Max Hubacher (24) spielt in «Mario» einen schwulen Fussballer
«Ich kann verstehen, woher diese Ängste kommen»

Im Spielfilm «Mario» spielt der Berner Max Hubacher (24) einen schwulen Fussballer, dessen Karriere durch seine sexuelle Ausrichtung unter Druck kommt. Im Interview erzählt Hubacher, wie er sich auf diese Rolle vorbereitet hat, wie er sich erklärt, dass Outings im Spitzenfussball bisher unmöglich sind und welche persönlichen Beziehungen er zum Fussball hat.
Publiziert: 20.02.2018 um 22:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:45 Uhr
Hubacher auf dem Dach des Hotels «Ambassador». Ganz im Hintergrund das Berner Nordquartier, wo er das Fussballspielen gelernt hat und der Film zu grossen Teilen gedreht wurde.
Foto: Peter Gerber
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Interview: Jean-Claude Galli

Gleich drei Filme mit Max Hubacher (24) kommen 2018 ins Kino. «Der Hauptmann» von Robert Schwentke, «Der Läufer» von Hannes Baumgartner und «Mario», mit dem er für den Schweizer Filmpreis nominiert ist (läuft ab 22. Februar).

SonntagsBlick: Herr Hubacher, zuerst ein Lob: Sie geben einen starken Fussballer ab, das kann kein Zufall sein.
Max Hubacher:
Danke schön! Ich habe früher tatsächlich beim Berner Quartierverein Breitenrain gespielt. Von der Fussballschule bis zu den C-Junioren. Und zwar auf fast allen Positionen. Nur der «Zehner» war ich nie. Ich brauchte auch kein Double. Darauf bin ich schon ein wenig stolz.

Wie haben Sie sich jetzt spezifisch auf «Mario» vorbereitet?
Ich habe mich in erster Linie auf die Rolle als Sportler vorbereitet. Mario hat seine Sexualität anfangs noch nicht wirklich entdeckt und diese Naivität wollte ich ihm erhalten. Natürlich habe ich aber auch mit Leuten in meinem Umfeld gesprochen, die schwul sind. Wichtig war für mich und meinen Filmpartner Leon, uns kennenzulernen und Vertrauen untereinander zu schaffen, damit wir unsere Liebe überzeugend spielen können. Eigentlich genau derselbe Vorgang wie mit Filmpartnerinnen auch.

Warum ist es trotzdem schwierig, sich als Profi-Fussballer zu outen?
Ich denke, das Schwierige im Fussball ist: Wenn das jemand tun würde und danach zwei Wochen nacheinander das Tor nicht trifft, würde es vermutlich heissen: Er hätte es nicht tun sollen, jetzt kann er mit dem Druck nicht umgehen. Ein Spieler würde sich also enorm angreifbar machen. Homophobie hat ja auch damit zu tun, dass man etwas nicht kennt. Es gibt sehr viele krumme Bilder in den Köpfen: Vorsicht, der ist schwul, da darf ich mich in der Dusche nicht nach der Seife bücken. Seien wir realistisch: Nur weil jemand schwul ist, steht er noch lange nicht auf jeden. Wie ein Hetero nicht auf jede Frau abfährt.

Dazu kommt aber auch die körperliche Komponente.
Klar, man ist auf dem Feld sehr physisch. Wenn man im Hinterkopf hat, dass jemand schwul ist und auf einen stehen könnte, haben diese Berührungen plötzlich eine neue Bedeutung. Oder man nimmt sie anders wahr. Die Grenze zu ziehen, wäre schwierig. Man würde Angst kriegen und denken: Ist da noch eine andere Intension dahinter? Ich kann ja verstehen, woher diese Phobien kommen. Ich habe früher auch die ganze Zeit Sprüche geklopft im Klub und wusste gar nicht genau, was es bedeutet.

Welches ist die Absicht des Films?
Ganz klar, das Publikum zu sensibilisieren. Zu zeigen, Homosexualität gibt es auch im Profifussball, geht respektvoll damit um. Doch ich kann beide Seiten verstehen. Der Mensch hat einfach Angst vor dem Unbekannten. Wenn man die Leute konfrontiert, den Dialog sucht, darüber diskutiert, entsteht Toleranz und die Welt wird hoffentlich zu einem etwas besseren Ort.

Haben Sie keine Angst vor negativen Reaktionen?
Ich bin gespannt. Das ist auch okay, die Leute sollen reagieren. Dafür ist der Film da. Das Thema bewegt, das haben die Reaktionen zum Schiedsrichter Pascal Erlachner gezeigt. Was ich in meiner Generation und in meinen Kreisen beobachte: Dass oft gerade eine Gegenteilsbewegung einsetzt. Man pflegt eine Art positive Homophobie. Jemand sagt, er sei schwul und alle rufen: «Super. Ich liebe Schwule.» Das kann aber auch nicht das Ziel sein, das ist bescheuert. Ich schäme mich dann oft für Kollegen, wenn ich einen Schwulen vorstelle, und alle reagieren übertrieben. Ob jemand katholisch oder reformiert ist, kratzt heute in der Schweiz auch niemanden mehr so wirklich.

Wie schätzen Sie den Druck der Sponsoren ein?
Ich glaube, wenn sich ein grosser Name outen würde, könnten es sich Nike, Coke etc. nicht leisten, ihn fallenzulassen. Sie würden ihn stützen. Sonst gelten sie als homophob und haben ein Problem. Es ist heute nicht leicht, sich richtig zu verhalten. Man muss zu allem eine Meinung haben und differenziert sein. Ich hatte das Glück, offen aufzuwachsen. Ich habe Schwule in der Verwandtschaft, habe einige homosexuelle Freunde. Das alles spielte für mich nie eine Rolle. Deshalb hatte ich auch nie Angst, mich falsch zu verhalten.

Tabuthema im Profifussball

Mario (Max Hubacher) spielt im U21-Team des BSC Young Boys und ist auf dem Sprung in die erste Mannschaft. In der Spieler-WG verliebt er sich in seinen deutschen Teamkollegen Leon (Aaron Altaras), was Spannungen im Verein zur Folge hat. Regisseur Marcel Gisler hat sich der Thematik Homosexualität bereits mehrfach gewidmet («De Fögi isch en Souhund», «Electroboy»). In «Mario» gelingt ihm eine einfühlsame und nie plakative Umsetzung des schwierigen Stoffs. Der Super-League-Tabellenführer YB hat die Dreharbeiten als Materialpartner unterstützt, gedreht wurde im Stade de Suisse und auf dem Neufeld.

Mario (Max Hubacher) spielt im U21-Team des BSC Young Boys und ist auf dem Sprung in die erste Mannschaft. In der Spieler-WG verliebt er sich in seinen deutschen Teamkollegen Leon (Aaron Altaras), was Spannungen im Verein zur Folge hat. Regisseur Marcel Gisler hat sich der Thematik Homosexualität bereits mehrfach gewidmet («De Fögi isch en Souhund», «Electroboy»). In «Mario» gelingt ihm eine einfühlsame und nie plakative Umsetzung des schwierigen Stoffs. Der Super-League-Tabellenführer YB hat die Dreharbeiten als Materialpartner unterstützt, gedreht wurde im Stade de Suisse und auf dem Neufeld.

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