Filme und Serien aus Fernost erobern die Welt
Asien ist das neue Hollywood

US-Amerikanisches Kino war gestern, aktuell geben auf der Leinwand und bei Streamingdiensten asiatische Produktionen den Ton an.
Publiziert: 02.04.2023 um 09:05 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2023 um 10:48 Uhr
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Patricia BroderRedaktorin People

Die Traumfabrik wechselt den Kontinent: Jahrzehntelang dominierte Hollywood das weltweite Filmschaffen. Die US-amerikanischen Ideale von individueller Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftlicher und militärischer Dominanz wurden durch Filme und Serien in die Welt getragen und prägten das Image der USA massgeblich. Doch die Zeiten der amerikanischen Übermacht auf der Leinwand sind vorbei. Immer mehr Produktionen aus Asien erobern Kinosäle und heimische Wohnzimmer. Aktuellstes Beispiel ist der japanische Animationsfilm «Suzume». Das Fantasy-Abenteuer um ein 17-jähriges Mädchen spielte kürzlich an seinem Eröffnungswochenende in den chinesischen Kinos knapp 50 Millionen Dollar ein – mehr als jeder andere Film in diesem Jahr. Zuvor nahm «Suzume» bereits in seinem Heimatland Japan rekordmässige 105 Millionen ein.

50 Jahre nachdem Kung-Fu-Ikone Bruce Lee (1940–1973) die Welt begeisterte, erlebt die asiatische Kultur einen neuen Boom, vor allem im Bereich Film- und Streamingdienste. Der Netflixhit «Crazy Rich Asians» war 2018 der erste US-Blockbuster mit einer rein asiatischen Besetzung. Er spielte weltweit knapp 250 Millionen Dollar ein. 2020 räumt der südkoreanische Film «Parasite» bei den Oscars ab. Ein Jahr darauf sorgt die koreanische Hit-Serie «Squid Game» auf Netflix weltweit für Furore. Vor drei Wochen schrieb dann auch die malaysische Schauspielerin Michelle Yeoh (60) Geschichte: Sie wird für ihre Rolle im Sci-Fi-Drama «Everything Everywhere All at Once» als erste Asiatin überhaupt mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

Kaum neue Hollywoodfilme während Corona

Doch der Grund dafür, dass sich die filmische Macht immer mehr Richtung Osten verschiebt, hat vor allem mit der Corona-Pandemie zu tun, wie Mike Goodridge (48), Filmproduzent und künstlerischer Leiter des chinesischen Macao International Film Festivals, der BBC erklärt: «Während Corona gab es kaum neue Hollywoodfilme, da die Industrie wegen der Pandemie stillstand. Also konzentrierten sich die Zuschauer zu Hause auf interessante fremdsprachige Inhalte, die sie sich vorher nie angesehen hatten.» Hinzu komme die Verlagerung des Markts. «China ist jetzt mit 1,3 Milliarden Menschen offiziell der grösste Filmmarkt der Welt, was den US-Markt im Vergleich auslöscht. Gigantische nationale Produktionen spielen allein in China fast 1 Milliarde Dollar ein.»

Weltweit ein Hit: Die Netflix-Serie «The Glory» mit der südkoreanischen Schauspielerin Song Hye Kyo in der Hauptrolle. Die Südkoreanerin ist in Asien bereits seit Jahren ein Superstar.
Foto: imago images/imaginechina
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Die Pandemie habe zudem die Sehgewohnheit des Publikums verändert, sagt der Experte weiter. «In der Vergangenheit haben wir alle auf den nächsten Hollywood-Blockbuster gewartet. Doch Streamingdienste sind primär daran interessiert, in jedem Land neue Abonnenten zu gewinnen.» Diesem Publikum könne man nicht einfach Marvel-Filme vorsetzen. «Sondern man muss lokale Filme und Fernsehsendungen produzieren. Sie wollen ihre eigenen Geschichten.»

Kein Wunder also investieren Streaminganbieter wie Netflix, Sky und Amazon Prime Unmengen an Geld in die Produktion lokaler Inhalte in ganz Asien – und das mit Erfolg. Laut einer Studie von Google, Temasek und Bain & Co. zufolge sollen Streamingdienste bis im Jahr 2025 in Südostasien bis zu drei Milliarden Dollar umsetzen.

Asien-Boom in Film und Streaming

Rache-Serie macht Koreanerin weltweit zum Star

Da seit Corona auch das westliche Publikum bereit ist, sich auf die asiatischen Produktionen einzulassen, werden diese auch international zu Hits, wie das aktuelle Beispiel von «The Glory» zeigt. Die südkoreanische Rache-Serie um eine Schülerin, die sich als Erwachsene an ihren Peinigern rächt, stürmte zu Beginn dieses Jahres sämtliche Netflix-Charts und machte Hauptdarstellerin Song Hye Kyo (42) weltweit bekannt – in Asien ist die Südkoreanerin bereits seit Jahren ein Superstar.

Eine Hit-Formel, auf die man weiter setzen will: Eine nächste Netflixproduktion mit Song Hye Kyo ist bereits geplant und damit der nächste asiatische Streaminghit auf sicher. «Korea hat die höchste Kinobesucherzahl der Welt, pro Kopf», sagt Goodridge abschliessend. «Wir können also davon ausgehen, dass weitere koreanische Filme und Serien Erfolg haben werden, und zwar weltweit.»

Gut möglich also, dass es anstatt Hollywood demnächst Asiawood heisst.

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