10 Fakten über den Dokumentarfilm «Advocate»
Die Anwältin des Teufels

Der Film «Advocate» über die jüdische Anwältin Lea Tsemel (75) hat weltweit für Aufruhr gesorgt und läuft ab dieser Woche in den Schweizer Kinos. Wir haben bei der Protagonistin nachgefragt und zehn Dinge zusammengestellt, die Sie über den Film wissen müssen.
Publiziert: 30.08.2020 um 16:49 Uhr
Eliane Eisenring

«Advocate» dokumentiert den Kampf der jüdischen Anwältin Lea Tsemel (75) für die Rechte eines palästinensischen Jungen, der des Mordes angeklagt ist. Unter der Regie von Rachel Leah Jones (50) und Philippe Bellaïche (53) bekommt der Zuschauer eine Einsicht in das israelische Rechtssystem und begleitet Tsemel, die auch «The Devil’s Advocate» («Die Anwältin des Teufels») genannt wird, bei einem ihrer brisantesten Fälle. Diese zehn Dinge müssen Sie über den Film wissen:

  1. Migrationshintergrund: Tsemel wurde 1945 in Haifa, der drittgrössten Stadt Israels, geboren. Ihre Eltern, die aus Belarus und Polen stammen, emigrierten in den 1930er-Jahren nach Israel.

  2. Selber im Krieg: Mit 22 Jahren nahm Tsemel am Sechstagekrieg teil, der 1967 zwischen Israel und den arabischen Staaten herrschte. «Ich war damals Studentin und meldete mich freiwillig, um der Zivilbevölkerung an der Grenze in Jerusalem zu helfen», sagt Tsemel. Ihre Erlebnisse im Jerusalemer Musrara-Viertel, in dem zahlreiche Palästinenser lebten, waren der Auslöser für ihr Engagement für die palästinensische Bevölkerung.

  3. Grosse Fussstapfen: 1971 arbeitete Tsemel für Felicia Langer, eine israelisch-deutsche Menschenrechtsaktivistin und Anwältin. Als erste israelische Anwältin verteidigte Langer Palästinenser aus den von Israel besetzten Gebieten vor israelischen Militärgerichten. «Felicia war zweifellos die Inspiration für meine jetzige Arbeit», sagt Tsemel.

  4. Folterverbot: 1999 war Tsemel Mitglied der Gruppe Public Committee Against Torture in Israel, die sich beim obersten Gericht Israels erfolgreich dafür einsetzte, den Einsatz von Folter bei Befragungen gesetzlich zu verbieten.

  5. Lange Freundschaft: Die Regisseurin Rachel Leah Jones ist seit mehr als zwanzig Jahren mit Tsemel befreundet, kam jedoch nie auf die Idee, einen Film über sie zu drehen. Erst Co-Regisseur Philippe Bellaïche machte den Vorschlag. Bei seinem ersten Treffen mit Tsemel soll er gesagt haben: «Jemand muss einen Film über sie machen.» Tsemel war sofort einverstanden: «Ich kenne die beiden gut, und als sie mir den Film anboten, habe ich ihnen vollkommen vertraut.»

  6. Einzige Frau: Im Gegensatz zu anderen kritischen Filmen über das israelische System, wie «The Law in These Parts» (2011), «The Gatekeepers» (2012) oder «Censured Voices» (2015), ist «Advocate» der einzige, in dem eine Frau im Zentrum steht. Die Einzige zu sein ist Tsemel gewohnt. Wie die Produzenten erklären, «ist Lea fast immer die einzige Frau, oder die einzige Linke, oder die einzige Jüdin im Raum».

  7. Im Kreuzfeuer: Der Film wurde auf die Kurzliste für eine Oscar-Nominierung gesetzt und bekam ein Preisgeld von der National Lottery in Israel. Wegen Protesten seitens der Familienmitglieder von Opfern palästinensischer Angriffe zog die Lottery das Preisgeld zurück. Als daraufhin eine Gruppe von Künstlern protestierte, wurde das Geld erneut ausgezahlt.

  8. Animiert: Im Film werden comicartige Animationen eingesetzt, um die Angeklagten zu schützen. Was von einigen Filmkritikern als «intelligent» bezeichnet wird, nennt die Kulturministerin Israels, Miri Regev, «Spezialeffekte», die nicht «verdecken, welche Arbeit Tsemel gegen den Staat Israel und seine Bürger macht».

  9. Internationale Resonanz: «Advocate» lief an 17 Filmfestivals, unter anderem in Thessaloniki, Hongkong und Kopenhagen. In Deutschland wurde der Film bereits im Juli im Fernsehen gezeigt. Wenn man Lea Tsemel fragt, wie sie den Film findet, erwidert sie: «Es ist nicht an mir, ihn zu mögen oder nicht. Er widerspiegelt die Realität.»

  10. Tsemels nächster Fall: Letztes Jahr wurde einer von Tsemels Mitstreitern, der palästinensische Anwalt Tareq Barghout, der auch im Film eine wichtige Rolle spielt, wegen Terrorismus angeklagt. Er hat die Ausführung mehrerer Attacken mit Schusswaffen gestanden. Tsemel hat seinen Fall übernommen.


Internationale Resonanz: «Advocate» war weltweit auf 17 Filmfestivals zu sehen. Diese Woche kommt die Dokumentation in die Schweizer Kinos.
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