«So liebt man 50 Jahre lang den gleichen Mann»
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Autorin Federica de Cesco (83):«So liebt man 50 Jahre lang den gleichen Mann»

Bestseller-Autorin Federica de Cesco (83)
«So liebt man 50 Jahre lang den gleichen Mann»

Am 23. März wird die in Luzern lebende Federica de Cesco 83 Jahre alt. Bei BLICK spricht sie über 50 Jahre Liebesglück, ihre Katze Ninja, das neue Buchprojekt und die Auswirkungen der Pandemie.
Publiziert: 23.03.2021 um 01:27 Uhr
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Aktualisiert: 24.04.2021 um 21:08 Uhr
Interview: Flavia Schlittler

Wenn sie spricht, lässt sie bunte Bilder entstehen. Mit Freude erzählt Bestsellerautorin Federica de Cesco, die heute ihren 83. Geburtstag feiert, wie sie versucht hat, ihre zehnjährige Katze Ninja für ein Foto mit Kroketten unter dem Sofa hervorzulocken. Diese kam, ass und verschwand wieder, bevor ein Bild möglich war. Mit Liebe und Schalk schwärmt sie von ihrem Ehemann, dem japanischen Fotografen Kazuyuki Kitamura (74), der wie sie während des Lockdowns den Look wechselte und sich impfen liess.

BLICK: Wie haben Sie die Impfung gegen das Coronavirus erlebt?
Federica de Cesco: Entspannt. Nur geringe Nebenwirkungen. Erstes Piksen: einen Tag Fieber. Zweites Piksen: einen roten Flecken am Arm. Als Belohnung den Impfpass.

War Ihnen von Anfang an klar, dass Sie sich impfen lassen?
Natürlich. Ich lasse mich ja auch gegen Grippe impfen. Die Verantwortung hat dabei eine grosse Rolle gespielt. Wir wollen doch, dass diese Einschränkungen, die uns das Leben schwer machen, so schnell wie möglich verschwinden. Aber die Menschheit wird mit diesem Virus wohl leben müssen. Und es irgendwann irgendwie in den Griff bekommen. Aber wie lange das dauern wird, weiss keiner.

Bestsellerautorin Federica de Cesco mit ihrem Ehemann, dem japanischen Fotografen Kazuyuki Kitamura.
Foto: Zvg
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Es gibt Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen.
Jeder muss es selber wissen.

Pandemie, Lockdown, Öffnungen, Maskenpflicht: Wie erleben Sie dies?
Wie eine Attacke gegen unsere Zivilisation. Ein unheimliches Gefühl. Wie, wo und warum hat sich dieses Virus so schnell in der Welt verbreiten können? Was ist die Ursache? Gibt es einen Zweck?

Haben Sie dadurch neue Seiten an sich oder Ihren Mitmenschen kennengelernt?
Eigentlich kaum. Wir waren und sind alle fassungslos. Aber in solchen Situationen geht es darum, einen klaren Kopf zu bewahren. Es ist keine Resignation, es ist Logik. Bei uns in Europa haben wir schöne Zeiten erlebt. Wird es wieder so werden? Diese Frage sollten wir nüchtern überdenken.

Wie hat die Pandemie Ihre Beziehung mit Ehemann Kazuyuki Kitamura geprägt?
Wir haben einen klaren Kopf bewahrt. Es nützt ja nichts, in Panik zu geraten und Klopapier zu horten.

Sie sind nun seit 50 Jahren mit Ihrem Mann zusammen. Wie liebt man den gleichen Mann so lange?
Indem man den gleichen Mann 50 Jahre lang liebt. Für Menschen wie uns, die eine gleiche Arbeitswelt haben, die gleichen Gedanken, die gleichen Vorlieben und Abneigungen haben, ist dies kein Problem. Und wir haben die gleiche Art, uns selber nicht allzu ernst zu nehmen. Eigene Freiräume waren für uns nie ein Thema. Wir haben eine Zeit lang in einem Studio gelebt, ohne dass die Teller flogen. Entweder machen wir alles zusammen oder überhaupt nicht.

