Simply-Red-Frontmann Mick Hucknall
«Zum ersten Mal habe ich eine richtige Familie»

Mick Hucknall liess sich in seiner über 40-jährigen Karriere nie beirren. Egal, ob in der Musik, mit Frauen oder in der Politik. Besonders Letzteres macht ihm in der heutigen Zeit zu schaffen.
Publiziert: 15.12.2019 um 15:08 Uhr
Interview: Michel Imhof

Er habe mit 3000 Frauen in seinem Leben geschlafen, war einst in den Zeitungen zu lesen. «Alles Quatsch», entgegnete Mick Hucknall (59) erst kürzlich in einem Interview. Er habe seine Bettgeschichten gar nie gezählt. Klar ist: Der Simply-Red-Frontmann hat in seiner Karriere nichts anbrennen lassen. Seit den 80er-Jahren feiert die britische Band weltweit Erfolge. Aus seinem «Sex, Drugs & Rock 'n' Roll»-Lifestyle macht er nie ein Geheimnis. Sogar Heroin und Kokain habe er konsumiert. Im Hotel de Rome in Berlin-Mitte sprach der Brite mit BLICK über seine wilden Zeiten, was er heute von Drogen hält und warum Simply Red die Pause jetzt beendet.

BLICK: 2010 waren Sie mit Simply Red auf grosser Abschiedstournee, 2015 meldeten Sie sich für kurze Zeit zum Bandjubiläum zurück. Was haben Sie in der Zwischenzeit getan?
Mick Hucknall: Ich wollte meine heute zwölfjährige Tochter aufwachsen sehen. Mein erster Plattenvertrag erstreckte sich über acht Alben, da ist man, sofern man jeweils eine Tour dazu macht, rund 16 Jahre beschäftigt. Nach 2010 wollte ich jeden Tag für meine Tochter da sein können – ohne Kompromisse.

Wieso jetzt die Rückkehr?
Erstens: Meine Tochter ist in einem Alter, in dem sie gut auf Tournee mitkommen kann, sofern es die Schule erlaubt. Und wir machen ja nur eine kleine Europatour. Zweitens hatte ich einen riesigen kreativen Schub. Ich bin ein Künstler, da kann ich nicht einfach sagen: «Halt, stopp! Diese kreativen Ideen darf ich nicht haben!»

Mit Gabriella Wesberry ist Mick Hucknall seit 2010 verheiratet.
Foto: Agency People Image
1/7

Ihr neues Album ist sehr funkig. Ein Genre, das in der Club-Szene einen neuen Aufschwung erlebt.
Ich liebe diese Art von Musik. Ich wollte etwas zum Tanzen machen und sehe es im Nachhinein als eine Art Ausflucht aus dem Alltag. Ich bin zwar politisch sehr engagiert, aber auf dem Album ist das nicht zu hören. Im Gegenteil: Ich betrachte es als eine Ausflucht aus diesem Albtraum, in dem wir uns befinden.

Was für ein Albtraum?
In der USA regiert ein weisser Rassist, und in Grossbritannien haben wir den Brexit. Eine Sache, die mir als Brite wahnsinnig peinlich ist. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich das alles stoppen. Die EU ist ohne Frage nicht perfekt und benötigt neue Ansätze, aber Grossbritannien wäre genau an der Position, solche Reformen voranzutreiben. Ich will keine Grenzen errichten, ich will sie einbrechen.

Sehen Sie einen Ausweg?
Momentan zieht sich das alles so hin, dass ich mittlerweile an der Umsetzung des Brexits zweifle. Die EU-Kritiker hatten rund vier Jahre erfolglos einen Deal ausgearbeitet. Die grösste Schwierigkeit sehe ich an der Grenze zwischen Nordirland und Irland. Die Lockerung der Grenze brachte Ruhe in die Region. Wenn man sich jetzt wieder abgrenzt, ist der Frieden in Gefahr.

Sie gaben in Interviews zu, in Ihrer wilden Phase Heroin und Kokain konsumiert zu haben. Wie stehen Sie heute zu Drogen?
Bei dieser Frage will ich immer wissen: Welche Drogen meinen die Leute? Auf Englisch sind schliesslich auch Medikamente «drugs». Mit Elvis Presley, Michael Jackson und Prince sind drei der grössten amerikanischen Legenden aller Zeiten an verschreibungspflichtigen Medikamenten gestorben. Das erweckt ja den Eindruck, als wären verschreibungspflichtige Medikamente nicht weniger schlimm als illegale Drogen.

