Nach Enthüllungen aus UBS- und Swissair-Buch
Ex-Bundesrat Hans-Rudolf Merz ist sauer

Schlammschlacht nach der UBS-Rettung vor zehn Jahren. Im Buch «Wie die Swissair die UBS rettete» wirft der ehemalige Bankenaufseher Daniel Zuberbühler dem damaligen Bundesrat Hans-Rudolf Merz vor, er habe die UBS-Rettung stoppen wollen. Nun kontert der alt Bundesrat.
Publiziert: 06.08.2019 um 23:36 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2019 um 08:22 Uhr
2008: Am Samstag, 20. September, als der damalige Finanzminister Hans-Rudolf Merz von der Direktion der Nationalbank und der EBK informiert wurde, dass die UBS bis zu 70 Milliarden Franken für die Rettung benötigte, erlitt er einen Herzinfarkt.
Foto: Peter Gerber
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Sven ZauggRedaktor SonntagsBlick

Das neue Buch «Wie die Swissair die UBS rettete» des ehemaligen Chefredaktors von SonntagsBlick und BLICK, Bernhard Weissberg (60), sorgt für rote Köpfe (BLICK berichtete). Vor allem bei Hans-Rudolf Merz (76).

Der alt Bundesrat bekommt darin sein Fett weg – und das von höchster Stelle. Nämlich vom ehemaligen Direktor der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), Daniel Zuberbühler (71).

Was ist passiert? Damals vor zehn Jahren, an jenem turbulenten Samstag 20. September 2008, als der damalige Finanzminister Merz von der Direktion der Nationalbank und der EBK informiert wurde, dass die UBS bis zu 70 Milliarden Franken für die Rettung benötigte, hörte sein Herz auf zu schlagen. 

Merz brach in seinem Wohnhaus in Herisau AR zusammen. Herzinfarkt! Eine der zentralsten Figuren, die sich aus «ordnungspolitischen Gründen» immer gegen eine Rettung der UBS ausgesprochen hatte, war ausser Gefecht. In die Bresche sprang Bundesratskollegin Eveline Widmer-Schlumpf (63). Im Gespräch mit der «Aargauer Zeitung» (Ausgabe Dienstag) sagt Merz nun: «Die Nachricht, dass die UBS mit 60 bis 70 Milliarden gerettet werden muss, war eine grosse Aufregung. Das Ausmass machte mir klar: Der Absturz kann nicht ohne Staatshilfe verhindert werden.»

Merz aus «ideologischen Gründen» gegen Rettung

«Das hat ihn so belastet, dass er diesen Herzanfall erlitten hat», wird der damalige EBK-Direktor Zuberbühler im Buch zitiert. Merz habe dies später in einem Interview auch so bestätigt. «Da kam etwas auf ihn zu, das er ideologisch vehement abgelehnt hatte.» Das habe den FDP-Bundesrat schlichtweg umgehauen. 

Damit nicht genug: Zynisch spricht Zuberbühler bei Merz' Herzattacke von «einem Glücksfall». «Denn wenn Merz die Aktion aus ideologischen Gründen hintertrieben hätte, dann wäre der Plan wohl gescheitert», heisst es im abgesegneten Gesprächsprotokoll. «Oder die Rettung wäre chaotischer und damit viel teurer geworden.»

Merz: «So ein Blödsinn!»

Zuberbühler zieht noch weiter vom Leder: «Er (Merz a.d.R.) wollte dann quasi aus der Intensivstation raus und das Ganze stoppen, aber das konnte der Bundesrat zum Glück verhindern». Später habe Merz die Rettung unterstützt. «Vor allem auch, als das Ganze mit Gewinn für den Bund sowie später die Nationalbank ausging.»

BLICK erreicht einen enervierten Merz: «Das stimmt einfach nicht. Ich lag auf der Intensiv-Station im Koma! Wie hätte ich da Einfluss nehmen können. Zuberbühler sagt nicht die Wahrheit.»

