Dany Levy (60) erklärt seinen «Tatort»
«Wir wollten nicht TV machen, sondern grosses Theater»

Hitchcock live gestern auf SRF: Zu sehen war ein Luzerner «Tatort», der ohne Schnitte auskam, aber auch Fragen aufwirft. Regisseur Dani Levy klärt im Interview mit BLICK auf.
Publiziert: 06.08.2018 um 10:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:50 Uhr
Interview: Peter Padrutt

1984 wurde er durch die Rolle des Küchenburschen «Peperoni» in der TV-Serie «Motel» ein Star. Dann zog er nach Berlin, begann erfolgreich Filme zu drehen («Alles auf Zucker!»). Dani Levy (60) erklärt, was er mit seinem «Tatort»-Experiment, gedreht in Echtzeit, vorhatte.

BLICK: Was kam zuerst: Das Experiment mit dem Krimi ohne Schnitt oder die Handlung mit dem Fluchthelfer, der sich an Juden bereicherte?
Dani Levy: Die One-Shot-Idee! Danach haben wir eine Geschichte gesucht, die sich für die formale Idee anbietet. So sind wir auf den Gedanken gekommen, ein Konzert zu veranstalten, wobei die Musik nicht einfach nur den Hintergrund liefern sollte. Das Orchester sollte wirklich das Thema des Films darstellen. Dann war es nur noch einen Schritt weiter bis zum jüdischen Orchester und zum Mäzen, der Dreck am Stecken hat.

Was glauben Sie, hat der Film beim Publikum hinterlassen?
Ein Film ohne Schnitt ist wie ein Liveerlebnis. Die Geschichte hat die Zuschauer in den Bann gezogen. Sie hat einen Sog erzeugt. Die Leute waren sicher sofort mittendrin.

Unvergesslich: Dani Levy als Küchengehilfe Peperoni in der TV-Serie «Motel» in den 80er-Jahren.
Foto: SRF
1/6

Die jüdische Thematik war etwas sperrig. Warum haben Sie sie gewählt?
Wir haben einen Plot gesucht, der über Relevanz verfügt und gleichzeitig etwas über die Schweiz erzählt. Dabei sind wir auf den Bergier-Bericht gestossen, der die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg sehr umfassend beschreibt. Darin gab es ein Kapitel über die Schweizer Intermediäre – Leute, welche die Flucht von Juden für viel Geld organisierten. Dieses Thema hat mich aus zwei Gründen berührt: Erstens komme ich selber aus einer Flüchtlingsfamilie, meine Mutter ist ebenfalls mit falschen Papieren aus Nazideutschland in die Schweiz geflohen. Und zweitens sind Geschäfte mit Flüchtlingen heute genauso aktuell wie vor 70 Jahren.

Es gibt Kritik an der Logik: Zum Beispiel die Pianistin, die sich seelenruhig an den Flügel setzt, nachdem ihr Bruder vergiftet worden ist. Nach den Giftanschlägen während eines Charity-Konzerts für Israel wäre dieses doch bestimmt abgebrochen worden. Zwang Sie die Machart – Form vor Inhalt – Dinge durchzuziehen, obwohl sie unglaubwürdig waren?
Nein! Der Film braucht eine vollständige Glaubwürdigkeit – das hat mit dem One-Shot gar nichts zu tun. Ich habe mit grossen Dirigenten darüber gesprochen, ob das Konzert nach einem Giftanschlag abgebrochen würde, und die Antwort war: nein.

Und dass der Sohn am Ende aus Sucht um Anerkennung sogar den Vater umbringt?
Die Familiengeschichte hat eine Art Shakespeare-Dimension. Da war es zwingend wichtig, dass der Sohn den Vater am Schluss vergiftet. Das hat etwas mit der Grösse des Konflikts zu tun. Wir wollten nicht Fernsehen machen, sondern grosses Theater.

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