Und wenn wir von illegalen Drogen sprechen?
Dann würde ich sagen, ich würde diese zwar nicht legalisieren, aber kontrolliert abgeben. Die Leute nehmen ohnehin Drogen, deshalb sollte der Staat schauen, dass Konsumenten sich nicht strafbar machen, gute Ware bekommen und sich der Folgen des Konsums bewusst sind. Mit einer kontrollierten Abgabe, mindestens von Cannabis, könnte man die Steuereinnahmen erhöhen und die Prävention viel gezielter machen.

Wie meinen Sie das?
Einem total Besoffenen schenkt der Kellner in einer Bar auch kein Getränk mehr aus. So ist es auch mit der kontrollierten Abgabe. Bei einem unkontrollierten Konsum wird eingeschritten. Aber ich glaube, dass die meisten Leute verantwortungsvoll damit umgehen.

Sie machen kein Geheimnis aus Ihrer Sex-, Drugs- und Rock-'n'-Roll-Vergangenheit. Wie schwierig war es für Sie, eine Familie zu gründen und als Person ruhiger zu werden?
Ich hatte genug vom Lebensstil des wilden Junggesellen. Deshalb fragte ich an einem Punkt: Will ich früh sterben und so weiterleben oder was Sinnvolles machen? Heute bin ich mehr als zufrieden mit meinem Leben. Der Entscheid war richtig. Zum ersten Mal habe ich eine richtige Familie. Mein Vater hat mich alleine grossgezogen, jetzt bin ich nur noch von Frauen umgeben. Sogar unser Hund ist eine Dame.

Welche Werte geben Sie Ihrer Tochter mit?
Das Wichtigste: Ehrlich zu sein! In der Zeit von Trump und Brexit gibt es so viele schlimme Lügen in der Welt. Dagegen muss man ankämpfen. Aber ich bin kein strenger Vater. Ich lasse meiner Tochter viel Freiraum.

Inwiefern?
Einmal hatte sie zu Hause geflucht. Da habe ich ihr gesagt: «Zu Hause darfst du fluchen, aber mach es nicht in der Schule, weil dort kriegst du Ärger.» Ergebnis: Sie flucht kaum, weil es für sie nicht interessant ist.

Am 12. November 2020 werden Sie im Zürcher Hallenstadion auftreten. Mit Ihrem Schweizer Drummer auch ein bisschen ein Heimspiel.
Stimmt! Wir haben eine supergute Verbindung zu eurem Land. Der verstorbene Gründer vom Montreux Jazz Festival, Claude Nobs, war einer der Ersten, der an uns glaubte. Ohne ihn wären wir wohl nicht an dem Punkt, an dem wir heute sind. Wer weiss: Vielleicht spielen wir 2021 auch wieder am Genfersee. Leider ohne Claudes Anwesenheit. Er war ein guter Freund und fehlt mir sehr.

Rotschopf mit Riesenstimme

Mick Hucknall wurde am 8. Juni 1960 in Manchester (England) geboren. Er wurde von seinem Vater grossgezogen, da seine Mutter die Familie verliess, als Hucknall drei Jahre alt war. Nach seinem Studium der bildenden Kunst gründete er 1984 die Band Simply Red, mit der er bereits ein Jahr später mit «Holding Back the Years» einen Welt-Hit landete. Hucknall war mit Catherine Zeta-Jones (50) und dem dänischen Model Helena Christensen (50) zusammen. Heute ist Hucknall mit Gabriella Wesberry (43) verheiratet und hat mit ihr die gemeinsame Tochter Romy (12).

Mick Hucknall wurde am 8. Juni 1960 in Manchester (England) geboren. Er wurde von seinem Vater grossgezogen, da seine Mutter die Familie verliess, als Hucknall drei Jahre alt war. Nach seinem Studium der bildenden Kunst gründete er 1984 die Band Simply Red, mit der er bereits ein Jahr später mit «Holding Back the Years» einen Welt-Hit landete. Hucknall war mit Catherine Zeta-Jones (50) und dem dänischen Model Helena Christensen (50) zusammen. Heute ist Hucknall mit Gabriella Wesberry (43) verheiratet und hat mit ihr die gemeinsame Tochter Romy (12).

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