Wie wichtig ist Treue für Sie?
Fremdgehen – wozu? Was sollen wir mit einem anderen Mann behiehungsweise mit einer anderen Frau?

Eine Beziehungskrise scheint nie dagewesen zu sein.
Nein, wir wüssten nicht einmal, wie sich diese äussern würde.

Federica de Cesco lacht herzhaft ins Telefon

Die Eckpfeiler Ihrer Verbundenheit?
Humor, gleiche Wellenlänge und Beziehungsrituale, die sind wesentlich.

Bitte erzählen Sie.
Jeden Morgen gibts bei uns ein gewaltiges englisches Frühstück. Dann, um acht Uhr, egal ob Winter oder Sommer, machen wir eine Stunde Power Walking. Wir treffen zur gleichen Zeit dieselben Hundebesitzer, streicheln alle Vierbeiner. Zu Hause haben wir keinen Fernseher. Wir sind entweder hoffnungslos altmodisch oder beneidenswert futuristisch. Ich glaube, diese Frage bietet heutzutage einige interessante Aspekte.

Wenn Sie streiten – worüber?
Über Katzenfutter. Was mag unsere Ninja ausser Nass- und Trockenfutter? Getrocknete kleine Fische. Doch sind diese nicht zu salzig? Oder lieber Makrelen? Doch sind diese nicht zu fettreich? Und wenn ihr eine Gräte im Hals stecken bleibt? Hat die Tierklinik am Wochenende offen? Es sind solche Sachen.

Als Statement sehen viele, dass Sie seit mehr als 60 Jahren weder Röcke noch Jupes tragen. Auch bei Ihrer Hochzeit trugen Sie Hosen.
Kann gut sein, dass es ein Statement ist. Aber unbewusst, ganz spontan, und das schon mit zwölf Jahren. Meine Mutter war wenig erfreut. «Du kommst doch aus guter Kinderstube», sagte sie mir damals. Ihr gefiel auch nicht, dass ich lautstark pfiff. «Wie ein Gassenjunge», sagte sie tadelnd. Und ich pfeife noch heute, führe angeregte Gespräche mit Papageien. Nun, Hosen habe ich stur weiter getragen, die waren einfach bequemer. Bei den Lehrern bin ich auch angeeckt. Und bitte schön: Ich habe in meinem Leben nicht nur Hosen getragen. In der Beatles-Zeit trug ich bei meinen ersten Vorlesungen in der Schweiz einen rot-weissen Minijupe und kniehohe rote Stiefel. Schock in den Schulklassen! Und in den Lehrerzimmern, rückblickend vielleicht aus anderen Gründen!

Neu tragen Sie weisses Haar, Ihr Mann kurzes. Was steckt dahinter?
Die Befreiung von Tönung und täglicher Föhnbürste, davon wollten wir schon lange nichts mehr wissen. Aber der Lockdown hat geholfen. Unsere Haare, die wir kurzerhand wegrasiert hatten, konnten in Ruhe nachwachsen. Kazu sah mit kahlem Kopf recht hübsch aus, ich habe mir für draussen eine Perücke zugelegt.

Finden Sie diese Frage legitim?
Warum nicht? Es könnte ja etwas Tiefsinniges dahinterstecken.

Welche Fragen sind für Sie als Frau unmöglich, welche dürfte man nicht mehr stellen, welche sollte man Männern stellen?
Warum heisst es immer: «Eine Frau leitet den Konzern X oder Y»? Dass sie eine Frau ist, sieht man doch, oder? Warum wird sie nicht von Anfang an beim Namen genannt? Und was die Männer betrifft, die stören sich eigentlich nicht mehr daran, dass ein weibliches Wesen einen Konzern leitet. Jetzt aber zur Frage: Warum muss es #Metoo immer noch geben? Machtkomplex? Minderwertigkeitskomplex? Freudianischer Komplex? Antwort gewünscht, meine Herren, und zwar dalli!

