Die Kino-Krise dauert an
Warten aufs Happy End

Am Sonntag werden in Hollywood die Oscars verteilt, in der Schweiz geht das Kinosterben derweil munter weiter. Warum sind wir im falschen Film gelandet?
Publiziert: 19.02.2017 um 22:53 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:49 Uhr
Thomas Rickenbach

Was bin ich nervös: Wir schreiben das Jahr 1989. Ich gehe mit meinen grossen Brüdern «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug» schauen, freigegeben ab 14, so alt bin ich aber knapp noch nicht. Werde ich im Berner Kino Alhambra in flagranti ertappt? Natürlich nicht. Aber an den Tag erinnere ich mich bis heute. Wie wohl Tausende Schweizer, die erstmals die Alterslimite für Kinofilme brachen.

Gestern wurde bekannt, dass dieses Kino Alhambra schliesst. Viele Erinnerungen sind mit ihm verbunden. Wie einst eine meiner besten Freundinnen dort an der Kasse arbeitete. Wie ich mit meinem intellektuellsten Studienkollegen «Fast and the Furious» schauen ging – Raserei als Ablenkung vom Uni-Stoff. Was ist seither mit dem Film und der Welt passiert? Am letzten Wochenende wurde in Deutschland bekannt, dass 2016 das an Besucherzahlen schlechteste Kinojahr seit langem war. Wieso?

Sequels und Re-Boots: «Fifty Shades» ist schon da, «Trainspotting» kommt gerade. Weitere Filme, die für 2017 angekündigt sind: «Alien», «Despicable Me», «Kong» (mit dem King), «Die Mumie», eben «The Fast and the Furious», «Planet der Affen», noch eine Lego-Verfilmung, «Pirates of the Carribean», «Divergent», «Blade Runner», «Spiderman», «Baywatch», «Jumanji», «Fack ju Göthe», «Power Rangers» und «Die Schöne und das Biest». Einiges davon wird gut sein, von Fantasie bei der Themenwahl zeugt die Liste nicht.

Das Kino Alhambra in Bern muss schliessen.
Foto: SRF
Die Filmemacher setzen auf Re-Boots wie etwa «Baywatch», der bald in die Kinos kommt.
Foto: DUKAS


Action und Animation:
Sichere Kassenschlager sind, wo Batman, Iron Man und X-Man draufsteht. Oder Eiskönigin und Ice Age. Die gemeinten Filme sind dank modernster Technik wirklich gut. Auch hier sind die Themen aber repetitiv. Die Kreativität ist dem Blockbuster-Kino abhanden gekommen.

Es gibt keine Stars mehr: In der globalisierten Welt ist es viel schwieriger geworden, Stars aufzubauen. Nicht nur in der Filmbranche, auch in der Musik und in anderen Bereichen. In den 90ern regierten Michael Jackson, Madonna, Julia Roberts, Tom Cruise, Cindy Crawford und Claudia Schiffer. Und heute? Höchstens It-Girls wie Kim Kardashian. Die Welt ist flüchtig geworden. Stars, welche die Welt hundertprozentig ins Kino locken, gibts kaum mehr.

Superstars wie Richard Gere und Julia Roberts in «Pretty Woman» sucht man heute vergebens.


Der Trend Multiplex:
Die Amerikanisierung schreitet voran, Kinos wandern aus der Innenstadt in verkehrsgünstig gelegene Vororte ab. Auch die Kitag setzt statt dem bald schliessenden Alhambra auf ein Multiplex-Kino in Gümligen BE. Wirtschaftlich richtig, angesichts der steigenden Liegenschaftspreise in den Innenstädten. Im Multiplex wird der Film sicherlich grandios mit fancy Verpflegungsständen und Shopping-Möglichkeiten inszeniert. Aber will man wirklich 15 bis 30 Minuten Auto oder Tram fahren, wenn man auch zu Hause streamen kann?

Youtube und Netflix: Siehe oben. Mit ein paar Apps hat man daheim eine solche Auswahl an Clips und Serien, dass man keinen Fuss vors Haus setzen muss. Kids lieben die vielfältigen Möglichkeiten von Youtube, Erwachsene das Sortiment von Netflix. Nicht mal wegen der Filme. Sondern wegen der Serien.

Preise: Erinnern Sie sich an die Zeit, als ein Kinobesuch noch 12 Franken kostete? Dann sind Sie so alt wie ich.

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