Foto: Thomas Meier

Tanja Schindler (51) lebt in Altdorf UR auf 35 Quadratmetern
Der steinige Weg zum Mini-Haus

Nachhaltig wohnen auf engstem Raum: In Kleinhäusern, sogenannten Tiny Houses, lässt sich Platz sparen. Doch in der Schweiz gibt es Hürden bei der Finanzierung des Mini-Heims.
Publiziert: 19.04.2019 um 15:18 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2019 um 19:11 Uhr
Maren Meyer

Vor sieben Jahren baute Tanja Schindler (51) ihr autarkes Minihaus auf 35 Quadratmetern in Altdorf UR. Die Baubiologin wollte zeigen, wie nachhaltiges Bauen möglich ist. «Ich produziere meinen eigenen Strom. Im Sommer habe ich zu viel, im Winter muss ich haushalten», erzählt sie BLICK.

Den Traum vom Eigenheim haben viele Schweizer und für die meisten bleibt er das auch. Laut dem Bundesamt für Statistik liegt die Wohneigentumsquote lediglich bei 38 Prozent.

Die hohen Hauspreise können sich nur wenige leisten. Und in Zeiten von Dichtestress, Zersiedelungsinitiative und neuem Raumplanungsgesetz wird Bauland zum raren Gut.

Das Ökominihaus von Tanja Schindler steht in Altdorf UR.
Foto: ZvgTanja Schindler
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Kleinsthäuser als Nische im Immo-Markt

Mini- oder Mikrohäuser brauchen deutlich weniger Platz als Mehrfamilienhäuser. Im Schnitt bieten sie eine Wohnfläche zwischen 16 und 45 Quadratmeter. Anbieter finden sich in der Schweiz ein paar: Die Firma Tiny Vero Swiss GmbH baut Tiny Houses auf Rädern und Casaplaner hat sich auf Hausmodule spezialisiert, ebenso wie Kleinhaus.ch. 

Wer sich das Grundmodul von Tanja Schindlers Häuschen bauen lässt, zahlt 180'000 Franken. Ein passendes und bezahlbares Grundstück für ihr Bauvorhaben zu finden, war schwer. Zwischennutzung war letztendlich die Lösung. «Das macht darum Sinn, weil wir so eine sinnvolle Nutzung von Brachflächen generieren und damit sehr zur Verdichtung auf Zeit beitragen können», sagt Schindler.

Banken geben keine Hypotheken für Mini-Häuser

Als Vorstandsmitglied vom 760 Mitglieder-starken Verein Kleinwohnformen Schweiz setzt sie sich dafür ein, dass es in Zukunft möglich wird, in Tiny Houses offiziell zu leben. Das Hauptproblem sei dabei die Finanzierung: «Banken geben keine Hypotheken für Tiny Houses», sagt Schindler.

Denn im kredittechnischen Sinn sind Minihäuser gar keine Liegenschaften: «Sie sind Fahrnisse, also bewegliches Vermögen», sagt Fredy Hasenmaile (51), Immobilienexperte der Credit Suisse. Sie könnten innert Tagen abgebaut und wegtransportiert werden und erfüllten die Definition des Grundpfandes somit nicht. Der Kreditgeber habe in diesem Fall keine Sicherheit, sollte der Hypothekarnehmer Zahlungsschwierigkeiten bekommen.

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Der Trend zu Minihäusern sei zudem neu, Erfahrungswerte existierten nicht. «Solange keine grosse Nachfrage nach solchen Häusern und Finanzierungen besteht, erscheint es für viele Kreditgeber betriebswirtschaftlich nicht lohnend, neue Prozeduren zu erarbeiten» erklärt er.

Fertigmodule für 280'000 Franken

Stefan Brüngger stieg vor über sechs Jahren ins Kleinhaus-Business ein. Heute stehen elf seiner Häuschen zwischen Aargau über Solothurn bis Bern. Und dass auch mal an ungewöhnlichen Orten: In Deitingen SO wurde ein Haus auf das Dach von sechs Garagen gestellt. «So kann man auch den kleinsten Raum zum Wohnen umnutzen», erklärt Brüngger.

Seine Häuser bestehen aus Fertigmodulen: 50 Quadratmeter Fläche misst das Grösste, 16 das Kleinste. Zudem sind sie mit dem Abwasser- , Wasser- und Stromnetz verbunden. So klein wie das Haus, ist der Preis jedoch nicht – auch wenn eine normal grosse Immobilie deutlich teurer wäre. Ein 3,5 Zimmer-Modul kostet inklusive Nebenkosten für das Baugesuch, Fundamente oder Zuleitungen 280'000 Franken. «Ein solcher Betrag ist im Alter tragbar und bei der Bank erhält man dafür auch eine Hypothek», sagt Brüngger.

Ganz so einfach war die Finanzierung für Corinne Streit (40) und Christine Walther (35) nicht. Das Paar wollte nachhaltiger leben und entschied sich für ein Minihaus. Seit einem Jahr lebt es auf zwei Etagen auf 75 Quadratmetern in Kappelen BE. 

Für die Finanzierung mussten sie bei den Banken Überzeugungsarbeit leisten: «Letztendlich hätten uns alle vier Banken eine Hypothek gegeben, wobei nur zwei unsere Konditionen erfüllt haben», sagt Streit. Das Konzept von Kleinhäusern sei eben noch nicht so bekannt, die Banken skeptisch.

Das Grundstück haben die beiden gekauft. Bei Tanja Schindler aus Altdort ist das anders, sie lebt auf unsicherem Boden: Das Grundstück ist eine Brachfläche und gehört dem Militär.

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