Auf welche Frage würden Sie gerne antworten?
Auf jede kluge oder amüsante Frage wie diese.

Wem würden Sie gerne eine Frage stellen?
Gewissen Politikern. Herrscher oder Politiker haben während Jahrhunderten die Welt geformt und Kriege geführt. Das Volk musste einfach gehorchen. In der Schweiz haben wir das Stimmrecht, ein grosses Privileg und ein riesiger Fortschritt. Und heutzutage sind wir erwachsene Menschen. Aber vielerorts steckt die Welt noch in den Kinderschuhen. Gewisse Politiker auch, obwohl sie sich sehr wichtig nehmen.

Sie schreiben gerade einen Krimi. Worum geht es?
Eine exzentrische Detektivin bedient sich einiger ausgefuchster Tricks, um eine Mafia-Familie zu stellen. Der Krimi soll spannend sein, wie es sich gehört, aber auch recht vergnüglich. Also nichts Dramatisches, es gibt keine Blutstropfen, die aus jeder Seite spritzen.

Nach welchen Kriterien packt Sie ein Thema?
Es muss spannend sein. Tiefgründig auch, sonst geht es nicht. Ich recherchiere immer sehr genau.

Ein Leben ohne Schreiben ist für Sie ...
... etwas, das ich mir nicht einmal im Traum vorstellen kann.

Heute werden Sie 83 Jahre alt. Wie spüren Sie das Alter?
Man wird geboren und beginnt zu altern. C'est la vie. Ich bin schneller müde, schreibe zwei Stunden weniger als früher. Und versuche nicht mehr, die sportlichen jungen Männer zu überholen, die an mir vorbeijoggen. Sonst stolpere ich über die eigenen Füsse.

Wie werden Sie feiern und was wünschen Sie sich?
Zu Hause. Mit Nudelsuppe. Und ich wünsche mir für uns alle, dass unsere Welt so schnell wie möglich wieder normal wird. Ein frommer Wunsch allemal. Kaum etwas wird wieder «normal» sein.

Nochmals zur Liebe: Was empfehlen Sie Menschen, die in einer Beziehungskrise sind?
Jeder Mensch erlebt die Liebe anders, man sollte sich da nicht einmischen. Einen persönlichen Rat würde ich nur engsten Freunden geben.

Ihre Bücher fesseln alle

Mit ihrer Gabe, Menschen in fremde Kuturen eintauchen zu lassen und Abenteuer hautnah mitzuerleben, gehört Federica de Cescos zu den meistgelesenen Jugendbuch-Autorinnen des deutschen Sprachraums. Ihr Erstlingswerk «Der rote Seidenschal» von 1957, wurde in den ersten Jahren nach der Erscheinung mehr als eine Million Mal verkauft. Die Geschichte handelt von einem weissen Mädchen, das sich in einen Indianer verliebt und vieles mit ihm erlebt. Ihre Tante holt sie zurück, er bleibt. Mittlerweile hat De Cesco mehr als 100 Bücher herausgegeben. Seit 1994 schreibt sie auch Romane für Erwachsene. «Die Tibeterin» stammt aus dem Jahr 2009 und thematisiert das Kulturdrama mit China anhand von Zwillingsschwestern. Eine kam in die Schweiz, die andere fiel bei ihrer Flucht aus Tibet in die Hände der Chinesen, gegen die sie im Untergrund kämpft. Die in der Schweiz lebende spürt, dass ihre Schwester in Lebensgefahr ist und macht sich auf, ihr zu helfen. Im Roman «Der englische Liebhaber», erschienen 2018, setzt sich Federica de Cesco mit der eigenen Familiengeschichte auseinander. Einer, der ihrer Tante passierte. Es beginnt in Münster im Jahr 1945. Anna verliebt sich 1945 in Münster in den Besatzungsoffizier Jeremy. Vor der Heirat, muss er nach London. Sie ist schwanger, er verschollen. Im Roman «Das Erbe der Vogelmenschen» von 2020, erfährt eine Archäologie-Studentin, dass sie von einem alten Schamanenvolk aus dem mittleren Orient stammt und begibt sich auf eine mystisch-abenteuerliche Reise.

