrer neuen Show gibt Regula Esposito Saures zu Themen wie Gendern, Wokeness und Co. Ganz «süss» zeigt sie sich hingegen daheim mit Partner Fredy Bickel.
Publiziert: 01.11.2023 um 14:19 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2024 um 14:23 Uhr
René Haenig, Schweizer Illustrierte
Schweizer Illustrierte

Das Stadtkind ist jetzt ein Landei: Regula Esposito (57) in Zürich geboren, im Niederdorf aufgewachsen und in den vergangenen 35 Jahren wohnhaft im Kreis 5, ist seit vergangenem Mai in Mettmenstetten ZH daheim. Dort, wo ihr Partner, Fussballmanager Fredy Bickel (58) seine Wurzeln hat, lebt das Paar jetzt unter einem Dach. «Es funktioniert super!», freut sich der ehemalige Sportchef von YB, FCZ, GC und Rapid Wien. In ihrem fünften Soloprogramm «Sweet & sauer», das am 22. November im Zürcher Theater am Hechtplatz Premiere feiert, kalauert Regula Esposito als Helga Schneider dazu ganz sweet: «Ich bin ja im Dorf aufgewachsen – im Niederdorf. Jetzt bin ich a Städterin, a Mettmenstetterin.»

Für Wortwitz wie diesen ist Esposito kürzlich mit dem Swiss Comedy Award als beste Solokünstlerin ausgezeichnet worden. Seit bald 35 Jahren steht sie auf der Bühne: Von 1989 bis 2008 mit der legendären Frauen-Kabarettgruppe Acapickels, seit 2010 als Solistin mit ihrer Bühnenfigur Helga Schneider. «Ich musste mir einen neuen BH kaufen, weil meine Brust angeschwollen ist», scherzt Helga über die Ehrung. Als Regula schiebt sie ernst hinterher: «Eine wunderschöne Auszeichnung für mich als Kulturschaffende.»

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Leute freuts, wenn Helga sauer ist

Esposito will ihr Publikum in erster Linie unterhalten. «Das ist mein Ziel!»Die gelernte Hochbauzeichnerin sowie studierte Innenarchitektin und Industriedesignerin will als Kabarettistin ihre Zuhörerinnen und Zuschauer vor allem auch dazu bringen, sich selbst wiederzuerkennen.

Hier spielt neuerdings die Musik: Seit Mai wohnen Regula Esposito und Fredy Bickel unter einem Dach in Mettmenstetten ZH. «Er Landei, ich Stadtkind.»
Foto: Geri Born
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Als Helga Schneider nimmt Regula Esposito sowohl aktuelle als auch polarisierende Themen wie Cancel Culture, Wokeness, Gendern, Klimawandel und die aktuelle politische Situation aufs Korn. «Wir leben in einem extremen Zeitalter, in dem ganz massiv polarisiert wird. Es gibt heute nur noch links oder rechts, schwarz oder weiss, richtig oder falsch, gut oder böse – oder es ist alles so süss, herzig, goldig – eben sweet.» Auf der Bühne kann sich Helga Schneider ungehemmt aufregen über Stammtischparolen und Wutbürger. «Das ist meine Helga, wie sie leibt und lebt. Sie hat etwas Zerbrechliches, Fragiles und eine gewisse Portion Naivität – und die Leute in den Shows haben Freude, wenn Helga sauer wird.» Espositos Message bei «Sweet & sauer»: «Das Leben ist nicht nur schwarz-weiss, es hat Grautöne – und es ist vor allem wahnsinnig farbig. Also: Weg vom Egoismus, und lasst uns etwas mehr in die Welt hinausschauen.»

Über ein Jahr arbeitete Esposito am neuen Programm, schrieb Texte, sinnierte über Pointen, feilte an Gags. «Ich bin etwas in Verzug», sagt sie. Dabei arbeitet sie sehr akribisch. Das ist ihr aus der Zeit als Hochbauzeichnerin geblieben. «Was ich auf der Bühne tue, ist eigentlich nicht so viel anders als die Arbeit eines Bauleiters, der Handwerker koordiniert. Nur gehts bei mir statt um Gipser, Elektriker, Gas- oder Wasserinstallateure um Bühnen- und Kostümbildner, Ton- und Lichttechniker.»

Ihr Lampenfieber wächst

Je näher die Premiere rückt, desto hibbeliger wird Esposito. Trotz Jahrzehnten Bühnenerfahrung plagt sie Lampenfieber: «Beim ersten Auftritt hocken jeweils so viele kritische Berufskollegen und erwartungsvolle Prominente im Publikum.» Ihre grösste Angst: ein Blackout. Rund 100 Seiten vom Format DIN A4 lernt sie gerade auswendig; Text für 90 Minuten Show.

Partner Fredy Bickel zählt jeweils zu den Ersten, die Helga vor der Premiere zu hören bekommen. «Er ist für mich ein Spiegel des Publikums mit seiner lockeren und unaufgeregten Art. Entweder lacht er über einen Gag oder er lacht nicht.» «Meistens finde ich sie schon lustig», sagt Bickel mit einem grinsenden Seitenblick. Im Elternhaus von Esposito war es die Mutter, die mit feinem Wortwitz für Schmunzeln sorgte, wogegen ihr Vater als «lauter Scherzkönig» eher Schenkelklopfen herausforderte. «Wir Frauen haben einfach eine subtilere Kunstform, nicht so laut und nicht so reisserisch.» Bis heute kommen nach Vorstellungen Männer auf die Comédienne zu mit Bemerkungen wie: «Was für ein unterhaltender Abend. Das hätte ich nicht gedacht von einer Frau.» Esposito nimmts locker: «Es gibt im Comedy-Bereich viele gute Frauen, aber es gibt auch viele nicht so gute Männer», so ihre Überzeugung.

Sie vermisst ihre Stadt

Felsenfest überzeugt war Regula Esposito bis Anfang Jahr, dass sie Zürich nie verlassen würde. Dann flatterte ihr die Wohnungskündigung ins Haus. Beim Durchstöbern von Immobilienplattformen sei ihr bald klar geworden, «dass ich kein bezahlbares Zuhause mehr finden werde». Also zügelte das Stadtkind zu ihrem Partner ins Dorf. «Mettmenstetten ist wunderschön und ich bin glücklich. Aber ich vermisse meine Stadt und werde sie für den Rest meines Lebens vermissen.»

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