Ex-Bond-Star Mads Mikkelsen (55) gefällt sich in der Rolle des Bösewichts
«In einer Komödie werden Sie mich nie sehen»

Braucht ein Hollywood-Blockbuster einen Bösewicht, bekommt er einen Anruf: Mads Mikkelsen. Im Blick-Interview erklärt der Däne, wieso er die Traumfabrik gerne verlässt, wieso er schwarze Komödien liebt und an was er glaubt.
Publiziert: 19.09.2021 um 21:23 Uhr
Interview: Manuel Kellerhals

Spätestens, seit er als «Le Chiffre» in «Casino Royale» James Bond folterte, ist Mads Mikkelsen (55) Hollywoods liebster Bösewicht. Das Video-Interview mit Blick führt der dänische Schauspieler aus seinem Garten aus, die Sonne scheint ihm ins Gesicht. Einer der wenigen Vorteile der Corona-Situation, wie Mikkelsen erklärt. Und fügt hinzu: «Ich muss mir für meine Interviews nicht einmal Hosen anziehen.»

Blick: Wollen Sie in Zukunft Ihre Interviews nur noch per Videocall geben?
Mads Mikkelsen: Nein, dafür fehlt mir die menschliche Komponente zu sehr. Wir können die Energie des anderen nicht lesen, das vermisse ich. Deshalb kann ich es trotz der Vorteile kaum erwarten, bis sich die weltweite Situation ändert.

Sie drehen neben riesigen Hollywood-Krachern immer auch kleinere Produktionen in Ihrer Heimat Dänemark. Wieso kehren Sie so gerne zurück?
In Dänemark kann ich meine Geschichten erzählen, in meiner Sprache, mit meinen Freunden. Ich komme von hier und bleibe meiner Heimat für immer verbunden. Es gibt sicher Schauspieler, die lieber in Hollywood drehen. Aber wenn ich in Dänemark drehe, komme ich nicht nur nach Hause, sondern erinnere mich auch daran, worum es in der Schauspielerei eigentlich geht. Hier kann ich mit meinen Freunden Kunst schaffen.

Mads Mikkelsen ist einer der berühmtesten dänischen Schauspieler.
Foto: DUKAS
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Apropos: Mit «Riders of Justice» drehten Sie den fünften Film mit Regisseur Anders Thomas Jensen. Was macht Ihre Zusammenarbeit aus?
Jeder Film mit ihm ist wie ein Klassentreffen. Auch wenn wir uns Jahre nicht sehen, verstehen wir uns wie am ersten Tag. Das kann allerdings auch problematisch sein. Weil wir uns so gut kennen, müssen wir uns darauf achten, dass wir uns immer noch herausfordern können. Wir fühlen uns wohl miteinander, aber dürfen uns nicht darauf verlassen.

Als Markus sind Sie beinahe nicht wiederzukennen. Sie tragen Vollbart und haben Muskelmasse zugelegt. Wie sehr helfen Ihnen solche Veränderungen bei einer Rolle?
Es ist eine enorme Hilfe. Anders und ich überlegen uns immer, wie ich mich für eine neue Rolle verändern könnte. Für Markus wählten wir einen radikalen Look, weil er ein radikaler Charakter ist. Es ist leichter, einschüchternd zu wirken, wenn man auch einschüchternd aussieht. Ich spiele einen harten Soldaten, der braucht keine Beatles-Frisur.

Der Film dreht sich auch um die grosse Frage Schicksal gegen Zufall. An was glauben Sie?
Ich habe mal ein Sprichwort gelesen, obwohl ich nicht weiss, woher es stammt: In einem abstürzenden Flugzeug finden Sie keine Atheisten. Daran glaube ich. Ich glaube nicht, dass es eine höhere Macht gibt, die unsere Entscheidungen führt, aber ich bin bereit, meine Meinung jederzeit zu ändern.

