Radio-Schwergewicht Heiri von Grünigen hat knapp 80 Kilo abgenommen
«Ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten»

Er wog 180 Kilogramm. Nun hat Radio-Legende Heinrich «Heiri» von Grünigen (76) massiv Gewicht verloren. Wie hat er das bloss geschafft? Das grosse Interview.
Publiziert: 27.02.2017 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 07:07 Uhr
Das neue Leben mit 105 kg
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Radio-Legende Heinrich von Grünigen (einst 180 kg):Das neue Leben mit 105 kg
Interview: Peter Padrutt

BLICK: Wann haben Sie zum letzten Mal einen Hamburger verdrückt?
Heinrich von Grünigen:
Letzte Woche – allerdings nur das Fleisch und den Salat.

Was gab es heute zum Frühstück?
Eine Kiwi, eine Tasse Kaffee – rabenschwarz – und zwei Löffel geschrotete Leinsamen, für die Verdauung. Zu Mittag ass ich ein halbes Poulet und Salat. Am Abend esse ich eine Portion Spargelsuppe.

Sie haben 77 Kilo abgenommen. Wie hat Sie das als Mensch verändert?
Ich wurde viel unternehmungslustiger, kann wieder längere Strecken laufen, Treppen steigen und in den Ausgang gehen, ohne jeden Schritt vorher planen zu müssen. Ich bin ein neuer Mensch geworden.

«Ich bin ein neuer Mensch geworden», sagt Heiri von Grünigen.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG
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Wie haben Sie so konsequent abgenommen?
Ich habe mein Leben lang jede erdenkliche Methode ausprobiert, mit wechselndem Erfolg – und jedes Mal wieder zugenommen, wie rund 90 Prozent aller, die mit Übergewicht zu kämpfen haben. Die Sinomedica-Methode ist neu und beruht auf zwei Prinzipien: einerseits eine konsequente Ernährung ohne Kohlenhydrate wie Pasta, Brot, Zucker und ohne Fertigprodukte. Dafür mit frischem Gemüse, Fleisch und Fisch. Und anderseits mit einer wöchentlichen Akupunktur-Session, zur Unterdrückung von Hunger-Attacken. Verzichtet man auf Kohlenhydrate, muss der Organismus für die Beschaffung von Ersatzenergie auf die sogenannten Ketonkörper, auf die Fettreserven, zurückgreifen. Das befördert die Gewichtsreduktion.

Übergewichtige Menschen gelten als Gemütsmoren. Gibt es Freunde, die sagen: Der Heiri ist nicht mehr der alte?
Nein. Ich denke, ich habe mir meine Gemütslage bewahrt. Im Gegenteil, ich höre immer mehr Komplimente zu meinem Aussehen und gehe davon aus, dass sie ehrlich gemeint sind.

Jetzt sind Sie aber kein Teddybär mehr für Ihre Frau Verena Speck.
Gut, aber das war ich wohl auch vorher nicht. Meine Frau hat mich tatkräftig unterstützt, sonst wäre es schwieriger gewesen. Wir können jetzt wieder mehr unternehmen zusammen, ich bin auch aktiver geworden im Haushalt.

Es gab ja eine Phase, in der Sie nochmals massiv zugenommen haben. Was war der Grund?
Ich hatte auf konventionelle Weise mit ärztlicher Hilfe vor bald zwanzig Jahren über dreissig Kilo abgenommen und das tiefere Gewicht auch acht Jahre lang halten können. Nach einem Herzinfarkt und einer Knie-Operation war meine Beweglichkeit eingeschränkt, und ich nahm langsam, langsam wieder zu – bis zum Maximum von 180 Kilo.

Was war der Auslöser im Kopf, dass es mit dem Abnehmen plötzlich funktionierte?
Es braucht einen gewissen Leidensdruck. Der muss stark genug sein, um den Schalter umzulegen. In meinem Leben gab es Phasen, in denen ich mich mit der Situation arrangiert hatte. Da gab es klare Einschränkungen, was meine Möglichkeiten der Bewegung betraf, oder beim Fliegen, das zur Tortur wurde, aber gleichzeitig konnte ich mir manches auch ersparen. Als ich dann angefragt wurde, ob ich die relativ neue Methode ausprobieren möchte, sagte ich mir, eigentlich kannst du dabei ja nicht mehr verlieren als dein Übergewicht. Und allfällige Spätfolgen musste ich in meinem Alter auch nicht befürchten.

Wie war Ihr Leben mit 180 Kilo?
Extrem beschwerlich. Ich konnte mich nur mühsam auf den Beinen halten, benützte oft eine Gehhilfe, konnte nicht mehr Treppensteigen und musste beim Gehen immer wieder nach einer Möglichkeit suchen, mich hinzusetzen. Nach wenigen Schritten war ich ausser Atem, und jede kleinste Verrichtung konnte zur Qual werden.

Wie fing es mit dem Übergewicht eigentlich an?
Es war eine klassische Adipositaskarriere: Als Kind war ich eher schmächtig. Ende zwanzig hörte ich auf zu rauchen, gleichzeitig verletzte ich mich bei einem Unfall, sodass ich keinen Sport mehr treiben durfte. Zeitgleich schaffte ich mir ein Auto an, und meine berufliche Laufbahn führte dazu, dass ich bessere Lokale frequentierte. So nahm ich in kurzer Zeit dreissig Kilo zu. Dann folgte eine Diät auf die andere, mit dem berühmten Jojo-Effekt.

Hatten Sie mit 180 Kilo Angst zu sterben?
Nein, Angst nicht. Aber ich hatte mich irgendwie damit abgefunden, dass dies nun wohl die letzte Etappe sein würde und dass ich mir das Ende so gemütlich wie möglich einrichten möchte, ohne neuen Diätstress. Denn an mehr Bewegung war bei meinem Gewicht und meiner Arthrose nicht zu denken.

Bei welchem Gewicht ist Schluss?
Der betreuende Arzt hat mir als Ziel 76 Kilo vorgegeben. Das wäre mein Idealgewicht, bei dem jedes überschüssige Fett getilgt wäre, bei einem BMI 23. Aber wir haben uns inzwischen auf 80 Kilo geeinigt, was immer noch Normalgewicht ist.

Kann man nur mit Drill und Fitness abnehmen?
Es braucht schon einen gewissen Durchhaltewillen. Aber mit Disziplin allein schafft man es nicht, obwohl viele Leute – vor allem die dünnen – das meinen. Wenn man einmal ein gewisses Gewicht überschritten hat, entwickelt das Bauchfett eine Eigendynamik und nimmt mit Hormonen und Botenstoffen Einfluss auf das Gehirn und unser Essverhalten, ohne dass uns das bewusst ist. Hier hat mir die Akupunktur sehr geholfen.

Sollte man Süssigkeiten mit einer Warnung versehen wie bei Zigaretten – dass Übergewicht tödlich sein kann?
Warnaufdrucke bei Suchtmitteln nützen nur bedingt. Wirkungsvoller wären klare Regelungen für die Anpassung der Rezepturen oder die Einführung einer generellen Zuckersteuer, die dann aber zweckgebunden für Aufklärung und Information verwendet werden müsste.

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