Grounding der Berner Airline Skywork
Pleite verschwiegen, Passagiere abgezockt

Dutzende Passagiere kommen an den Flughafen Bern. Erst dort erfahren sie, dass Skywork gar nicht mehr fliegt. Die Stimmung ist mies. BLICK spricht mit den Gestrandeten.
Publiziert: 31.08.2018 um 01:39 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2018 um 23:08 Uhr
Gabriela Battaglia und Patrik Berger

Am Mittwochabend kurz vor 23 Uhr platzte die Bombe: Die Flotte der Berner Airline Skywork bleibt für immer am Boden! Die Betreiber haben dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) die Betriebsbewilligung freiwillig zurückgegeben. 120 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Unter den letzten Passagieren: die Mannschaft von YB, die aus Zagreb kam.

Grund für das Grounding der schon länger strudelnden Skywork: Verhandlungen mit einem Partner sind gescheitert. Es war nicht mehr genug Geld da, um den Betrieb weiterzuführen. 11'000 bereits verkaufte Tickets sind wohl wertlos.

Erst Tage später informiert

Das Bazl wusste seit Montag von den gescheiterten Verhandlungen, wie ein Sprecher sagt. «Wir haben uns dann entschieden, erst zu informieren, wenn wieder alle Flieger in der Schweiz sind», sagt er.

YBs Steve von Bergen (r.) und Leonardo Bertone bei ihrer Ankunft am Flughafen Bern nach dem Champions-League-Playoff-Rückspiel in Zagreb. Sie gehören zu den letzten Passagieren.
Foto: Keystone / THOMAS HODEL
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Das hatte für die Reisenden nervige Konsequenzen. Sie konnten nämlich weiter Tickets kaufen, obwohl die Chefs der Skywork längst wussten, dass die Flüge nicht stattfinden würden. Ein Hohn für alle, die jetzt nicht verreisen können.

Sascha Siegenthaler (37) aus Thun BE ist so richtig sauer auf Skywork. «Am Mittwochabend habe ich um 19 Uhr noch fünf Tickets nach Hamburg gekauft! 1100 Franken habe ich dafür hingeblättert.» Die Vorfreude auf die Ferien ist dem Verkäufer vergangen. «Dass Skywork mir Tickets verkauft und nur vier Stunden später den Betrieb einstellt, ist ein Skandal!» Er will nun seinen Anwalt einschalten und um das Geld kämpfen. «Das lasse ich mir nicht gefallen!»

«Das ist völlig unakzeptabel!»

Noch grösser war gestern der Ärger bei den Reisenden, die mit gepackten Koffern beim Flughafen Bern eintrafen. Der Skywork-Schalter ist verwaist. Auf einem Zettel steht, dass der Betrieb eingestellt wurde. Man solle auf die Webseite des Bazl für weitere Informationen. Was für ein schwacher Abgang!

Am Desk nebenan sitzt eine Flughafenmitarbeiterin. Gestrandete Passagiere bekommen alle das Gleiche zu hören: «Bitte warten Sie. Wir suchen nach einer Lösung.» Für die meisten Passagiere bleibt das ein blosses Versprechen. In der Cafeteria sitzen wütende Passagiere. «Wir wurden nicht informiert, weder per Mail noch SMS oder sonst wie», ärgert sich Tshiyombo Kabeya (47). «Das ist völlig unakzeptabel, Skywork liess uns einfach fallen! Und das in der Schweiz!»

Sein Sohn Blesing (14) wollte nach London fliegen. Jetzt wartet er mit seinen Eltern seit zwei Stunden auf eine Umbuchung. Vergeblich. «Man sagte uns, ein Flug sei nur mit Easyjet ab Basel möglich, doch leider könne unser Sohn wegen seines Alters mit dieser Fluggesellschaft nicht allein fliegen», so der Vater.

«Keine Ahnung, dass der Flug gestrichen wurde»

Er stürmt wutentbrannt aus dem Gebäude. «Ich muss jetzt selber schauen, dass mein Sohn mit dem Zug nach Paris kommt und von dort nach London. Erst noch auf eigene Kosten.»

Auch Mark Gomersall (42) will nach London fliegen. «Ich hatte keine Ahnung, dass mein Flug gestrichen wurde. Die Frau am Schalter sagte mir, ich solle warten. Dann verschwand sie. Später hiess es, ich solle in Bern übernachten.»

Ist das Geld futsch?

Das ist keine Option für den Geschäftsmann. Gomersall bucht selber auf seinem Handy einen Easyjet-Flug ab Basel. «Ich bin erstaunt, dass die das nicht konnten. Mir wurde auch schon gesagt, dass ich das Geld für den gestrichenen Flug nicht zurückbekomme.»

Linda A. (21) aus Belp wollte am 26. September nach München fliegen. «Ich kontaktierte die Bank wegen meiner Kreditkarte. Ob ich mein Geld je wieder sehen werde, konnte mir niemand beantworten.»

Ironie des Schicksals: Gestern starteten nur zwei Linienflüge. Von der Konkurrentin Helvetic. Ein Flieger hob um 14.45 Uhr nach Palma de Mallorca ab – an Bord lauter glückliche Reisende.

Tipps für Betroffene

11'000 Passagiere haben noch gültige Skywork-Tickets, mit denen sie aber nie abheben werden. Das ist ärgerlich – und teuer. Denn die Chancen, dass die Betroffenen nichts mehr vom Geld sehen werden, sind gross. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt rät Passagieren, die im Reisebüro gebucht haben, sich dort zu melden. Bei einer Pauschalreise werde sich das Reisebüro um eine Flugalternative kümmern. Schlechter stehen die Chancen für Reisende, die über Plattformen im Internet gebucht haben. Meist sind diese nur Vermittler und können nicht haftbar gemacht werden. Kunden, die bei Skywork gebucht haben, werden ihre Forderungen im Rahmen des Konkursverfahrens anmelden müssen. Allenfalls kommt die Annullationskostenversicherung im Konkursfall für den Schaden auf. Oder die Kreditkartenfirma sorgt für eine Rückerstattung der Ticketkosten. Immerhin: Helvetic springt für einige Strecken, etwa nach Mallorca, ein. TUI Suisse hat 20 gestrandete Gäste. Ihre Heimreise soll sichergestellt werden. Patrik Berger

11'000 Passagiere haben noch gültige Skywork-Tickets, mit denen sie aber nie abheben werden. Das ist ärgerlich – und teuer. Denn die Chancen, dass die Betroffenen nichts mehr vom Geld sehen werden, sind gross. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt rät Passagieren, die im Reisebüro gebucht haben, sich dort zu melden. Bei einer Pauschalreise werde sich das Reisebüro um eine Flugalternative kümmern. Schlechter stehen die Chancen für Reisende, die über Plattformen im Internet gebucht haben. Meist sind diese nur Vermittler und können nicht haftbar gemacht werden. Kunden, die bei Skywork gebucht haben, werden ihre Forderungen im Rahmen des Konkursverfahrens anmelden müssen. Allenfalls kommt die Annullationskostenversicherung im Konkursfall für den Schaden auf. Oder die Kreditkartenfirma sorgt für eine Rückerstattung der Ticketkosten. Immerhin: Helvetic springt für einige Strecken, etwa nach Mallorca, ein. TUI Suisse hat 20 gestrandete Gäste. Ihre Heimreise soll sichergestellt werden. Patrik Berger

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