Bond und Poker

Der Däne Mads Mikkelsen zählt zu den populärsten Schauspielern Europas. Seit Mitte der 90er-Jahre drehte er mehr als fünfzig Filme, darunter «James Bond 007: Casino Royale» (2006), «Die drei Musketiere» (2011) und «Polar» (2019), er war aber auch im Serienhit «Hannibal» (2013–2015) zu sehen. Mikkelsen ist leidenschaftlicher Pokerspieler. Seit 2001 ist er mit Choreografin Hanne Jacobsen (60) verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

Der Däne Mads Mikkelsen zählt zu den populärsten Schauspielern Europas. Seit Mitte der 90er-Jahre drehte er mehr als fünfzig Filme, darunter «James Bond 007: Casino Royale» (2006), «Die drei Musketiere» (2011) und «Polar» (2019), er war aber auch im Serienhit «Hannibal» (2013–2015) zu sehen. Mikkelsen ist leidenschaftlicher Pokerspieler. Seit 2001 ist er mit Choreografin Hanne Jacobsen (60) verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

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Die Filme von Anders Thomas Jensen sind meist pechschwarz – und für manche beleidigend. Hatten Sie Angst, dass «Riders of Justice» vielleicht zu weit geht?
Wenn es nach mir geht, wären wir noch weiter gegangen. Keiner unserer Filme ist für mich beleidigend, weil wir niemanden beleidigen wollen. Es geht uns nicht darum, gemein zu jemandem zu sein. Stattdessen ist die Botschaft des Films sehr positiv. Es gibt da draussen einen Platz für alle Menschen, egal wie sie sind. Und solange unsere Werke so eine schöne Grundnote haben, sehe ich nicht ein, was daran beleidigend sein soll. Aber 2021 will natürlich jeder etwas finden, worüber er meckern kann. Solche Kritik stört mich überhaupt nicht.

In Dänemark sind Sie für Ihre Komödien bekannt. In Hollywood castet man Sie aber lieber als Bösewicht. Stört Sie das manchmal?
Nein, weil ich die meisten Kinokomödien überhaupt nicht lustig finde. In einer romantischen Komödie werden Sie mich nie sehen. Es gibt eine schöne Redewendung: Man muss Humor ernst nehmen. Nur weil ein Film lustig ist, heisst das nicht, dass die Figuren weniger ausgereift sein dürfen. Auch wenn es verrückt klingt: Ein Augenzwinkern gehört für mich nicht zu einer Komödie.

Ihre Filmfiguren sind oft sehr gewalttätig. Was fasziniert Sie an solchen Rollen?
Mich fasziniert nicht die Gewalt, sondern die Person dahinter. Nehmen Sie Markus aus «Riders of Justice». Er hat keine andere Art, sich auszudrücken, ausser zuzuschlagen. Um ihn zu verstehen, muss man also sehen, wie er zuschlägt. Da reicht eine Anlehnung nicht. Das ist bei beinahe allen meinen Rollen so.

Eine Filmindustrie ohne Streaming-Angebote kann man sich nicht mehr vorstellen. Kinos kämpfen hingegen, auch wegen der Corona-Krise, ums Überleben. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Es wird immer Kinos geben. Wir wissen nicht, wie die Welt nach der Krise aussehen wird, aber dessen bin ich mir sicher. Es geht bei einem Kinobesuch um ein Gemeinschaftsgefühl. Der Mensch braucht solche Zusammenkünfte. Gleichzeitig sind die Streaming-Angebote einfach auch sehr praktisch. Auch sie werden nicht mehr verschwinden. Deshalb finde ich, dass man diese beiden Dinge nicht mehr als Konkurrenz anschauen sollte, sondern als Ergänzung. Die Streaming-Plattformen haben in der Corona-Krise die Filmindustrie gerettet. Das darf man nicht vergessen.

«Riders of Justice» läuft seit dieser Woche in den Schweizer Kinos.

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