Eurovision-Legende Lys Assia über ihr Jahrhundertleben
«Elvis Presley machte mir Komplimente»

Im Interview erzählt Eurovision-Legende Lys Assia, wie ein ganz normaler Tag in ihrem Leben aussieht, welche schönen Dinge es im Alter gibt, und ob sie an ein Leben nach dem Tod glaubt.
Publiziert: 08.05.2015 um 13:59 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:36 Uhr
Interview: Peter Padrutt

BLICK: Wovon träumt eine Frau mit 91, die in Paris mit Josephine Baker tanzte, die im Zweiten Weltkrieg die französischen Truppen unterhielt, die den grössten Gesangswettbewerb der Welt gewann?
Lys Assia: In meinem Alter führen mich meine Träume oft zurück in die Vergangenheit. Ich kann aus einer unglaublich langen Karriere schöpfen. Ich träume oft vom Applaus, der mir stets wichtiger war als die Gage.

Woran denken Sie dann?
Ich hatte ja schon mit siebzehn meinen ersten Plattenvertrag und arbeitete mit so vielen grossartigen Entertainern. In Frankreich waren es Gilbert Bécaud und Charles Aznavour. In den USA Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. und Percy Faith, mit dem ich 70-mal in New York auftrat. Elvis Presley lernte ich schon kennen, als er in Bad Nauheim in Deutschland stationiert war. Er sah blendend aus und machte mir grosse Komplimente.

Waren Sie in keinen von ihnen je verliebt?
Nein, ich habe mich aus Prinzip nie mit Kollegen eingelassen. Die besten Männer waren zudem leider immer verheiratet. Vielleicht sind darum viele meiner Verehrer gute Freunde geblieben.

Aber Sie hatten Verehrer?
Natürlich. Schon früh. König Faruk von Ägypten zum Beispiel. Als junge Frau lebte ich acht Jahre im Mena House, dem noblen Hotel bei den Pyramiden. Ich hatte so viel Geld verdient, dass ich mir das leisten konnte. Draussen tobte der Zweite Weltkrieg. Der König liess jeweils einen Tisch reservieren, wenn ich im Theater auftrat, und er bewunderte mich und schenkte mir wunderbaren Schmuck. Ich war oft privat in seinem Schloss eingeladen. Aber ich war nie verliebt in ihn.

Sie haben später zwei Millionäre geheiratet.
Hören Sie auf. Das klingt so pompös. Und es war oft umgekehrt: Ich habe mit meiner Karriere meinen Männern oft finanziell geholfen.

Seit dem Tod Ihres zweiten Mannes, des dänischen Generalkonsuls, mit dem Sie Hotels in Europa, Japan und Südamerika besassen, sind Sie Witwe. Gibt es Momente, in denen Sie davon träumen, von einem Mann berührt zu werden?
Natürlich. Warum muss man als Frau in einem gewissen Alter sexlos leben? Wenn man sich verliebt, gehört Sex automatisch dazu. Ich würde gern nochmals eine Beziehung eingehen, aber ich suche keinen Mann. Beim ersten Blick muss es donnern. Er muss auch gut aussehen und sich mit mir auf Augenhöhe unterhalten können.

Sie sind nie so einem Mann begegnet?
Kürzlich bin ich im Zürcher Hotel Baur au Lac einem tollen, gut aussehenden Mann begegnet, der mir den Atem verschlagen hat. Aber das war nur ein flüchtiger Traum.

Sie haben keine Kinder. Reden Sie darüber?
Das ist für mich ein trauriges Thema. Mit 34 hatte ich eine Fehlgeburt. Es war ein Junge. Danach konnte ich keine Kinder mehr bekommen. Das ist auch heute noch schmerzvoll für mich. Ich habe durch meine beiden Ehemänner vier Kinder übernommen. Und bin heute stolze Grossmutter von drei Enkelkindern. Eine Enkelin wohnt ganz in der Nähe und steht mir im Leben bei.

Sie hiessen als Kind Rosa Schärer. Rosa wäre auch ein schöner Künstlervorname gewesen.
Ja, ich habe am Anfang auch überlegt, mich Rosa Mina zu nennen. Mein Ballettmeister erfand dann meinen Künstlernamen. Lys – wie die Lilie auf Französisch. Und er meinte, Assia passe zu mir, weil es slawisch klingt. Ich hatte ja diese typischen hohen Backenknochen einer Russin.

Wie wird man eigentlich so alt? Indem man nicht über die Stränge haut?
Ja, ich habe nie geraucht. So wie all meine jungen Kolleginnen im Ballett. Mein Vater hat mich auch mal in den Weinkeller geführt und mir gezeigt, wie man einen guten Tropfen trinkt. Vielleicht wurde ich auch darum nie zur Alkoholikerin wie so viele andere Künstlerinnen. Ich gönne mir allerdings jeden Abend ein Glas Wein und trinke an allen Anlässen ein Cüpli.

Wie sieht ein ganz normaler Tag in Ihrem Leben aus?
Ich bin ein Nachtmensch. Den Morgen gehe ich langsam an. Ich stehe so gegen zehn auf. Ich frühstücke nicht gross, auch das Mittagessen lasse ich oft aus. Die erste grosse Mahlzeit nehme ich erst am Abend zu mir. Dann gönne ich mir immer etwas Feines. Zum Beispiel Gänseleber und ein Cüpli.

Ist das Leben ruhiger geworden?
Ich fühle mich heute gestresster als in jungen Jahren. Ich habe seit meinem Wirbelbruch grosse Rückenschmerzen. Der Alltag ist beschwerlicher geworden. Ich danke dem Herrgott täglich dafür, dass ich nicht dement und noch fit im Kopf bin.

Das Leben ist also nicht ruhiger geworden?
Nein! Es ist immer etwas los. Sie werden lachen, aber am entspanntesten bin ich, wenn ich reise. Erst kürzlich war ich wieder Gast in einer ESC-Jubiläums-Show bei der BBC. Das ist für mich wie Ferien. Überall, wo ich hinkomme, werde ich hofiert und verwöhnt. Und dann treffe ich immer meine alten Freunde: die Olsen Brothers, Johnny Logan und Nicole. Jetzt ist auch Conchita Wurst hinzugekommen. Eine wunderbare Person. Wir sind eine grosse Familie geworden. Ich freue mich schon jetzt, dass ich sie alle in Wien wiedersehen kann.

Gibt es auch schöne Dinge im Alter?
Ja, so viele. Ich kann mich an einer Blume erfreuen. Meine Stimme ist noch gut, und ich sehe noch ganz passabel aus. Und dann habe ich ja noch meine Stiftung, die sich um ausgesetzte Hunde und Katzen kümmert. Ich wollte eine Stiftung gründen, solange ich noch lebe. So sehe ich jetzt auch das Resultat und freue mich darüber. Das macht mich enorm glücklich.

Möchten Sie 100 Jahre alt werden?
Das bestimmt allein der Herrgott. Die Zeit, die mir noch bleibt, möchte ich in vollen Zügen auskosten.

Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Da bin ich ganz sicher. Ich bekomme in meinem Leben täglich Antworten vom Herrgott. Egal, was ich mache, er sendet mir immer Zeichen. Ich freue mich, alle meine guten Freunde und die vielen Künstler wiederzusehen. Auch jene, die mich nicht gemocht haben und über mich urteilten, ohne mich richtig kennengelernt zu haben.

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