Er wolle nichts mehr mit der Sache zu tun haben: «Es ist zehn Jahre her!» Zuberbühler selbst spricht von einem «riesen Theater», will die Sache aber nicht weiter kommentieren. Nur so viel: «Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe.»

So lief die UBS-Rettung

Am Donnerstag, 16. Oktober 2008, kurz vor sieben Uhr, riss eine Mitteilung des Bundesrats die Schweiz aus dem Schlaf. In nur leicht verklausulierter Form teilte er dem Land darin mit, dass die grösste Schweizer Bank vor dem Kollaps stehe und sie deshalb vom Staat gerettet werden müsse. Die UBS gehörte zu den Banken, die sich am amerikanischen Immobilienmarkt besonders stark verspekuliert und entsprechend Milliarden-Verluste eingefahren hatten. Dann präsentierten der Bund und die Schweizerische Nationalbank die Lösung: Als Lehre aus dem Swissair-Grounding hatten sie bereits 2002 mit der Ausarbeitung von Rettungsplänen für die Grossbanken begonnen. Am 16. Oktober 2008 sprachen der Bund und die Nationalbank der UBS bis zu 60 Milliarden Dollar zu: Davon sollten 54 Milliarden Dollar von der Nationalbank in eine Zweckgesellschaft zum Erwerb von der «giftigen» Wertpapieren der UBS fliessen. Der Bund selbst stellte der angeschlagenen UBS sechs Milliarden Franken in Form einer Pflichtwandelanleihe zur Verfügung. Die UBS war gerettet. Sven Zaugg

Am Donnerstag, 16. Oktober 2008, kurz vor sieben Uhr, riss eine Mitteilung des Bundesrats die Schweiz aus dem Schlaf. In nur leicht verklausulierter Form teilte er dem Land darin mit, dass die grösste Schweizer Bank vor dem Kollaps stehe und sie deshalb vom Staat gerettet werden müsse. Die UBS gehörte zu den Banken, die sich am amerikanischen Immobilienmarkt besonders stark verspekuliert und entsprechend Milliarden-Verluste eingefahren hatten. Dann präsentierten der Bund und die Schweizerische Nationalbank die Lösung: Als Lehre aus dem Swissair-Grounding hatten sie bereits 2002 mit der Ausarbeitung von Rettungsplänen für die Grossbanken begonnen. Am 16. Oktober 2008 sprachen der Bund und die Nationalbank der UBS bis zu 60 Milliarden Dollar zu: Davon sollten 54 Milliarden Dollar von der Nationalbank in eine Zweckgesellschaft zum Erwerb von der «giftigen» Wertpapieren der UBS fliessen. Der Bund selbst stellte der angeschlagenen UBS sechs Milliarden Franken in Form einer Pflichtwandelanleihe zur Verfügung. Die UBS war gerettet. Sven Zaugg

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UBS hätte nicht gerettet werden müssen

Fakt ist: Am 16. Oktober 2008 sprachen der Bund und die Nationalbank der UBS bis zu 60 Milliarden Dollar zu: Davon sollten 54 Milliarden Dollar von der Nationalbank in eine Zweckgesellschaft zum Erwerb von «giftigen» Wertpapieren der UBS fliessen. Der Bund selbst stellte der angeschlagenen UBS sechs Milliarden Franken in Form einer Pflichtwandelanleihe zur Verfügung.

Pikant: Sogar eine der grossen Figuren von damals, Peter Kurer (70), wird später zu Protokoll geben, dass die Staatshilfe für die im Jahr 2008 stark in Schieflage geratene UBS unnötig gewesen sei. Den Rettungsplan für die UBS im Oktober 2008 haben die Schweizerische Nationalbank und die Eidgenössische Bankenkommission gegen den Willen des Bankmanagements durchgesetzt, so der ehemalige UBS-Verwaltungsratspräsident in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» vor einem Jahr.

Sie hätten «ihren Rettungsplan als einzige verbleibende Option – diplomatisch ausgedrückt – sehr energisch vertreten.»

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