Der echte Wolf of Wallstreet Jordan Belfort
«Bei den Huren und Drogen hat der Film untertrieben»

Alle waren sie gierig – und er war der Gierigste: Jordan Belfort ist der wahre Wolf der Wall Street. Warum der Millionenbetrüger heute ein reines Gewissen hat – und was er von Schweizer Bankern lernte.
Publiziert: 08.10.2016 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:46 Uhr
Cinzia Venafro

Nein, er habe nicht mit Kleinwüchsigen geworfen, sagt Jordan Belfort (56). «Aber meine Kollegen fanden Zwergenweitwurf damals richtig lustig.»

Es ist eine jener unfassbar dekadenten und aller Moral hohnsprechenden Szenen aus dem Kinohit «Wolf of Wall Street», die für den einstigen Lebenswandel des Amerikaners stehen. «Was die Drogen und die Huren betrifft, hat der Film sogar noch untertrieben», sagt Belfort, der im Hollywood-Blockbuster von Superstar Leonardo DiCaprio (41) verkörpert wird. «Ich habe zeitweise 22 Substanzen gleichzeitig konsumiert», so der Ex-Aktienhändler, «vor allem verschreibungspflichtige Medikamente und Kokain.»

Jordan Belfort, haben Sie einmal nachgerechnet, wie viel Geld Sie in Drogen investierten?
Jordan Belfort: (Lacht) Ja, dazu zwingen sie dich im ­Entzug. Ich habe mir fast fünf Millionen Dollar durch die Nase gezogen und geschluckt.

Der Gierigste der Gierigen – Jordan Belfort.
Foto: Getty Images
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Belfort scheffelte als Mittzwanziger in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren Millionen. Er perfek­tionierte den sogenannten «Pump and dump»-Trick, indem er Ak­tienkurse künstlich in die Höhe trieb und dann verkaufte. Tau­sende Kleinsparer verloren ihr Geld, Jordan Belfort wanderte wegen Betrug für 22 Monate hinter Gitter.

Sind Sie ein geläuterter Betrüger?
Ich bin wieder der Mensch, zu dem mich meine Eltern erzogen haben. Ich wuchs ja nicht in einem Mafia-Umfeld auf. Mein Vater zahlt im Zweifelsfall zu viele Steuern, um sicherzugehen. Ich war ein rechtschaffener und naiver junger Mann. Gesetze zu brechen, hätte ich mir niemals vorstellen können. Dann ging ich an die Wall Street, und sie hat mich verdorben.

Die Maschinerie des grössten Handelsplatzes der Welt generierte unkontrolliert Milliarden. Und ihr Wolf flog nicht selten in die Schweiz. «In Genf realisierte ich, dass diese Schweizer Füchse es geschafft hatten, mein System aus den USA so zu verändern, dass sie sich die Hände nicht schmutzig machten», sagt er heute. «Sie brachen kein einziges bestehendes Schweizer Gesetz. Und wenn doch, konnte man es ihnen damals nicht nachweisen.» Sie hätten genau gewusst, wie man eine Person auf Dokumenten unsichtbar macht. «Die Schweizer Banker haben auch von unseren Machenschaften profitiert, glauben Sie mir!», betont er und fragt theatralisch: «Moralische Banker? Das gab es zu der Zeit nicht.»

Belfort zieht die Augenbrauen hoch, dann sagt er lehrmeisterhaft: Das Bankgeheimnis sei zwar gefallen, «aber ihr habt noch ganz viele versteckte Konten. Sicher ist: Menschen mit richtig dreckigem Geld verstecken es nicht mehr in der Schweiz. Früher hatten alle Führer der Welt ihre Kohle bei euch untergebracht.»

Sie trieben Dekadenz und Exzess auf die Spitze. Hat das viele Geld Sie glücklich gemacht?

Am Tag, als ich die Millionen erhielt, machten sie mich glücklich. Aber schon am nächsten Tag brauchte ich mehr davon. Geld kauft kein Glück, aber keines zu haben, macht mich unglücklich.

Reich machen will Jordan Belfort jetzt seine Fans. Der Amerikaner tourt mit seinem Verkaufstraining um den Globus. Im Mai 2017 macht er halt in Zürich.

«Mit meiner Methode kann jeder ein guter Verkäufer sein», beteuert er. «Und das sicher alles legal! Ich lehre, wie man sein Gegenüber überzeugt: ein Anwalt eine Jury; ein Unternehmer die Investoren; ein Vater sein Kind, das die Hausaufgaben nicht machen will. Ja sogar ein Priester seine Gemeinde!»

Was passiert eigentlich, wenn Sie heute eine Bank betreten und einen Kredit wollen?
Ich bin total kreditwürdig! Ich habe zig Kreditkarten und erhalte ohne Probleme Darlehen. Die Banken vertrauen mir ihr Geld gerne an.

Wie reich ist Belfort heute? Da bleibt der Ex-Banker vage. Sicher ist: Mit seinen Auftritten, für die das günstigste Ticket rund 700 Franken kostet, verdient er nicht schlecht. «Ich habe keinen einzigen Cent von den Einnahmen des Films und meines Buches gesehen», beteuert er. «Sonst könnte ich wirklich nicht ruhig schlafen.»

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