Mit ihrer Gabe, Menschen in fremde Kuturen eintauchen zu lassen und Abenteuer hautnah mitzuerleben, gehört Federica de Cescos zu den meistgelesenen Jugendbuch-Autorinnen des deutschen Sprachraums. Ihr Erstlingswerk «Der rote Seidenschal» von 1957, wurde in den ersten Jahren nach der Erscheinung mehr als eine Million Mal verkauft. Die Geschichte handelt von einem weissen Mädchen, das sich in einen Indianer verliebt und vieles mit ihm erlebt. Ihre Tante holt sie zurück, er bleibt. Mittlerweile hat De Cesco mehr als 100 Bücher herausgegeben. Seit 1994 schreibt sie auch Romane für Erwachsene. «Die Tibeterin» stammt aus dem Jahr 2009 und thematisiert das Kulturdrama mit China anhand von Zwillingsschwestern. Eine kam in die Schweiz, die andere fiel bei ihrer Flucht aus Tibet in die Hände der Chinesen, gegen die sie im Untergrund kämpft. Die in der Schweiz lebende spürt, dass ihre Schwester in Lebensgefahr ist und macht sich auf, ihr zu helfen. Im Roman «Der englische Liebhaber», erschienen 2018, setzt sich Federica de Cesco mit der eigenen Familiengeschichte auseinander. Einer, der ihrer Tante passierte. Es beginnt in Münster im Jahr 1945. Anna verliebt sich 1945 in Münster in den Besatzungsoffizier Jeremy. Vor der Heirat, muss er nach London. Sie ist schwanger, er verschollen. Im Roman «Das Erbe der Vogelmenschen» von 2020, erfährt eine Archäologie-Studentin, dass sie von einem alten Schamanenvolk aus dem mittleren Orient stammt und begibt sich auf eine mystisch-abenteuerliche Reise.

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Das erste Buch schrieb sie mit 15 Jahren

Noch heute lesen Mädchen und Jungen die packende Indianergeschichte «Der rote Seidenschal», die Federica de Cesco (83) im Alter von 15 Jahren schrieb. Die Tochter eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter lebte mit ihren Eltern in Äthiopien, Italien, Frankreich, Norddeutschland und Belgien. Aus ihrer ersten Ehe mit einem Schweizer hat sie eine Tochter und einen Sohn. Seit 60 Jahren lebt Federica de Cesco in der Schweiz, seit 50 Jahren mit dem japanischen Fotografen Kazuyuki Kitamura (74). Das Paar lebt mit Katze Ninja in Luzern. Ein Film über de Cescos Leben kam 2008 in die Schweizer Kinos.

Noch heute lesen Mädchen und Jungen die packende Indianergeschichte «Der rote Seidenschal», die Federica de Cesco (83) im Alter von 15 Jahren schrieb. Die Tochter eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter lebte mit ihren Eltern in Äthiopien, Italien, Frankreich, Norddeutschland und Belgien. Aus ihrer ersten Ehe mit einem Schweizer hat sie eine Tochter und einen Sohn. Seit 60 Jahren lebt Federica de Cesco in der Schweiz, seit 50 Jahren mit dem japanischen Fotografen Kazuyuki Kitamura (74). Das Paar lebt mit Katze Ninja in Luzern. Ein Film über de Cescos Leben kam 2008 in die Schweizer Kinos.

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