«Ich wollte nicht mehr leben»
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Interview mit Oprah Winfrey:«Ich wollte nicht mehr leben»

Heute Nacht wurde das grosse Oprah-Interview mit Harry und Meghan ausgestrahlt
Ist das der finale royale Untergang?

Königin Elizabeth II. ist von allen Seiten unter Druck, und sie hat pandemiebedingt den Kontakt zum Volk verloren. Ist das TV-Interview von Meghan und Harry der finale royale Untergang?
Publiziert: 07.03.2021 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2021 um 20:46 Uhr
Jean-Claude Galli

Aus gesellschaftlicher Sicht ist es das TV-Ereignis des Jahres: Das Interview von Herzogin Meghan (39) und Prinz Harry (36) mit Startalkerin Oprah Winfrey (67), das der US-Sender CBS gestern Nacht um 2 Uhr (Schweizer Zeit, BLICK berichtete live) ausstrahlte. Als erste deutschsprachige Station folgt RTL am Montag um 15 Uhr. Die Spekulationen, ob das Paar darin wirklich in aller Deutlichkeit über die wahren Verhältnisse am Königshof spricht, hielten die britische Nation seit der Ankündigung in Atem. Auch, weil CBS als Teil einer geschickten Werbestrategie regelmässig inhaltliche Happen in Trailer-Form servierte.

Die zweistündige Sendung wurde als «Tell-All»-Gespräch beworben: Meghan und Harry wollen erstmals «alles sagen» und sich «offen und ehrlich wie nie» über ihre Gefühle äussern. Dass nicht nur der Hof angesichts möglicher Enthüllungen des abtrünnigen Paars nervös ist, zeigt die Story der Londoner «Times» über die Mobbingvorwürfe an die Adresse von Meghan. Diese habe während ihrer Zeit vor dem Megxit persönliche Mitarbeiter schikaniert und zur Kündigung getrieben. Als Kronzeuge fuhr die «Times» den damaligen Kommunikationssekretär Jason Knauf (36) auf, der seine Beschwerde über die angeblich unhaltbaren Zustände auch an Harrys Bruder Prinz William (38) weitergeleitet habe. Harry selber habe Knauf gebeten, die Vorwürfe auf sich beruhen zu lassen.

Das Schreckensjahr 1992 weit übertroffen

Die Replik von Meghans Anwälten fiel heftig aus, die Rede war von einer vom Hof gesteuerten Diffamierungskampagne. Wie auch immer die Dinge wirklich liegen: Die Tatsache, dass eine ehemalige Serien-Schauspielerin dem Königshaus und dem ganzen Land den Takt vorgibt, ist bemerkenswert und ein besonders spektakulärer Teil der wohl grössten Krise, die den britischen Hof je heimgesucht hat. Im November 1992 sprach Queen Elizabeth II. (94) in Anbetracht der Trennung von Prinz Charles (72) und Lady Diana (1961–1997), dem Brand von Schloss Windsor und den Nacktbildern von Sarah Ferguson (61) von ihrem «Annus horribilis» vom schlimmsten Jahr seit ihrer Thronbesteigung 1952.

Szenenbild aus dem CBS-Interview mit Gastgeberin Oprah Winfrey (r.): Zu Beginn des zweistündigen Gesprächs sitzt Herzogin Meghan noch allein bei der US-Startalkerin, ...
Foto: DUKAS
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Doch die jetzige Lage ist noch prekärer. Meghan und Harry sind bloss eine Baustelle. Die meisten Probleme sind struktureller und tiefschürfender Natur, angefangen bei der persönlichen Situation der Königin. Ihr Gemahl Prinz Philip (99) musste sich gerade erst in Spitalpflege begeben, die Nachrufe auf ihn sind vielerorts bereits vorbereitet. Und auch das Leben der Königin ist endlich und ein Schlusspunkt abzusehen. Was folgt, ist ungewiss: Ihr ältester Sohn Charles hat sich, durch langes Warten mürbe geklopft, mit seiner zweiten Gattin Camilla (73) in eine Art Vorruhestand zurückgezogen und gibt den schrulligen Biogärtner. Ob er der Monarchie zu neuer Popularität verhelfen könnte, ist zweifelhaft.

Loyalität und Scheinheiligkeit

Charles' Söhne William und Harry wurden durch den Unfalltod ihrer Mutter ungleich stark traumatisiert. Unterschiedliche Auffassungen, wie die Monarchie künftig aussieht, vertreten sie nicht erst seit Harrys Lossagung vom Hof. Ihr Bruderzwist spiegelt sich auch im schwierigen Verhältnis ihrer Gattinnen. Während Herzogin Kate (39) unbedingte Loyalität zur Schau stellt, tanzt Meghan seit Bekanntwerden ihrer Beziehung mit Harry 2016 wiederholt aus der Reihe. Weil sie sich wegen des immensen Drucks der Öffentlichkeit mit ihrem Mann für den «Megxit» entschlossen hat, werfen ihr dies Kritiker als blosse Scheinheiligkeit vor. Sie habe keine Pflichten mehr, lebe aber dank millionenschweren Deals mit Netflix oder Spotify besser denn je vom Namen des Hofs. «Wäre Harry ein Stallknecht, würde kein Hahn nach Miss Markle krähen», wie es ein BBC-Kommentator ausdrückte.

Grundsätzlich steht fest: Diese Familie ist im Kern erschüttert. Und an den Rändern liegen regelrechte Tretminen, allen voran Charles' jüngerer Bruder Prinz Andrew (61). Seine Verwicklung in die Affäre um den Sexualstraftäter Jeffrey Epstein (1953–2019) könnte sich zu einem toxischen Fall ausweiten, wenn dessen frühere Partnerin Ghislaine Maxwell (59) auspackt. Der Imageschaden ist bereits enorm. Ein als Befreiungsschlag gedachtes TV-Interview wurde Ende 2019 zum Fiasko, Andrew trat von seinen royalen Pflichten zurück.

Brexit kostet die Queen Milliarden

Der Goodwill des Volkes gegenüber der Monarchie schwindet generell. Schuld daran sind nicht nur interne Eskapaden. Eine entscheidende Rolle spielt auch die fehlende Unterstützung der politischen Seite. Jahrzehntelang konnten sich die Royals auf die jeweiligen Premierminister blind verlassen. Der aktuelle Repräsentant Boris Johnson (56) ist nicht nur in dieser Hinsicht wankelmütig. Dazu kommt die Position bezüglich Brexit. Offiziell äussern durfte sich die Queen nie. Dass die Royals nun Milliarden von Euro an EU-Agrarhilfen für ihre vielen Landgüter verlieren, schmerzt wirtschaftlich jedenfalls enorm. Als wäre dies alles nicht vertrackt genug, beraubt die Pandemie die Königin und ihre Familie aktuell ihres stärksten Sympathie-Trumpfs: Bei öffentlichen Auftritten und Feierlichkeiten konnten sie jeweils Werbung in eigener Sache machen. So ist auch immer noch fraglich, ob das grosse Geburtstagsfest der Queen und die Parade «Trooping the Colour» im Juni stattfinden.

Das Interview von Oprah Winfrey mit Prinz Harry und Herzogin Meghan wurde in der Nacht von Sonntag auf Montag um 2 Uhr Schweizer Zeit im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt.

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